Während Real den bisherigen Non-Food-Markt umbauen kann, erhält Edeka grünes Licht, auf der anderen Straßenseite einen Neukauf zu bauen. Foto: Maier

Experten räumen Stolpersteine aus dem Weg. Kompromiss stellt beide Seiten zufrieden. Mit Kommentar

Balingen - "Gibst Du mir, geb’ ich Dir" – auf diesen Nenner lässt sich die Lösung bringen, auf die sich die Beteiligten am Donnerstag im Wirtschaftsministerium in der Auseinandersetzung Real und Edeka geeinigt haben. Demnach steht nun nichts mehr im Wege, dass beide Unternehmen ihre Vorhaben im Gewerbegebiet Auf Gehrn umsetzen können.

Real plant, den bisherigen Non-Food-Markt in einen neuen Real-Markt mit einer Verkaufsfläche von rund 3300 Quadratmetern umzubauen. Nach dem Ergebnis, auf das sich Vertreter des Regierungspräsidiums Tübingen und des Wirtschaftsministeriums einigten, ist es dem Unternehmen möglich, auf rund 1400 Quadratmetern Lebensmittel und Getränke zu verkaufen.

Real und Stadtverwaltung hatten stets argumentiert, dass dies durch die Baugenehmigung und den Bestandschutz gedeckt sei. Gegenteiliger Ansicht ist Edeka; das Unternehmen legte daher eine Fachaufsichtsbeschwerde ein.

Wie der Pressesprecher des Regierungspräsidiums Tübingen, Dirk Abel, mitteilt, seinen sich die Experten vom Regierungspräsidium und Wirtschaftsministerium einig gewesen, dass zwar der Bestandsschutz den Lebensmittelverkauf nicht rechtfertige. Doch die frühere Baugenehmigung beziehe sich auf den Begriff "Warenhaus", was wiederum die Möglichkeit eröffne, diesen auch auf einen Lebensmittelverkauf zu beziehen. Dadurch sei "die von Real gewünschte Zusammenführung von Lebensmitteln und Non-Food-Artikeln gelungen".

Im anderen Streitfall ging es um die Pläne Edekas Auf Gehrn den früheren Real-Lebensmittelmarkt abzureißen und einen Neukauf mit einer Fläche von rund 2000 Quadratmetern zu bauen. Das Problem: Der Lebensmittelmarkt hatte nur eine Fläche von 1500 Quadratmetern, weshalb Edeka eine Fläche von 500 Quadratmetern hinzunehmen wollte, auf denen vormals Textilwaren verkauft wurden. Dies sei durch den Bestandsschutz aber nicht abgedeckt, argumentierte Real und legte ebenfalls eine Fachaufsichtsbeschwerde ein.

Damit liege Real nicht richtig, hält Abel fest. Eine Befreiung, wie sie Edeka beantragt hatte, sei durchaus möglich. Die Experten hätten für diese Einschätzung frühere Urteile und Rechtskommentare herangezogen. "Damit wird es am Standort Gehrn in Zukunft für die Balinger Bevölkerung ein breites und attraktives Lebensmittelangebot geben", erklärte Abel.

In einer Stellungnahme teilte Real-Pressesprecherin Alja-Claire Dufhues auf unsere Anfrage mit, dass "wir die Entscheidung zur Kenntnis genommen haben und nun intern prüfen werden, wie wir hier weiter verfahren". Und weiter: "Selbstverständlich sind wir bestrebt, unseren Balinger Kunden im Gewerbegebiet Gehrn ein breites Sortiment anbieten zu können."

Bevor Joachim Feyrer, Miteigentümer des Real-Gebäudes, mit der Umsetzung des Vorhabens beginnt, wartet er erst einmal Gespräche mit Real ab. Er geht aber davon aus, dass das Unternehmen mit dem Ergebnis "leben kann".

Von Edeka war keine Stellungnahme zu erhalten.

Kommentar: Harte Bandagen

Von Detlef Hauser

Friede, Freude, Eierkuchen – die Entscheidung im Wirtschaftsministerium stellt wohl alle Beteiligten zufrieden: Real und Edeka, die nun ihre Vorhaben in der geplanten Form in Angriff nehmen können; die Balinger Stadtverwaltung, die sich wieder anderen Aufgaben widmen und sich insbesondere auf die Suche nach einem Ersatz für den Lebensmittelmarkt Rewe machen kann, der für den Herbst den Rückzug aus dem City-Center angekündigt hat; die Kunden, weil nicht nur Real bleibt, sondern mit dem geplanten Neukauf das Angebot noch größer wird. Doch war der ganze rechtliche Hick-Hack notwendig? Mussten die beiden Unternehmen erst ihre Muskeln spielen lassen? Die ganze Geschichte macht aber deutlich, mit welch harten Bandagen in der Lebensmittelbranche gekämpft wird – und dass das Gewerbegebiet Auf Gehrn eine Goldgrube ist.