Simeon Hermann hat die Kamera auf Seprowling gerichtet, der auf eine Wand mit Bildern schaut. Foto: Müller

Balinger Rapper Seprowling geht der Schizophrenie mit einen Song und einem Video auf den Grund.

Balingen - Seit elf Jahren mischt Sebastian Speidel unter dem Künstlernamen Seprowling die Balinger Musikszene auf. Lange war es musikalisch eher still um den 24-jährigen Rapper. Nun zieht das neue Musikvideo zum Lied "Marcus" seine Kreise durch Youtube und die sozialen Netzwerke.

Als Seprowling mit 13 Jahren anfing, Musik zumachen, behandelten seine deutschen Texte vorwiegend Themen, die ihn selbst beschäftigten. Er übte darin nicht selten Kritik an der Gesellschaft.

Über die Jahre hat sich seine Musik aber geändert: Der Balinger startete mit seinem Freund Julian Pelludat verschiedene musikalische Projekte unter dem Namen "Seprowling und Julo". Die Texte wurden ironischer, die Refrains eingängiger, die Lieder bereiteten gute Laune. Erste Hörproben davon erschienen 2012 auf dem Mini-Album "Liebe und Musik". Vergangenen Herbst drehten die beiden Medienstudenten ein Musikvideo zum Song "Fleischeslust". Im Dezember standen die beiden nach etwa zweijähriger Pause in Sebastians Speidels Studienort Furtwangen wieder auf der Bühne.

Sowohl Handlung als auch Marcus sind frei erfunden

Mit "Marcus" kehrt Seprowling wieder zu alten Wurzeln zurück: "Im Song geht es um die Vorstellung, wie es wäre, wenn du erfährst, dass die Realität nicht so ist, wie du dachtest", erklärt Sebastian. Er versetzt sich in dem Lied in die Rolle eines Schizophrenen, der sich jahrelang einen Freund namens Marcus einbildet, und erzählt detailliert wie in einem Tagebuch Geschichten, die sie gemeinsam erlebt haben. Am Ende findet sich das Lyrische Ich in einer Klinik wieder. Marcus existiert nicht.

Das Thema Schizophrenie behandelt Sebastian in dem Text auf solch authentische Weise, dass er in den vergangenen Tagen oft die Frage zu hören bekam, was denn Wahres an der Geschichte dran sei. "Sogar mein Vater hat mich gefragt, ob da mal etwas war, was er nicht mitbekommen hat", sagt Sebastian lachend. Doch sowohl die Handlung als auch Marcus seien frei erfunden, bestätigt der 24-jährige. "Aber das ist für mich die Bestätigung, dass ich die Geschichte so authentisch wie möglich erzählt habe."

Die Idee stammt aus dem Film "A Beautiful Mind", in dem sich der Protagonist ebenfalls Menschen einbildet. Um die Zuschauer und Zuhörer an solch ein schwieriges Thema heranzuführen, wollte der Student der Digitalen Medien den Song visuell unterstützen. Und bekam Hilfe von Simeon Herrmann. Dieser studiert Motion Design an der Filmhochschule in Ludwigsburg und verfolgt seit einigen Jahren den musikalischen Werdegang seines ehemaligen Schulfreundes. Die Idee, mit professioneller Ausrüstung ein Video zu produzieren, stand daher schon länger im Raum.

Der zweitägige Dreh zum Video erfolgte Anfang März in einem brach liegenden Industriegebäude. Das Video zu "Marcus" ist in zwei Welten geteilt, um auch den Kontrast und die Verwirrung durch die zwei Stimmen im Kopf eines Erkrankten zu verdeutlichen, der nicht weiß, was real ist und was nur in seiner Fantasie existiert. Zum einen sitzt Seprowling in einem weißen, leeren, klinikähnlichen Raum und schreibt seine Geschichte in ein Tagebuch. Zum anderen steht er im Dunkeln und schaut sich Bilder an. Dabei scheint er von einem menschlichen Schatten umgeben zu sein, mit dem er interagieren will, diesen jedoch nicht erreicht. Zum Ende des Videos, als das lyrische Ich erkennt, dass alles nur Einbildung ist, reißt er mit seiner Welt auch die Bilder an der Wand, die er zuvor betrachtet hat, ein.

"Es ist schön zu sehen, dass selbst ein so nachdenkliches Lied ohne eingängigen Refrain beim Publikum so gut ankommt", freut sich Sebastian über die gute Resonanz auf das Video. "Dabei zählen für mich in erster Linie nicht die Likes auf Facebook, sondern das persönliche Feedback, gerade auch von fremden Menschen, die mich nur durch meine Musik kennen."

Für den Sommer sind weitere Videodrehs mit Simeon Herrmann geplant. Auch gibt es Seprowling zusammen mit Julo bald wieder live zu sehen. Derzeit arbeiten sie an einer Bühnenshow mit Live-Band.

Weitere Informationen:

www.facebook.de/SeprowlingUndJulo; dort ist auch der Link zum Video "Marcus"