Die Sektkorken hört man am Rande des Schwarzwalds noch nicht knallen. (Smbolfoto) Foto: von Dewitz/dpa

Das neue Sturmgewehr der Bundeswehr wird voraussichtlich vom selben Anbieter kommen wie der Vorgänger G36: von der Waffenschmiede Heckler & Koch (HK).

Oberndorf/Berlin - In den vergangenen Wochen war es ruhig geworden um den Vergabeprozess für einen Nachfolger des G36-Sturmgewehrs der Bundeswehr. Doch ein Bericht von "Business Insider" hat jetzt wieder Bewegung in das Prestigerennen um den begehrten Großauftrag gebracht – immerhin geht es um 120 000 neue Gewehre und um ein Gesamtvolumen von etwa 250 Millionen Euro. Die Teilnehmer des Rennens: Heckler & Koch (HK) aus Oberndorf im Kreis Rottweil und C.G. Haenel aus Suhl (Thüringen).

Laut dem Bericht will die Bundeswehr noch in dieser Woche bekannt geben, dass sie der Firma Haenel, welche zur Merkel Gruppe gehört (Teil der Tawazun Holding aus den Vereinigten Arabischen Emiraten), den Auftrag wieder entziehen möchte. Für "Business Insider" steht damit auch fest, dass HK als dann einzig verbleibender Teilnehmer des Verfahrens zum Nutznießer wird und auch den Nachfolger des bisherigen Sturmgewehrs G36 für die Truppe fertigen darf.

Die Sektkorken hört man am Rande des Schwarzwalds aber noch nicht knallen. Auf Anfrage heißt es seitens HK lediglich, dass man sich zum noch laufenden Verfahren nicht äußern werde – mit dem Verweis auf den tagenden Verteidigungsausschuss an diesem Mittwoch. Und das aus gutem Grund? Eine Nachfrage unserer Zeitung beim Verteidigungsministerium in Berlin hat ergeben, dass man (Stand Dienstagmittag) in dieser Woche noch "zu keiner Entscheidung kommen" werde, wie eine Sprecherin in Berlin mitteilte. Demnach ist die Behörde immer noch dran, Gutachten eines Patentrechtsanwalts und die Stellungnahme von Haenel auszuwerten. Sprich: Das Rennen ist noch immer in vollem Gange.

Vergabe entwickelt sich immer mehr zur Farce

Im September 2020 noch schien es fast so, als ob die Firma Haenel bereits über die Ziellinie spaziert sei. Doch nach Bekanntwerden möglicher Patentrechtsverletzungen sowie vermeintlicher rechtswidriger Nachverhandlungen seitens des Beschaffungsamtes der Bundeswehr mit Haenel wurde das Vergabeverfahren im Oktober vorerst auf Eis gelegt – das Rennen war von da an wieder völlig offen.

Und die Vergabe entwickelte sich immer mehr zu einer Farce, die auch nicht vor Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und ihrem Haus halt machte. Der Fall wurde monatelang bis jetzt intern untersucht und scheibchenweise auseinandergenommen.

Doch was passiert, wenn "Business Insider" letztlich recht behalten sollte? Wie geht es dann weiter? Dem Bericht ist zu entnehmen, dass Haenel – sollte es tatsächlich dazu kommen – dann mit ziemlicher Sicherheit gegen die Entscheidung klagen würde. In einer Stellungnahme vor einigen Wochen machten die Thüringer bereits klar, dass sie nach wie vor fest mit dem Auftrag rechnen. Den Vorwurf möglicher Patentverletzungen hält Haenel für nicht haltbar.

Die Soldaten der Bundeswehr dürften wohl hoffen, dass es sobald wie möglich zu einer Entscheidung kommt. Immerhin läuft das Vergabeverfahren bereits seit 2017. In einem Bericht des "Spiegel" von Ende Oktober war jedoch zu lesen, dass es womöglich noch bis 2024 dauern könnte, bis die ersten Soldaten das Nachfolgegewehr in den Händen halten könnten – und das kann nicht im Interesse sämtlicher Beteiligten sein.