Die Biografie des gebürtigen Ostdorfers Martin Göhring ist jetzt im Franz-Steiner-Verlag erschienen. Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Heinz Duchhardt hat die Biografie des gebürtigen Ostdorfers Martin Göhring veröffentlicht

In Ostdorf erinnert ein Straßenname an einen der großen Söhne des Ortes: den Historiker Martin Göhring (1903 – 1968). Die Biografie des gebürtigen Ostdorfers ist nun in diesem Jahr unter dem Titel "Eine Karriere im Zeichen der Umbrüche" im Franz-Steiner-Verlag erschienen.

Balingen-Ostdorf. Wer Martin Göhring genau war, wissen viele Ostdorfer nicht. Heinz Duchhardt, Autor zahlreicher historischer Monographien, hat auf der Grundlage eines breiten Aktenmaterials die akademische Karriere eines "sozialen Aufsteigers" aus dem südlichen Württemberg nachgezeichnet.

Heinz Duchhardt habe sich bei seinen Recherchen zu Martin Göhring auch in Ostdorf umgeschaut, habe mit Zeitzeugen gesprochen, sagt Ortsvorsteher Helmut Haug. "In Ostdorf ist die Familie Göhring bekannt." Bei einem Kaffee habe er vieles über den gebürtigen Ostdorfer erfahren, über dessen Leben und Wirken er bis dahin kaum etwas wusste.

Duchhardt, ehemaliger Direktor der Abteilung für Universalgeschichte des Instituts für Europäische Geschichte, hat sich intensiv mit dem Leben und Wirken seines Amtsvorvorgängers Martin Göhring befasst, der von 1951 bis zu seinem Tod 1968 gemeinsam mit Joseph Lortz das In-stitut geleitet hatte und den er flüchtig kennengelernt hatte.

"Wir haben zum 100. Geburtstag Göhrings ein Kolloquium mit auswärtigen Gästen veranstaltet", sagt Heinz Duchhardt. Auch eine Arbeit über Martin Göhring sei veröffentlicht worden. "Damals war ich schon der Meinung, dass der Mann eine größere Biografie verdiente." Warum? "Er stammte aus einer armen Bauernfamilie aus Ostdorf, war ein miserabler Schüler und hat es dann auf dem zweiten Bildungsweg geschafft, an den Universitäten Tübingen und Paris zu studieren." Was ihn aber besonders interessant mache: 1935 habe er "wie viele andere" der Verlockung nicht widerstehen können und sei der NSDAP beigetreten. "Das hat ihm in seiner Karriere geholfen", weiß Duchhardt. Nach dem Krieg habe man die meisten ehemaligen Parteimitglieder "nicht mehr haben wollen". Anders Göhring: "Die Franzosen haben dem NS-belasteten Historiker von heute auf morgen wieder in den Sattel geholfen."

In der Göhring-Biografie berichtet Duchhardt über die Wege und Abwege des gebürtigen Ostdorfers, der mit einer Arbeit über die Französische Revolution promoviert hatte und Professor an der Reichsuniversität Straßburg war. Nach dem Krieg, Mitte der 1950er-Jahre, stellte er seinen Forschungsschwerpunkt auf die deutsche Zeitgeschichte um und arbeitete, wie Heinz Duchhardt sagt, "das auf, was er selbst erlebt hatte". Ab 1961 hatte Martin Göhring eine Professur an der Universität Gießen.

Wie Heinz Duchhardt bemerkt, ist Martin Göhring keine unstrittige Figur gewesen. Aber seine Karriere stehe stellvertretend für die Wege, sich vom NS-System nicht völlig verbiegen zu lassen, und für die Mühen, nach 1945 wieder in den akademischen Betrieb einzusteigen. Er habe den sozialen Aufstieg aus einer Ostdorfer Bauernfamilie bis in die Beletage der akademischen Welt geschafft.

Für das Ostdorfer Gemeindearchiv hat Ortsvorsteher Helmut Haug ein Exemplar der Göhring-Biografie gekauft. Göhring habe zwar die meiste Zeit seines Lebens nicht in Ostdorf gelebt. Das Buch habe demnach kaum mit der Ortsgeschichte zu tun. "Aber den ein oder anderen Ostdorfer dürfte es interessieren", sagt Haug.

Der Autor Heinz Duchhardt, Jahrgang 1943, studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Kunstgeschichte in Mainz, Bonn und Wien. 1968 folgte die Promotion, 1974 die Habilitation. Er hatte Lehrstühle für Neuere Geschichte in Bayreuth und Münster, war von 1994 bis 2011 Direktor des Instituts für Europäische Geschichte Mainz.

das buch: Heinz Duchhardt: "Eine Karriere im Zeichen des Umbruchs", Franz Steiner Verlag, Stuttgart, 2018, 334 Seiten, 42 Euro.