Dieser Besucht betrachtet in der Zehntscheuer das Foto eines stolzen Falkners in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Foto: Maier

Preisträger berichtet über seine Arbeit. Eindrückliche Fotos lohnen zweiten Blick. Mit Video

Balingen - Es ist, auf den ersten Blick, ein Idyll. Ein junges Mädchen steht in der Morgensonne am Straßenrand, sammelt bunte Blumen und steckt sie in eine Flasche, um ihnen Wasser zu geben. Was man nicht sieht: die andere Straßenseite. Dort warten ihre Eltern mit Hunderten anderen darauf, weiterzukommen, irgendwie. Nach Norden, in die USA.

Das Bild des Mädchens ist Teil einer Foto-Geschichte von Pieter ten Hoopen, die beim World-Press-Photo-Wettbewerb den ersten Preis erhalten hat. Und es ist, zusammen mit rund 150 anderen im Rahmen des weltweit größten und renommiertesten Fotowettbewerbs ausgezeichneten Bildern, von diesem Samstag an in der Zehntscheuer in Balingen zu sehen. Die Ausstellung ist am Freitagabend eröffnet worden. Die Fotos sind teils grausam, teils wunderschön, allen ist gemeinsam, dass nicht nur ein kurzer, sondern mindestens ein zweiter Blick darauf lohnt.

"The Migrant Caravan" ("Die Flüchtlings-Karawane") hat Pieter ten Hoopen seine Geschichte benannt. Der Niederländer hat dafür im vergangenen Jahr die riesige Gruppe von rund 7000 Menschen auf ihrem Weg von Südamerika ins vermeintlich gelobte Land begleitet. Sein Ziel: Verständlich machen, warum Menschen ihre Heimat verlassen, warum sie fliehen. Und wie sie dabei versuchen, trotz widrigster Umstände eine Art Alltag und damit ihre Würde zu bewahren.

Ausstellung ist Teil eines großen Projekts

Die Story ist, das erläuterte ten Hoopen am Freitagabend in der Stadthalle, Teil eines großen Projekts: "Love Stories" ("Liebesgeschichten"). Darin stellt er Menschen vor, die kurz vor oder auf der Flucht selbst zueinander gefunden haben, sich nun lieben. Der Niederländer, der in Schweden lebt und in den vergangenen Jahren an vielen Kriegs- und Krisenorten der Welt fotografisch tätig war, sagte, damit habe er einen "neuen Ansatz" verfolgt, um das für so viele, zu viele Menschen auf der Welt traumatisierende Flucht-Erlebnis darzustellen. Ten Hoopen wird auch bei der Eröffnung an diesem Samstag um 10 Uhr der Ehrengast in der Zehntscheuer sein und über seine Arbeit berichten.

Dass der vielfach ausgezeichnete Fotograf nach Balingen kam, dass die World-Press-Photo-Schau nun für die nächsten drei Wochen hier im "Haus der Museen" zu sehen sein wird, darüber sei er glücklich und dafür sei er dankbar, sagte Ottmar Erath. Der Chef der Volkshochschule hat die Ausstellung nach Balingen geholt, er hatte sich getraut, überhaupt nachzufragen, ob das möglich wäre. Der "Türöffner" war der Kontakt zu Claus Spitzer-Ewersmann, der die Schau in Oldenburg auf die Beine stellt. Ziel sei es, sagte Erath, Balingen dauerhaft als Ausstellungsort der World-Press-Photo-Wettbewerbs zu etablieren.

Dass es möglich sein würde, glaubte zunächst selbst Oberbürgermeister Helmut Reitemann nicht, bekannte er am Freitagabend: Eine solche Ausstellung, weltweit unterwegs, in 110 Städten in 45 Ländern, wie Thera Vermeij von der World-Press-Photo-Stiftung darlegte – und das im beschaulichen Balingen? Nun sei er stolz, dass es geklappt habe, sagte Reitemann, dass auch der Gemeinderat hinter dem Projekt stehe. Balingen werde damit wieder, in der Tradition der großen Kunstausstellungen der Stadthalle, für ein überregionales Publikum interessant. Gefragt nach seiner Wunsch-Schlagzeile in drei Wochen, sagte Reitemann: "Balingen musste gesperrt werden – zu viele Besucher da."

Die Vernissage war am Freitagabend zweigeteilt: Nach dem offiziellen Teil in der Stadthalle erwarteten die Fotos die Besucher in der Zehntscheuer. Die Ausstellung ist dort bis 21. Juli täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet (donnerstags bis 21 Uhr).