Der Wolf breitet sich in Deutschland aus. Auch im Schwarzwald ist in diesem Jahr erstmals Nachwuchs nachgewiesen worden. Die Bildung von Wolfsrudeln in der Kulturlandschaft sieht der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner äußerst kritisch. Foto: Boris Roessler/dpa/Boris Roessler

Hausacher Tunnelsperrung, Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie und nicht zuletzt der Wolf: Das Kinzigtal steht vor großen Herausforderungen. Unsere Redaktion sprach mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Fechner über drängende Themen.

Beim Redaktionsgespräch geht es zunächst aber um Bundespolitik: Was ist denn mit der abgebrochenen Reise von Außenministerin Annalena Baerbock passiert? „Es ist eine riesige Peinlichkeit, dass die Außenministerin zum wiederholten Mal nicht sicher zu ihrem Zielort gebracht werden konnte“, kritisiert Fechner die Flugbereitschaft.

Die Ausmusterung der betroffenen Maschinen sei richtig. Ob die Flugbereitschaft in Zeiten der Klimakrise überhaupt noch zeitgemäß sei, müsse ohnehin geprüft werden. Für die Reisen großer Delegationen habe sie sicher einen Sinn, aber eine Gruppe wie Baerbocks Stab mit einigen begleitenden Journalisten könne genau so gut Linie fliegen, befindet der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion. Auf seine Initiative hin seien die Reisen aller Abgeordneter seit einiger Zeit CO2-neutral, informiert er.

Mehrwertsteuer: Der Gastronomie droht nach Corona neues Ungemach: Der während der Pandemie herabgesetzte Mehrwertsteuersatz soll zum Jahreswechsel wieder auf 19 Prozent steigen. Die Erleichterung wurde seinerzeit wegen der Umsatzeinbußen während der Pandemie eingeführt. Fechner weiß: „Die Gastronomen kämpfen noch immer.“ Daher will er sich klar dafür einsetzen, beim verminderten Mehrwertsteuersatz zu bleiben. Die Beratungen würden laufen, die Debatten seien offen. Während Saskia Esken (SPD) für die Beibehaltung der sieben Prozent sei, seien die Grünen eher dagegen – und die FDP wirke zweigeteilt. „Wir hoffen, dass es bei den sieben Prozent bleibt“, sagt Fechner.

Glasfaser: Mittlerweile ist der Abgeordnete „zufrieden mit der Arbeit der Breitband Ortenau“. Vor wenigen Wochen erst habe er das Unternehmen besucht und gespiegelt bekommen, dass dieses mit den neuen Förderrichtlinien gut arbeiten kann. Die letzten Anschlüsse ans Netz würden sich zwar wohl ins Jahr 2027 ziehen, aber das läge daran, dass es zu wenige Tiefbauunternehmen gebe. „Die Firmen müssen seriös sein“, betont er.

Wolf: Das erste Wolfsrudel im Schwarzwald ist da. Das bestätigte unlängst die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg – ein Foto einer Wildtierkamera zeigt einen Welpen im Gebiet Schluchsee. Die Ansiedlung des Wolfs sieht Fechner „kritisch“: Die Tiere seien zwar vom Naturschutz erfasst, würden aber eine Gefahr für Tourismus und Landwirtschaft darstellen. „Käme es etwa zu einer zwar von Experten als unwahrscheinlich angesehenen Attacke auf Menschen, hätte dies dramatische Folgen für den Tourismus. Das Risiko will ich nicht eingehen.“ Die Landwirte seien durch den Wolf in ihrer Existenzgrundlage bedroht. Daher gibt es für Fechner nur eine Konsequenz: „Die Ausbreitung weiterer Wolfsrudel im Schwarzwald sollten wir verhindern.“

Waldwirtschaft als Beitrag zum Klimaschutz

Wald: Zuletzt wurden Forderungen laut, den Wald mehr sich selbst zu überlassen und von der klassischen Waldwirtschaft abzurücken. Für Fechner ist das keine Option. „Auch Waldwirtschaft ist Klimaschutz“, stellt Fechner klar: Holz sei ein nachwachsender Rohstoff und für viele landwirtschaftliche Betriebe im Schwarzwald mit eine Existenzgrundlage. Ein positives Signal, um diese Betriebe zu stützen, soll in der ersten Septemberwoche aus Berlin kommen: Dann werde die Regelung auf den Weg gebracht, dass Holz- und Pelletheizungen weiter betrieben und eingebaut werden dürften, so Fechner.

