Integration: 64 Flüchtlinge kommen in der Kriminalstatistik nicht zum Tragen / Verdienst der Flüchtlingshilfe

"Ich habe Angst um meine Tochter, die auf dem Weg zur Bushaltestelle hier immer vorbeikommt" – als Landrat Sven Hinterseh und Bürgermeister Markus Keller zum Informationsgespräch in dem zum Flüchtlingsheim umgenutzten Schweizer-Hof baten, brachte eine Mutter diese Sorgen zum Ausdruck.

Blumberg. Ganz frisch waren damals Ende Februar 2016 noch die Erinnerungen an die Silvesternacht in Köln, in der es zu sexuellen Übergriffen auf hunderte Frauen kam.

Später wurden durch die Stadt nach dem zum Flüchtlingsheim umgenutzten Schweizer-Hof auch in die umgebaute Gaststätte Adler-Post einquartiert. Sind das nicht zu viele Asylbewerber für das kleine Zollhaus? Und ist nicht damit zu rechnen, dass es zu mehr Kriminalität kommt?

Nach über einem Jahr kann ein Zwischenfazit gezogen werden: In Blumberg lebt es sich auch mit im Augenblick 64 Flüchtlingen immer noch sehr sicher.

Polizeipräsidium legt Zahlen vor

Dieter Popp vom Polizeipräsidium Tuttlingen unterfüttert das Resumee mit Zahlen aus der Kriminalitätsstatistik. Demnach haben sich in Blumberg im Jahr 2016 37 Rohheitsdelikte (zum Beispiel gefährliche Körperverletzung oder räuberische Erpressung) ereignet, im Jahr zuvor seien es noch 48 gewesen.

Selbst bei den Ladendiebstählen, die in der Nachbarstadt Donaueschingen seit Inbetriebnahme der Landeserstaufnahmestelle in der Kaserne enorm zugenommen haben, ist in Blumberg ein kleiner Rückgang zu verzeichnen: deren Anzahl sank auf 77 (2015: 78).

Es sei auch zu keinen nennenswerten Einsätzen in den beiden Flüchtlingsunterkünften gekommen, sagt Popp auf Nachfrage. Doch was bedeutet nennenwert beziehungsweise nicht nennenswert? Popp erklärt: Wenn sich zum Beispiel ein Ehepaar streitet und der Nachbar informiert die Polizei, dann taucht dieser Einsatz nicht im Polizeibericht auf – egal ob es sich um deutsche Staatsbürger oder Flüchtlinge handele. "Die Kriminalitätsstatistik für Blumberg im Jahr 2016 zeigt keinerlei Auffälligkeiten auf, sagte der Polizeisprecher.

Im Blumberger Rathaus ist Hauptamtsleiterin Nicole Schautzgy für die Betreuung der Flüchtlinge zuständig. Ihr sind keine Klagen über die Asylbewerber zu Ohren gekommen. "Bei uns läuft es verhältnismäßig ruhig", sagt sie. Das sei auch mit ein Verdienst der Flüchtlingshilfe.

Schautzgy berichtet, dass einige Flüchtlinge einen Arbeitsplatz und eine eigene Wohnung gefunden hätten. Mit Ängsten und Sorgen hat sie es nur aufseiten der Flüchtlinge zu tun, wenn diesen die Ausweisung drohe.

Martina Schloms von der Flüchtlingshilfe bestätigt das weitgehend reibungslose Miteinander von Flüchtlingen und Einheimischen. Die angebotenen Integrations- und Deutschkurse würden sehr gut angenommen. Sie kann auf einen harten Helferkern aus zehn bis zwölf Blumbergern zurückgreifen. Es sei schon toll zu sehen, wie sehr sich die Deutschlehrer engagierten. Und das ohne Bezahlung auf rein ehrenamtlicher Basis.

Vertrag für die Sozialarbeiterin läuft aus

Sorge bereitet ihr lediglich, dass der Arbeitsvertrag von Sozialarbeiterin Anne Köhl, sie hat im Schweizer-Hof ein kleines Büro, Anfang August dieses Jahres endet. Köhl sei neben Nicole Schautzgy der einzige Profi, der den Flüchtlingen in Blumberg als Ansprechpartner zur Verfügung stünde. Gerade bei komplizierten Rechtsfragen stießen die freiwilligen Helfer der Flüchtlingshilfe an ihre Grenzen. Schloms bringt deshalb einen Integrationsbeauftragten ins Spiel, ähnlich wie in Königsfeld und Mönchweiler. Die beiden Gemeinden teilen sich die 50-Prozent-Stelle eines Integrationsbeauftragten.