Junge Stuttgarterinnen lassen im Schlossgarten die Beine baumeln. Foto: Leif Piechowski

Die Welt sieht aus, als hätte man ihr den Schleier weggerissen. Nicht nur Stuttgart und Region, auch das Gemüt der Bürger hellt sich auf. Dabei ist Sonne nicht nur Balsam für die Seele. Sondern für viele Branchen ist es auch überlebenswichtig. Jetzt meldet sich echtes Rekordwetter an.

Stuttgart - So mancher wird ein Stuttgart voller strahlender Gesichter, kurzer Röcke und blühender Blumen kaum wiedererkannt haben, als hier Schmuddelwetter Sonnenschein weichen musste. Lausigen 15 Grad Durchschnittstemperatur während der ersten beiden Juni-Wochen standen gestern spektakuläre 34 Grad am Nachmittag gegenüber. Die absolute Tiefsttemperatur im Juni lag am vierten Tag des Monats bei nur acht Grad. Solche Kälte ist nun vorbei.

Aber sind Temperatursprung von 26 Grad innerhalb von nur 13 Tagen eigentlich normal? „Ja“, sagt Uwe Schickedanz vom Wetterdienst Stuttgart, „hier in Mitteleuropa leben wir in der sogenannten Frontzone.“ Ein eigenes Klima gäbe es hier eigentlich gar nicht. Was wir erleben, sind die Tiefdruckgebiete, die entstehen, wenn tropisches mit polarem Klima um die Vorherrschaft kämpft. Wettertechnisch befinden wir uns also im Kriegsgebiet. Globalklimatisch ist das allerdings extrem wichtig: Ohne diese atmosphärischen Wärmepumpen in Mitteleuropa könnte das Energiedefizit der Polarregionen gegenüber den tropischen nicht ausgeglichen werden.

Vom diesem Klimaduell zu einem anderen: 18. Juni gegen 18. Juni. Die Rede ist vom 18. Juni 2002, dem heißesten jemals in Stuttgart gemessenen Tag gegen – heute. Es könnte passieren, dass die 37-Grad-Rekordmarke geknackt wird und heute der heißeste Juni-Tag seit der ersten meteorologischen Messung im dem Kessel aus dem Jahr 1958 ist. Und es könnte auch sein, dass heute zwar der heißeste Juni-Tag im Kessel ist, das aber nicht nachgewiesen werden kann.

Biergarten im Schlossgarten ausgebucht

Woran das liegt? „Die Messstation im Neckartal sendet nicht mehr.“, so Schickedanz. Dort, wo früher die höchsten Temperaturwerte der drei meteorologischen Stationonen Echterdingen, Schnarrenberg und eben Neckartal gemessen wurden, hat man die Messarbeiten am 13. Mai eingestellt. Zwar sei man auf der Suche nach einem neuen Standort, aber möglicherweise wird der heutige Tag dadurch nicht offiziell ins Rekordbuch eingehen können. Wenn auf der zweitwärmsten Station Schnarrenberg 37 Grad Celsius gemessen werden, ist es im Neckartal vermutlich ein Grad heißer. Doch messen kann das keiner, Stuttgart wäre ein bisschen um seinen heißesten Tag im Juni betrogen worden.

Für Sonja März vom Biergarten im Schlossgarten ist die Sonne ein Segen: „Wir sind seit Montag ab 18 Uhr fast komplett ausgebucht. Das freut mich nicht nur für uns, sondern auch unsere Gäste.“ Die Gastronomin gibt sich zuversichtlich, dass die Umsatzeinbußen des schwachen Frühlings mit etwas Glück „reinzuholen sind.“

Bleibt der Sommer auch so herrlich, wie Sonja März sich das wünscht? Der Meteorologe Uwe Schickedanz prophezeit da zumindest für diese Woche Enttäuschendes: „In unserer Klimazone folgt auf strahlenden Sonnenschein wie gerade meist Unwetter. Zwischen Mittwoch und Donnerstag kracht’s so richtig. Dann geht auch die Hitze etwas zurück.“ Der kalendarische Sommeranfang am Freitag wird also verhalten sein. Ein gutes Omen, was den Sommer allgemein angeht, ist das schlechte Wetter im Frühling. Statistisch gesehen sind solche Sommern etwas stabiler.