Foto: Schwarzwälder Bote

Kammerspiel: Autor Gerd Zahner schreibt Monologtheater über den Blumberger Fußballspieler

Nicht nur viele Blumberger erinnern sich an Fußball-Star Dieter Koulmann, auch Konstanzern ist er unvergessen.

Blumberg/Konstanz. Die Erinnerungen werden jetzt geweckt, denn Autor Gerd Zahner hat über das Sporttalent, dessen große Karriere und steilen Absturz, ein Stück geschrieben. Nicht auf der großen Bühne des Stadttheaters wird es aufgeführt, sondern im Vereinsheim des Velo- und Motorfahrer-Clubs Konstanz (VMC). Ein passender Ort, liegt er doch direkt neben der Spielstätte des FC Konstanz und auf dem Weg zur DJK Konstanz, einer der letzten Stationen von Koulmann.

Die Vöglein zwitschern im Konstanzer Lorettowald. Die Zuschauer von "10 Plus. Kette und Schluss" lustwandeln quasi auf den Spuren des aus Blumberg stammenden Fußballers Dieter Koulmann, der diesen Weg vor etwa einem halben Jahrhundert ebenfalls gegangen ist und erinnern sich. "Damals in Immendingen, da hab ich Koulmann auf dem Sportplatz gesehen. Ich war gerade 16 oder 17 Jahre alt. Das war zu der Zeit, als Bayern gerade groß geworden ist", erzählt Norbert Heizmann, bekannter Akteur bei der Konstanzer Fernsehfastnacht aus dem Konzil. "Sensationell" habe Koulmann gespielt, so Heizmann, neugierig, wie das Theater Konstanz wohl die steile Karriere und den ebenfalls steilen Absturz des Ausnahmefußballers auf die Bühne – nein, in diesem Fall an die Theke des Vereinsheims – bringen würde.

Die Zuschauer nehmen an den Tischen des Vereinsheims, dem selbst ein nostalgischer Charme zu eigen ist, Platz. "Das war schon sensationell, dass ein Bue aus Blumberg solch eine Karriere gemacht hat", sagt jemand. "Jetzt müssen wir ruhig sein", zischt jemand. Plötzlich ist es mäuschenstill, denn dramatisch ist schon der Anblick jenes Mannes im Unterhemd, dessen Haare ungewaschen erscheinen. Er setzt sich an die mit Pokalen, Gläsern und Flaschen diverser Alkoholika vollgestellte Theke und trinkt, denn "totsaufen macht nicht betrunken".

Schauspieler Thomas Fritz Jung gibt in dem einstündigen Monolog nicht einfach einen Säufer. Er nimmt die Zuschauer mit auf die emotionale Berg- und Talfahrt von Dieter Koulmann. Sie hängen an seinen Lippen, wenn er sinniert: "Cognac duftet wie Rasen nach dem Regen." Ein nasser Rasen mache den Ball schneller. "Es wäre leichter für mich, wenn man schneller stirbt." Hinter ihm liegt ein großes Leben, an das er sich erinnert, schließlich zählt er zu "den Helden von 67". Er wird euphorisch, wenn er von den berauschenden Siegesfeiern spricht, und tieftraurig, weil er jetzt "vor dem Altar der Bedeutungslosigkeit" sitzt oder vielleicht auf diesem geopfert wurde.

Was war das für ein Gefühl, als Dieter Koulmann 1963 von Bayern-München-Trainer Zlatko Cajkovski entdeckt, Mittelfeldspieler und Träger der legendären Nummer 10 wird! 1965 der Aufstieg in die Bundesliga, internationale Titel und der Europapokal-Sieg der Pokalsieger 1967.

"Fußball hat ganze Stadien gefüllt. Wir waren umringt vom Gewitter der Augen." Die Zuschauer werden von der Euphorie des Schauspielers mitgerissen, empfinden die emotionalen Höhenflüge, die der Erfolg mit sich bringt, mit, um urplötzlich ebenfalls rasant abzustürzen. Das Vereinsheim ist so klein, dass es kaum gelingt, eine Distanz zum Spiel aufzubauen. Zu nah dran. Zu echt. Thomas Fritz Jung zu gut, denn seine gesamte Darstellung inklusive dem Ausdruck seiner Augen – zu authentisch. Der Monolog kommt einer Achterbahnfahrt gleich: Euphorie des Ruhms, Rausch des Erfolgs, Alkoholexzesse, Affären, Erinnerungen an die Fußball-Legenden Franz Beckenbauer, Sepp Meier, Franz Roth und Gerd Müller, Szenen spannendster Spielminuten, Abstieg. Profi-Fußballer Koulmann landet wieder im Amateurbereich, findet sich beim FC Singen und der DJK Konstanz wieder. Auch da kann er sich nicht halten. Er wird Hilfsarbeiter in der Weberei Lauffenmühle in Blumberg, wohnt im Elternhaus, trinkt – und stirbt gerade mal 39 Jahre alt. All dies und noch viel mehr ist in diesem Monolog verpackt, mit Gedanken- und Gefühlssprüngen, schließlich ist "Fußball auch ein Getränk. Nie ist man betrunkener als danach". "Du hast Teil an etwas, das größer ist als du, und was dich kleiner macht, als je ein Mensch war."

