Wahre Schätze lagern in dem neuen Zentralarchiv der Gemeinde Bisingen, wie die Ausgabe des Schwarzwälder Boten aus dem Jahr 1859 und eine Ansicht des einstigen Erholungsheims »Waldbad Zollern« in Wessingen. Foto: Zekorn

Editionsprojekt "Judenverfolgung 1933-1945" nutzt neues Zentralarchiv der Gemeinde für Recherche.

Bisingen - Das neue Bisinger Gemeindearchiv wird am 17. April offiziell vorgestellt. Einen wichtigen Dienst hat es bereits geleistet: Für das Editionsprojekt »Judenverfolgung 1933-1945«, das die Stationen einer jüdischen Familie aus Bisingen erforscht.

Das gesammelte Wissen über die Vergangenheit von Bisingen und den Teilorten steht seit kurzem in Reih und Glied in einem Magazin im Bisinger Schulzentrum. Wohltemperiert durch eine Lüftungsanlage bei 18 Grad und 55 Prozent Luftfeuchtigkeit sind die Akten, die bislang in verschiedenen Gebäuden untergebracht waren, in diesem Zentralarchiv für die nächsten Generationen aufbewahrt.

»Die Gemeinde Bisingen ist ihrer Pflicht sehr gut nachgekommen«, lobt Kreisarchivar Andreas Zekorn vom Landratsamt Zollernalbkreis die Investition der Gemeinde ins neue Archiv. Das Kreisarchiv unterstützt Kommunen wie Bisingen, die keine hauptamtlich besetzten Archive unterhalten, bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe zur Unterhaltung eines Kommunalarchivs. Für diese Aufgabe war Archivar Alfons Koch von 1. Februar bis 30. November 2012 in Bisingen mit der Ordnung, Erschließung und fachgerechten Unterbringung des älteren Schriftguts beschäftigt. Die Säuberung, Entmetallisierung und Verpackung der Unterlagen durch Christine Mallschützke dauerten noch bis Herbst 2013.

»Der Nutzen ist jetzt für alle vorhanden«, erklärt Zekorn. Eine erste spannende Anfrage ans Bisinger Archiv kam bereits von dem Editionsprojekt »Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945« des Bundesarchivs und der Universitäten Freiburg und Berlin. Ziel des Projekts ist eine umfassende wissenschaftliche Edition zentraler Quellen zur Geschichte der Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Durch ein Dokument vom 22. März 1945, das sich im Holocaust Memorial Museum in Washington befindet, war die Projekt-Mitarbeiterin Lisa Hauff auf die »halbjüdische« Familie Bubeck aus Bisingen gestoßen. In dem Dokument wird die Familie aufgefordert, sich polizeilich in Stuttgart zu melden.

Durch das geordnete Archiv fand Zekorn unter dem Thema »Meldewesen« sofort einen Fritz Bubeck, der mit seiner Familie noch Anfang 1945 nach Stuttgart verzogen war. »Das ging durch das geordnete Archiv problemlos in fünf Minuten«, erzählt Zekorn, »das wäre sonst nicht möglich gewesen.« Die Projekt-Mitarbeiterin kann nun die Spuren der Familie von Stuttgart in die USA weiter verfolgen. »Sie müssen auf alle Fälle überlebt haben«, sagt Zekorn. Erzählen kann der Kreisarchivar die Geschichte der Familie Bubeck, weil die Sperrfristen für diese personenbezogenen Unterlagen bereits abgelaufen sind. Diese gelten bis 90 Jahre nach der Geburt und zehn Jahre nach dem Tod. Bei einfachen Verwaltungsunterlagen sind es 30 Jahre.

»Jeder mit berechtigtem Interesse kann das Archiv nutzen«, erklärt Zekorn. Ein entsprechender Antrag kann bei der Gemeinde oder dem Landratsamt gestellt werden, die Dokumente werden dann vorgelegt. Jedes Dokument ist digital mit einer Kurzbeschreibung erfasst. Dazu gibt es für jeden Ort ein »Findbuch« – ein Verzeichnis, das Suchenden Auskunft gibt, in welchem Regal sie in welcher Mappe nachschlagen müssen. Thematisch sortiert ist nach Wahlen, Feuerwehren, Wirtschaft, Handel und Gewerbe, Kirchen, Vereine, Schulen, Justiz, Militärwesen sowie Steuern und Abgaben.

»Wir haben viele spannende Unterlagen gefunden«, erzählt Zekorn. Die Juwelen des Zentralarchivs stellt der Kreisarchivar bei der offiziellen Vorstellung des Gemeindearchivs am Freitag, 17. April, um 18.30 Uhr in der Hohenzollernhalle in Bisingen in seinem Vortrag »Verborgene Schätze – Das Gemeindearchiv Bisingen und die Ortsteilarchive Steinhofen, Thanheim, Wessingen und Zimmern« vor.