Die Bisinger Molkerei befand sich im Untergeschoss des Gebäudes vor dem alten Schulhaus in der Klingenbachstraße. Foto: Wahl

Heimatgeschichte: An der Bisinger Molkerei herrschte großer Andrang. Bis Ende der 1960er-Jahre florierte der Betrieb.

Bisingen - Noch viele Bisinger werden sich erinnern, dass es früher in Bisingen eine Molkerei gab. Bis Ende der 1960er-Jahre florierte der Betrieb.

Thekla Schellinger, seit 30 Jahren Mitglied im Heimatverein, war dort von 1950 bis 1968 Verkäuferin. Zuvor waren es Friedrich Haug und Maria Haspel, während Alfons Binder als Rechner tätig war. Betreiber war die Milchverwertungsgenossenschaft.

Kuhhalter waren damals verpflichtet, die Anzahl ihrer milchspendenden Kühe anzugeben, daraus wurde errechnet, wie viel Liter Milch davon abgegeben werden mussten. Tag für Tag in den Abendstunden wurde die Milchsammelstelle in der Klingenbachstraße geöffnet. Thekla Schellinger kann sich noch erinnern, wie die Bisinger Bauern morgens und abends ihre Milch anlieferten, in den besten Zeiten bis zu 200 Liter pro Tag.

Als die Steinhofener Molkerei geschlossen wurde, wurde auch Milch aus dem Nachbarort in Bisingen angeliefert. Untergebracht war die einstige Molke im Erdgeschoss des Gebäudes Klingenbachstraße, der heutigen Praxis Reha-Fit von Katharina Willing. Einst befanden sich sogar das Bisinger Rathaus sowie das Geschäft von Elektro-Göbel in jenem Haus. Mitte der 30er-Jahre diente es als Heim für die Hitlerjugend. Im Zuge der Ortskernsanierung vor etwa 35 Jahren wurde das Haus abgerissen.

Die Milchannahmestelle war damals hochmodern. Mittels eines Messgeräts wurde die angelieferte Milch gemessen und das Ergebnis auf die Milchkarte aufgedruckt. Hin und wieder wurden ein paar Tropfen Milch mit einer öligen Flüssigkeit vermischt und der Fettgehalt gemessen – dadurch konnten Panschereien aufgedeckt werden.

Die Reinigung der Milch erfolgte über drei Filter und beim Durchlaufen des Kühlaggregates die Abkühlung der zumeist noch kuhwarmen Milch. Im Sammelbehälter blieb sie kühl.

Zu den Öffnungszeiten kamen Privatleute, um ihre mitgebrachten Milchkannen zu füllen. Das Verkaufsangebot umfasste auch Butter, Quark, Magermilch, Sahne und verschiedene Käsesorten. Jeden Monat erfolgte die Abrechnung, und die Milchlieferanten erhielten je nach angelieferter Milchmenge und Fettgehalt (zwischen 3,6 und 4,2 Prozent) ihren Milchpreis. Beim Milchabliefern wie auch beim Milcheinkauf hieß es dann oft Schlangestehen. 52 Pfennig kostete damals der Liter Milch.

Anfang der 50er-Jahre, als viele Heimatvertriebene und Flüchtlinge nach Bisingen kamen, gab es in der Bisinger Milchsammelstelle einen wirtschaftlichen Aufschwung.

Sonntags stellten die Leute vor der Frühkirche um 7 Uhr ihre Kannen ab und nach dem Gottesdienst konnten sie sie gefüllt wieder abholen. Als versierte Verkäuferin kannte die heute 88-jährige Thekla Schellinger jede Kanne.