Ukraine: Auch wenn es Russland immer schlechter geht, weil nur noch in den Krieg investiert wird, hält Putin sich an der Macht. Gleichzeitig kämen die Ukrainer an der Front kaum voran – aus Fechners Sicht bleibt da nur eines: Verhandeln. „Es wird für die Ukraine um westliche Sicherheitsgarantien geben, aber sie wird möglicherweise nicht jeden Quadratkilometer zurückbekommen können, den Russland erobert hat“, schätzt der SPD-Abgeordnete die Lage ein. Seine Hoffnung sei, dass US-Präsident John Biden nicht mit einem ungelösten Ukraine-Konflikt in den Präsidentschaftswahlkampf gehen wolle und Druck für eine Verhandlungslösung machen werde.

Die Bereitstellung von Hilfsgütern wird von der Bundesregierung weiter gefördert. In diesem Zusammenhang würdigt Fechner das Engagement vor Ort: „Was etwa Hofstettens Bürgermeister Martin Aßmuth und die vielen anderen Helfer in der Region auf die Beine stellen, ist bemerkenswert.“ Es sei berührend zu sehen, wie weiter geholfen werde. Perspektivisch werde es für die Bundesregierung – und die EU – aber auch um den Wiederaufbau in der Ukraine gehen: Aus seiner Sicht eine große Herausforderung, aber auch eine Chance beispielsweise für deutsche Unternehmen, die Aufträge in der Ukraine bekommen könnten.

Unverständnis über Dauer der Planung für B 33-Umfahrung

B 33-Umfahrung: „Mit einem Spatenstich noch während Philipp Saars erster Amtszeit als Bürgermeister in Haslach wird es eng“, sagt Fechner in Bezug auf die B 33-Umfahrung. Es sei ihm „unverständlich“, dass die Planungen sich so lange hinziehen würden. Außerdem könne es nicht angehen, dass das Regierungspräsidium auch das „Bollenbacher Ei“ nicht vor dem Bau der Umfahrung entschärfen wolle. Danach werde sich die Verkehrssituation dort ganz anders darstellen. „Da kann es nur heißen: Weiter Dampf machen“, sagt Fechner.

Tunnelsperrung: Nach Haslach bekommt das Kinzigtal laut Fechner demnächst sein „zweites Nadelöhr“: Zehn Monate lang soll der Sommerbergtunnel gesperrt sein, der Verkehr wird durch die Hausacher Ortsdurchfahrt umgeleitet. „Dass die Sperrung so lange dauern soll, hat mich überrascht“, sagt er mit Verweis darauf, dass es beim Waldkircher Tunnel deutlich schneller ging. „Mein Mitgefühl gilt den Anwohnern.“

Wahlkreisreform

Im Zuge der Wahlkreisreformen sollen die noch zum Wahlkreis Lahr gehörenden Ortschaften rund um Haslach und im Schuttertal auf Vorschlag des Landesinnenministeriums dem Wahlkreis Schwarzwald-Baar zugeschlagen werden. Die Gründe seien mathematischer Natur, erklärt Fechner. Auch wenn er sich sicher ist, dass seine Parteikollegin und Abgeordnete Derya Türk-Nachbaur sich ebenso für die Belange der betroffenen Gemeinden einsetzen wird, findet er den Schritt „nachvollziehbar, aber bedauerlich“: Immerhin verliere er Orte und Menschen, die ihm ans Herz gewachsen seien.