Jonathan Maier ist die Generation der NBA-Stars Paul Zipser und Dennis Schröder. Foto: Flaig

Basketball: 2,12 großer Centerspieler sucht neue Herausforderung bei den Nürnberg Falcons. Mit Video

Jonathan Maiers Augen leuchten, wenn er auf das zu sprechen kommt, was vor ihm liegt. Der Basketball-Profi aus Bösingen hat gerade einen Drei-Jahresvertrag beim Zweitligisten Nürnberg Falcons unterschrieben.

"Das ist eine riesige Chance für mich", meint der gebürtige Schramberger, der mit seinen 24 Jahren schon eine wechselhafte Karriere hinter sich hat: "Ich freue mich mega auf Nürnberg!"

Diese Freude beruht ganz auf Gegenseitigkeit, denn Falcons-Headcoach Ralph Junge weiß, dass er mit dem kräftigen Center ein Problem löst, mit dem sein Team im letzten Jahr zu kämpfen hatte und eine bessere Platzierung als den viertletzten Platz verhinderte: "Mit Jonathan bekommen wir jetzt die bisher fehlende Physis am Brett", lobt er seinen Neuzugang, der für diese Physis noch bis zum Beginn des Nürnberger Abenteuers in der zweiten August-Woche im SMS-Fitnesscenter in Oberndorf seine Muskeln "spielen" lässt.

Er ist fit, optimistisch – und sogar am Kopf beschwerdefrei. "Ja, der tut mit oft weh", schmunzelt der 2,12-Meter-Mann, für den es im normalen Leben außerhalb des Basketball-Parketts eine größere Schwierigkeit gibt: Türrahmen! Aber ein kurzer Gesundheits-Check ergibt keine Anzeichen größerer Beulen. Und auch die neue Wohnung in Nürnberg hat für Maier die richtige Deckenhöhe. "Keine Probleme", vermeldet er. Nur die richtigen Kleiderläden muss er noch finden.

Mit dem Engagement in der fränkischen Metropole unter Coach Junge schließt sich für Jonathan Maier auch ein Kreis, denn seinen neuen Trainer kennt er schon eine Ewigkeit. "Unsere Wege haben sich schon 1000-mal gekreuzt", erzählt Maier, "von daher ist es toll, endlich mal für ihn und sein Team zu spielen". Dieses Wiedersehen spiegelt auch die "Odyssee" wider, die die Karriere des Bösingers bisher auszeichnete.

Station 1: Staufen

Mit zwölf Jahren beginnt Jonathan Maier mit dem Basketball. Weil seine Eltern nach Bollschweil bei Freiburg gezogen sind, macht er die ersten Schritte bei den "Sharks" in Staufen im Breisgau. Es dauert nicht lang, da ist sein Talent kein Geheimnis mehr, und bei einem der Auftritte mit dem "Team Schwarzwald", einer Jugend-Auswahlmannschaft, weckt er bei einem Zuschauer großes Interesse: Tolga Öngören. Der ist 2009 Trainer beim Bundesligisten Ludwigsburg und begeistert von dem 16-jährigen Maier. Er lotst ihn zur Basketball-Akademie von EnBW Ludwigsburg, wo er in der Nachwuchs-Bundesliga spielt und mit dem Bundesligakader trainiert.

Station 2: Ludwigsburg

"Da war ich richtig gut im Laufen!", erzählt Jonathan Maier lachend. Die Geschichte ist die: Basketballer brauchen zwar eine Grundausdauer, die sie sich in der Saison-Vorbereitung aneignen. Aber Ausdauertraining während der Saison ist eher kontraproduktiv. Der junge 16-Jährige in Ludwigsburg lernt aber erst einmal einen Begriff kennen – und hassen: "Suicide!" Das ist eine Art Bestrafung, wenn man im Training etwas falsch macht. Und sie bedeutet: Rennen! Von der Grundlinie zur Freiwurflinie und zurück, dann zur Mittellinie und zurück, dann zur gegnerischen Freiwurflinie und zurück, dann zur gegenüberliegenden Grundlinie und zurück.

"Suicide" – das junge Talent macht einiges falsch. "Es war schon lustig", erzählt er, "Anfang 2009 habe ich mit Staufen Kreisliga gespielt – und dann ab August Bundesliga-Vorbereitung." Klar, dass da vieles unbekannt ist. "Krass", meint Maier. "Suicide", sagt der Coach.

Doch aller Anfang ist schwer, danach läuft es super in Ludwigsburg, die Arbeit mit Trainer Öngören macht Spaß. Doch der wird gefeuert. Und Nachfolger Markus Jochum signalisiert dem Bösinger, dass er nicht vorhat, viel Zeit in ihn zu investieren, da er denkt: "Da ist keine große Entwicklung mehr möglich."

Trainer in Ludwigsburg kommen und gehen, ab 2011 spielt Maier auch parallel für das Ludwigsburger "Farmteam" Kirchheim Knights.

