Vor Postkarten aus aller Welt: Stefanie Strauch, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, Michael Vogel, Holger Grebe und Geschäftsführerin Diana Späth (von links). Auch die Einrichtung in Frommern feiert das Waldorf-Jubiläum. Fotos: Hertle Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Festveranstaltungen in Frommern zum 100-jährigen Bestehen dieser besonderen Pädagogik

Vier Institutionen, welche die Waldorfschule Balingen begleiten, sind beim Festakt zum 100-jährigen Bestehen der Waldorfschulen präsent. Damit wird der Reigen der Veranstaltungen im Jubiläumsjahr geschlossen.

Balingen-Frommern. Die laufenden Schulveranstaltungen hat die Waldorfschule unter das Motto "Waldorf 100" gestellt und daran ausgerichtet. 1919 wurde auf der Stuttgarter Uhlandshöhe die erste Waldorfschule gegründet. Heute bestehen allein in Deutschland 245 solcher Schulen mit spezieller Pädagogik, die auf der Lehre der Anthroposophie beruht. Weltweit sind es rund 1100.

Zwei Veranstaltungen plant das Team der Waldorfschule: "Dialogspaziergänge" führen am Sonntag, 22. September, zum Schönberghof bei Isingen und zur Fischermühle. Auf dieser Exkursion bekommen Interessierte die Gelegenheit, biologisch-dynamische Landwirtschaft, die Herstellung von Mistelpräparaten bei der Heilmittelfirma Helixor und "wesensgemäße" Bienenhaltung beim Imkerverband Mellifera kennen zu lernen. Der Dialog ergibt sich laut Lehrer Holger Grebe im Austausch mit Schönberghof-Landwirt Manfred Kränzler, den Mitarbeitern bei Helixor und den Imkern von Mellifera.

In der Sporthalle der Waldorfschule Balingen findet dann am Samstag, 28. September, ab 19 Uhr der Festakt statt. Im Zentrum steht ein Podiumsgespräch mit Schulleiterin Natalia Aculova, Oberstufenlehrer Holger Grebe, Peter Striebel vom "Tycho-de-Brahe-Zweig" der Anthroposophischen Gesellschaft, dem Mediziner Dietrich Schlodder von Helixor, Manfred Kränzler und Imkermeister Norbert Poeplau von Mellifera. Moderator ist Mathias Maurer, Redakteur der Zeitschrift "Erziehungskunst" des Bundes freier Waldorfschulen.

Die Waldorfschulen, so Grebe, seien in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg entstanden, "als alles in Trümmern lag". Man habe sich Gedanken über soziale Fragen gemacht, und ein Stuttgarter Unternehmer habe die Initiative ergriffen. Das Besondere an diesen Schulen sei der Ansatz Rudolf Steiners, Seele, Geist und Körper zu verbinden. In den Waldorfschulen sind die Schüler in einer Klassengemeinschaft von den Stufen 1 bis 12 und machen auch ein Praktikum in der Landwirtschaft.

In Balingen trafen sich 1986 "im Nebenzimmer eines Gasthofs", so Lehrer Michael Vogel, Menschen, die eine Schule in freier Trägerschaft ins Leben rufen wollten. Daraus wurde die heutige Waldorfschule mit 380 Schülern, ergänzt von 80 Kindern in vier Kindergartengruppen und zehn Krippenkindern. Schule und Kindergarten werden von einem Verein getragen.

Die Waldorfpädagogik sei auch nach 100 Jahren nicht verstaubt, betont Vogel. Wichtige Impulse kämen von den Kindern und Jugendlichen selbst. Grebe formuliert es so: "Wir unterrichten Menschen, keine Fächer." Die Texte von Rudolf Steiner spielen nach seinen Angaben immer noch eine Rolle, wenngleich sich die Waldorfschulen in der "Stuttgarter Erklärung" von manchen rassistischen Äußerungen distanziert haben. Diese Haltung untermauert Grebe mit der Tatsache, dass weltweit solche Schulen gegründet werden, von denen jede an der Kultur des Landes orientiert ist.

Für den Austausch steht eine Postkartenaktion: Alle Waldorfschulen sollten an andere eine solche Karte schicken. In Balingen sind rund 300 Postkarten angekommen.