Der Milan fliegt über Wasser und über Winterlingen, aber nicht in der Nähe der geplanten Windkraftanlagen. Foto: Pleul

Milan kommt dem Anlagen nicht in die Quere. Kommunalpolitiker und Bürger reagieren teils ungläubig.

Bitz - Die geplanten Windkraftanlagen in Winterlingen bleiben ein kontrovers diskutiertes Thema. Der Bitzer Gemeinderat erfuhr von Diplombiologe Jonas Scheck, dass durch die Windräder keine erhöhte Tötungsgefahr für den Greifvogel Milan drohe.

Im Dezember 2016 wurde die Genehmigung für das Errichten von vier Windkraftanlagen auf der Gemarkung Winterlingen erteilt. Dagegen legte die Gemeinde Bitz Widerspruch ein. Im Februar beauftragte der Gemeinderat den Biologen Jonas Scheck damit, weitere Untersuchungen zur Population von Rot- und Schwarzmilan im Bereich des geplanten Windparks anzustellen. Damit sollte das Argument untermauert werden, dass dort ein Dichtezentrum des geschützten Vogels liegt – dann wäre der Bau der Anlage unzulässig. Scheck bestätigte ein Dichtezentrum, fand aber keine Horste im relevanten Umkreis von 1000 Metern.

Das Landratsamt Zollernalbkreis half dem Widerspruch der Gemeinde Bitz nicht ab. Jetzt liegt er seit einigen Tagen beim Regierungspräsidium in Tübingen, denn das Landratsamt steht weiterhin hinter seiner Genehmigungsentscheidung. Die von der Gemeinde Bitz vorgebrachten Argumente werden dort als nicht ausreichend erachtet.

Diplombiologe Scheck hat im März mit Begehungen des Gebiets zur Kartierung von Milanhorsten begonnen. Darüber hinaus hat er sich die Gutachten angesehen, die der Genehmigung für den Windpark zugrunde liegen. Die Brutvogelerfassung ergab fünf Horststandorte des Rotmilans in diesem Jahr. Mindestens vier Horste sind im Umkreis von 3,3 Kilometer um die geplanten Standorte herum angesiedelt. Eine Raumnutzungsanalyse hat der Biologe nicht vorgenommen, aber während seiner Arbeit einige Aufzeichnungen über die Flugbewegungen windkraftanfälliger Arten angefertigt. Für die drei weiteren potenziellen Standorte lohne sich eine Analyse, befand Scheck – um die vier genehmigten Plätze herum fand seinen Beobachtungen nach jedoch nicht besonders viel Flug statt. Das Gelände sei allerdings schlecht einsehbar aufgrund der Topografie. Bürgermeister Hubert Schiele hakte nach: "So richtig viel Optimismus höre ich jetzt nicht heraus aus Ihren Äußerungen." "Nein", bestätigte Scheck: "Ich sehe keine Möglichkeit, durch das Wiederholen einer Raumnutzungsanalyse Daten zustande zu bringen, die eine erhöhte Tötungswahrscheinlichkeit nahelegen. Die Behörden werden einige wenige Überflüge nicht überzeugen."

Die Zuhörer reagieren teils ungläubig und fragen nochmals nach

Ein Horst innerhalb des 1000-Meter-Radius würde die Sachlage ändern, aber dafür sei bezüglich des Milans nichts mehr zu erwarten, stellte Scheck klar – er habe intensiv an der Kartographierung gearbeitet.

Auch die aktuelle Änderung der entsprechenden Gesetzesgrundlage wird an der gängigen Genehmigungspraxis seiner Einschätzung nach nichts rütteln. Nach dem Schwarzmilan hatte Scheck auch Ausschau gehalten, aber keine Brut nachgewiesen.

Die Zuhörer reagierten teils ungläubig. Wie es sein könne, dass gerade bei Mäharbeiten auf landwirtschaftlichen Flächen innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von Rotmilanen zu sehen sei, wenn nur fünf Horste gefunden wurden? "15 Vögel können sich im fraglichen Areal locker befinden", erklärte der Biologe. "Die Kommunikation unter ihnen funktioniert sehr schnell, sodass die Milane durch Mäharbeiten innerhalb kurzer Zeit aufgescheucht werden. Es ist gut möglich, dass vor Ort mehrere Jungvögel unter zwei Jahren leben, die noch keinen Partner haben und daher nicht brüten, also keinen Horst bauen."

Schiele stellt sich vor, dass die Gemeinde in der Sache noch einmal tätig wird. Zunächst soll der schriftliche Bericht von Scheck dazu genutzt werden, den Widerspruch mit dem Vorhandensein der Horste im Umkreis von 3,3 Kilometern zu untermauern. Im Frühjahr 2018 könnte ein Team sich mit einer Raumnutzungsanalyse befassen, um zumindest die drei zusätzlichen Anlagen zu verhindern.

Die Gemeinderäte äußerten sich verhalten. Man müsse den Tatsachen ins Auge sehen, auch wenn die Ergebnisse ernüchternd seien, lautete eine Wortmeldung.

Konsens ist jedoch: Der Widerspruch soll aufrechterhalten werden; ob man jedoch den Klageweg beschreiten will, müsse mit Bedacht abgewogen werden.