Station 3: Kirchheim

"Das lief eher nebenher, und ich hatte nicht so viel Einsatzzeit, wie es für so ein Farmteam zu erwarten wäre", zieht Maier Bilanz. Ein paar Einsätze in der Pro A (Zweite Liga), zwei Kurzeinsätze in der Bundesliga, das war’s. "Frustrierend", sagt Maier im Rückblick, "da habe ich mich entschieden zu gehen". Sein Weg führt ihn zu Ludwigsburgs Bundesliga-Konkurrent ratiopharm Ulm. Mit einem anderen Hünen, Dirk Nowitzki, mit 2,13 fast "höhengleich", verbindet ihn da schon nicht mehr viel. "Früher habe ich ähnlich gespielt", erzählt er, "aber meine Entwicklung ging eher zum Korb hin, von mir wurde mehr Center-Arbeit und Rebounding erwartet." Während Nowitzkis Spezialität der "Fadeaway Jump Shot" ist (Wurf beim Nach-hinten-fallen), hat sich Maier auf den linken "Hook Shot" spezialisiert, eine Art Bogenwurf – beide Würfe sind, perfekt ausgeführt, praktisch nicht zu verteidigen.

Station 4: Ulm

"Das war von Anfang an eine gute Zeit." Maiers Augen glänzen wieder, nachdem sie sich bei den Ludwigsburger Episoden eher ein wenig eingetrübt hatten. Viele Einsätze in der Pro B, relativ viel Bundesliga-Einsatzzeit – und erstmals auch Auftritte in den europäischen Ligen: 2013 ging es wieder deutlich aufwärts bei Jonathan Maier. Besonders "cool": sein erster Bundesliga-Auftritt mit dem neuen Team. "12 000 Zuschauer in Berlin, in der Starting Five, angefangen mit einem Dunk gegen einen Nationalspieler, acht Punkte in 14 Minuten – Gänsehaut!", strahlt Maier über das ganze Gesicht.

Doch vor der Saison 2014/2015 schlägt das Schicksal wieder zu. Ulm hat "Glück" und kann eine Woche vor Saisonbeginn Nationalspieler Tim Ohlbrecht verpflichten – "das war natürlich sehr, sehr unglücklich für mich", sagt Maier nüchtern. Folge: Der nächste Vereinswechsel steht an. Diesmal, zur Saison 2015/16, geht die Reise in eine Art Niemandsland, zum Mitteldeutschen BC.

Station 5: Weißenfels

"Zum nächsten Kino fährt man mit dem Auto 30 Minuten, nach Leipzig sind es 45", fasst Jonathan Maier seine Zeit in Weißenfels zusammen, "dort gibt es nichts zu tun. Da fällt man in ein Loch." Zumal es sportlich sehr schlecht lief. Das Knie bereitete die ganze Saison Probleme, die unbefriedigende Situation mit dem Umfeld, in dem sich der Bösinger nicht wohl fühlte, hilft seinem Spiel auch nicht unbedingt weiter. "Ich war schlecht", gibt er zu. Ablenkung? "Ausgehen oder mal in eine Bar ist in Weißenfels unvorstellbar!" Für beide Seiten stand daher die Trennung zum Saisonende fest. Für Maier kein Grund, Trübsal zu blasen. "Wenn man 2,12 Meter groß ist und Deutscher, geht es eigentlich immer relativ einfach, einen neuen Verein zu finden", berichtet er. Die Reise geht zurück nach Kirchheim.

Station 6: Kirchheim

"Das war die erste Profisaison, in der ich richtig viel gespielt habe", ist Maier mit dem abgelaufenen Jahr zufrieden. 37 Spiele, 13 Minuten durchschnittliche Einsatz-Zeit, 5,7 Punkte im Schnitt, 3,6 Rebounds – eine ordentliche Bilanz. "Jetzt will ich den nächsten Schritt nach vorne machen", meint der 2,12-Meter-Mann entschlossen. Denn von der Sommer-Erholung in Bösingen auf dem Bauernhof seiner Großeltern geht es Anfang August richtig los – in Nürnberg – übrigens wieder mit der Rückennummer 13, die zu einem Markenzeichen geworden ist. "In der Jugend ging es nach Größe bei der Verteilung der Trikots", erzählt Maier, "der Kleinste kriegt die 4, dann geht es bis zur 15. Die 13 war immer XXL, da habe ich sie mir immer gesichert." Das ist bis heute so geblieben. Und Pech bringen soll ihm die "13" am neuen Betätigungsort nicht.

Station 7: Nürnberg

"Ich habe mich bewusst für Nürnberg entschieden", sagt Maier, "weil ich da auch studieren kann." Um einen Studienplatz in "International Business" hat er sich beworben, um gewappnet zu sein, wenn es mit dem Basketball mal nicht mehr so gut klappt. "Dann kann ich auch was Anderes machen", weiß er, dass die Zeit eines Profis begrenzt ist. "Als Pro-A-Profi ist es wie in einem normalen Job: Man kann gut davon leben", sagt Maier, der zwar für drei Jahre unterschrieben hat, aber auch zugibt: Wenn ein Angebot aus der Bundesliga käme, "bin ich opportunistisch..."

Doch eigentlich hat er in Nürnberg sein Glück gefunden: ein Trainer, der auf ihn baut, ein Team mit Ambitionen nach oben, ein ideales Zusammenspiel mit U19-Nationalspieler Moritz Sanders – und eine Stadt, die ihm alles bietet, was er braucht. Wie gesagt: "Ich freue mich mega auf Nürnberg!"