Das Amtsgericht war am Donnerstag überzeugt, dass ein 23-Jähriger einen Raubüberfall in Bisingen frei erfunden hat. Er wurde zu einer Geldstrafe von 700 Euro verurteilt. Foto: Archiv

Amtsgericht verurteilt 23-Jährigen wegen Vortäuschung einer Straftat zu Geldstrafe.    

Bisingen - Wurde er überfallen oder hat er sich die Geschichte nur ausgedacht? Das Hechinger Amtsgericht war am Donnerstag überzeugt, dass ein 23-Jähriger einen Raubüberfall in Bisingen frei erfunden hat. Er wurde zu einer Geldstrafe von 700 Euro verurteilt.

Es sind die frühen Morgenstunden am 27. Dezember 2015. Ein junger Mann macht sich nach einem lustigen Abend in einer Bisinger Kneipe auf den Weg nach Hause. Er hat Einiges getrunken. Er holt kurz Geld bei der Bank, lässt dann eine Schachtel Zigaretten am Automaten raus. Bei der Feuerwehrbrücke trifft er auf eine Gruppe von acht bis zwölf Personen. Drei Leute aus der Gruppe gehen auf ihn zu, wollen seinen Geldbeutel und seine EC-Karte. Nachdem sich der junge Mann heftig zu Wehr setzt, lassen sie von ihm ab, im Gerangel zerbricht aber die EC-Karte. Der Mann ruft die Polizei an, um die Karte sperren zu lassen. Er geht nach Hause, weckt seine Eltern und erzählt ihnen alles. Der Vater kontaktiert über den Notruf erneut die Polizei und berichtet von dem Überfall.

So schildert der Angeklagte die Sache vor dem Hechinger Amtsgericht. Beschuldigt wird er aber, dass er genau diesen Überfall nur erfunden hat. Das Vortäuschen einer Straftat ist strafbar, das kriegt der junge Mann am Ende zu spüren, als er vor dem Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 700 Euro verurteilt wird. Auch die Kosten des Verfahrens muss er tragen.

In seiner Aussage bleibt der Angeklagte aber bei seiner Version der Geschichte. "Es war so!" Er sei überfallen worden, er würde sonst nie die Polizei anrufen. "Sie müssen mal hingucken, was in Bisingen alles passiert. Es ist nicht das erste Mal", sagt der 23-Jährige.

Polizeibeamte sagen als Zeugen aus

Als Zeugen werden zwei Polizeibeamte vernommen, einer von ihnen hat die Anrufe am besagten Abend entgegen genommen. "Ich erinnere mich noch gut daran", sagt der Beamte. Der junge Mann sei seiner Ansicht nach "völlig alkoholisiert" gewesen, als er verlangte, dass man seine Karte sperre. Er, der Polizist, habe ihm die Nummer des Sperrnotrufes durchgegeben (siehe Infokasten). Rund 15 Minuten später habe der Vater des Mannes angerufen und den Überfall gemeldet. Daraufhin schickte der Beamte eine Streife zum Haus des Angeklagten.

Die Polizeibeamtin, die sich dort mit dem Fall befasste, sagt vor Gericht ebenfalls aus. Sie habe sich gewundert, dass der junge Mann erst aussagte, er sei von zwölf Männern überfallen worden, dann seien es wieder nur sechs oder acht Personen gewesen. Außerdem habe er keine konkrete Personenbeschreibung abgeben können. "Er hat sich irgendwie in Widersprüche verwickelt", sagt die Polizeibeamtin. Sie sah sich vor Ort an der Feuerwehrbrücke um, fand dort aber niemanden und nichts, was auf eine Rangelei oder einen Überfall hingewiesen hätte.

Im Geldbeutel des jungen Mannes seien nur zerknitterte Geldscheine gewesen, "komisch, wenn er doch sagt, er sei gerade Geld abheben gewesen." Auch in der Kneipe, in der sich der Mann zuvor aufgehalten hatte, hörte sich die Zeugin um. Dort sagte man ihr, die EC-Karte sei schon vorher am Abend zerbrochen gewesen, der Mann habe sogar darüber gesprochen. "Eine seltsame Situation", nennt die Polizeibeamtin die Sache.

Nach ihrer Aussage sehen es Staatsanwalt und Richterin als erwiesen an, dass es keinen Überfall gegeben hat. Der Angeklagte bleibt bei seiner Version der Geschichte, akzeptiert aber das Urteil. Rechtsmittel will er keine einlegen, "es bringt ja nichts", so der junge Mann.

Info: Die EC-Karte sperren

Die richtige Nummer: Sollte die EC-Karte wirklich mal weg sein, gibt es den Sperr-Notruf mit der Telefonnummer 116 116. Er ist über das Festnetz gebührenfrei erreichbar. Wer den deutschen Sperr-Notruf 116 116 aus dem Ausland erreichen möchte, muss die Landesvorwahl von Deutschland (+49) vorweg wählen. Man muss also nicht den Polizei-Notruf wählen.