Das starke Stück Lokal- und Zeitgeschichte mit einer Prise Fiktion wird vom Premierenpublikum in Konstanz gefeiert. "Es war absolut spitze", wertet der 81-jährige Konstanzer Dieter Graf. "Ende der 1950er/Anfang 1960er Jahre habe ich gegen ihn gespielt. Ich war damals beim FC Konstanz", erinnert er sich und wertet: "Er war ein Ausnahmespieler." Heiner Knittel, Vorsitzender des VMC und Gastgeber des Abends, war beeindruckt von der Premiere, auch wenn er Koulmann nicht gekannt hatte. Dafür ist ihm die Geschichte von Aufstieg und Fall des DJK Konstanz als Parallele in Erinnerung. "Es war phantastisch. Das Publikum war gebannt und Tom hat sich übertroffen", so Knittel über die Aufführung. "Ich bin absolut begeistert – in jeder Beziehung", konstatiert Norbert Heizmann. "Das habe ich noch nie erlebt: Die eine Stunde Monolog war dermaßen kurzweilig und hat alle Facetten des Lebens widergespiegelt. Der Text mit seinen sprachlichen Figuren ist super und dann noch die Interpretation des Schauspielers – einfach super!"

10 Plus. Kette und Schluss: Mit dem Monolog "10 Plus. Kette und Schluss" setzt der Singener Autor und Rechtsanwalt Gerd Zahner dem Blumberger Ausnahme-Fußballer Dieter Koulmann, der von 1963 bis 1968 beim FC Bayern München spielte und den Club mit zu großen Erfolgen führte, ein Denkmal. Es handelt vom Aufstieg und Fall des Fußballstars und den Tücken von Ruhm und Alkohol per se. Dargestellt wird Dieter Koulmann von dem Schauspieler Thomas Fritz Jung, Ensemblemitglied am Theater Konstanz. Für die Inszenierung verantwortlich zeichnen: Wolfgang Hagemann (Regie, Ausstattung), Elisa Elwert (Dramaturgie) und Dorotheas Jüttner (Produktionsassistenz).

Weitere Aufführung: "10 Plus. Kette und Schluss" wird am Samstag 29. Juni um 20 Uhr in der Radsporthalle Konstanz des Velo- und Motorfahrer-Clubs Konstanz, Salesianerweg 7, nochmals aufgeführt. Alle Informationen, Tickets und Anfahrtsbeschreibung unter: www.theaterkonstanz.de

Hans Gebhart hat mit Dieter Koulmann beim TuS zusammen gespielt. "Dieter Koulmann war ein guter Kumpel. Er hat zu uns in die Mannschaft gepasst", sagt Gebhart. 1959 stieg die Mannschaft in die Schwarzwald-Bodensee-Liga und damit in die erste Amateurliga auf, Trainer war Dieters ältester Bruder Albert Koulmann. Zwei Spielzeiten schoss Dieter Koulmann Tore für den TuS Blumberg, dann habe ihn Gustav Strohm, Präsident des SC Schwenningen abgeworben. Der Sprung nach München: Vom SC Schwenningen holte ihn dann der FC Bayern München. Dort trug er die Nummer 10, spielte halblinks und gab Mittelstürmer Gerd Müller die Vorlagen für viele Tore. Er war Stammspieler der Mannschaft, die 1965 unter Trainer Zlatko Tschik Cajkovski den Aufstieg von der Regionalliga Süd in die Bundesliga schaffte und 1967 mit dem Gewinn des Europapokals der Pokalsieger ihren ersten großen internationalen Erfolg.

Bezug zu Blumberg: In all dieser Zeit blieb der Bezug Dieter Koulmanns zu seiner Heimatstadt Blumberg. Öfters sei er nach einem Spiel abends im Saarstüble aufgetaucht, das in früheren Jahren seine Eltern Karl und Barbara geführt hatten, berichtet Hans Gebhart, und: "Er war immer ein Kumpel, er ist sofort auf einen zugekommen."

Eigene Wahrnehmung: Hans Gebhart hat seinen ehemaligen Kameraden in guter Erinnerung. "So schlecht, wie man den Dieter jetzt macht, habe ich ihn nicht in Erinnerung. Ich habe ihn nie betrunken erlebt, oder erlebt, dass er sich ungebührlich benommen hätte.

Manfred Koulmann (77), der zwei Jahre jüngerer Neffe von Dieter Koulmann, hat seinen Onkel in guter Erinnerung. "Mein Onkel hat nie raushängen lassen, dass er beim FC Bayern spielt, er hat jeden gekannt."