So sieht das enthüllte Kameralamt aus. Foto: Deregowski

Folienbahnen in Ölbergstraße fallen binnen Sekunden. Fassadengestaltung ähnelt Vorbild von 1923.

Balingen - Seit diesem Wochenende hat die Ölbergstraße ein anderes Gesicht: Am Samstag nämlich die Hüllen an der Fassade des Kameralamts gefallen. Zahlreiche Interessierte ließen sich dieses Ereignis nicht entgehen.

Nur wenige Sekunden dauerte es, bis die sieben Folienbahnen zur Ölbergstraße hin nach unten geflattert waren und den Blick auf die renovierte Fassade freigaben. Diese weist einen hellen, sandfarbenen Ton auf.

Wie Denkmalpflegerin Iris Fromm-Kaupp erklärte, beruht dieser auf der Fassadengestaltung von 1923. Damals wurden die letzten Räume zu Büros umgebaut und auch die Fassadenoberfläche überarbeitet, so dass keine älteren Schichten vorhanden sind. Zudem hatten sich im Archiv keine weiteren Hinweise gefunden, weshalb die Bauherren Hans-Peter Muuhs und Eckart Schäufele sich für eben jenen Farbton entschieden.

Wenn auch mit der alten/neuen Farbgebung die Änderungen nicht riesig ausfallen, so gibt es doch äußerliche Modifikationen: der Dachaufbau ist neu, ebenso die Eingänge, erläuterte Fromm-Kaupp.

Balingens Stadtarchivar Hans Schimpf-Reinhardt ging auf die Geschichte des Gebäudes ein, das zu den ältesten Balingens zählt. Bei den Flügeln handelte es sich einst um zwei getrennt nebeneinander stehende Gebäude. Im rechten befand sich die 1508 erbaute Kapelle, im linken seit 1715 der Fruchtkasten. 1806 übernahm die neu geschaffene staatliche Finanzbehörde das Amt, nicht einmal ein Jahrzehnt später entstand der Querbau. Den Stadtbrand in der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1809 überstand der Bau unbeschadet. Zuletzt nutzte das Landwirtschafts- und Veterinäramt die Räume.

Vor Jahrhunderten bewohnten Beginen, eine Gemeinschaft frommer Frauen, einen Teil der Räume. Heute bietet das Gebäude 14 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten.

Eine lebendige Innenstadt sei enorm wichtig, betonte Oberbürgermeister Helmut Reitemann. Die Sanierung des Kameralamts trage dazu bei. Dass bereits alle Wohnungen einen Besitzer gefunden haben, sei nicht überraschend, denn in der Balinger Innenstadt sei Wohnraum sehr gefragt, führte Reitemann weiter aus.

Wie diese Wohnungen gestaltet sind und welche endgültige Form sie annehmen sollen, davon konnten sich Interessierte bei einer Führung durch das historische Gebäude ein genaues Bild machen.