Die Straße ist von Trümmerteilen übersät, der blaue Golf R hat nur noch Schrottwert. Dem 29-jährigen Fahrer wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Foto: Archiv-Foto: Maier

In Berufungsverhandlung um tödlichen Unfall bei Weilstetten werden weitere Sachverständige gehört.

Hechingen/Balingen - Ein Urteil hat es am Mittwoch in der Berufungsverhandlung um den tödlichen Unfall bei Weilstetten nicht gegeben. Vor dem Hechinger Landgericht wurden weitere Zeugen gehört, darunter die Richterin des Balinger Amtsgerichts, die den Unfallverursacher in erster Instanz verurteilt hatte.

Auch am zweiten Verhandlungstag vor dem Hechinger Landgericht drehte sich alles um die Frage, wieso ein damals 27-jähriger Zeitsoldat im November 2016 auf der zweispurigen B 463 zwischen der Ausfahrt Frommern und Weilstetten mit seinem blauen Golf R in den Gegenverkehr geraten war. In den Unfall waren insgesamt fünf Fahrzeuge verwickelt. Eine Frau kam ums Leben, fünf Menschen wurden verletzt, zum Teil schwer.

Das Amtsgericht Balingen hatte den Golf-Fahrer im April 2018 wegen fahrlässiger Tötung zu sieben Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie drei Monaten Fahrverbot verurteilt. Die Vorsitzende Richterin, Doris Gekeler, sah es als erwiesen an, dass der 27-Jährige zu schnell auf nasser Straße unterwegs gewesen sei und deshalb die Kontrolle über seinen PS-starken Wagen verloren habe. Dagegen legte der Soldat Berufung ein. Er behauptete, ein schwarzer Golf GTI habe ihn bedrängt und sei schließlich mit ihm kollidiert, weshalb er auf die Gegenfahrbahn geraten sei.

Vor dem Hechinger Landgericht war nun am Mittwoch die Balinger Richterin als Zeugin geladen. Sie erinnerte sich an die Aussage des Beifahrers, der "von einem Ruck wie bei einem Boxauto" berichtet habe. Sie sagte allerdings auch, dass der Beifahrer den Fahrer zuvor gebeten habe, langsamer zu fahren. Ansonsten sei der Beifahrer bei seiner Aussage "immer sehr vage und ausweichend" gewesen – was sich bereits am ersten Verhandlungstag am Montag in Hechingen wiederholt hatte.

Ein weiterer Zeuge berichtete, dass der Fahrer des schwarzen GTI, dessen Wagen bei dem Unfall vom herausgerissenen Motorblock des blauen Golf R getroffen worden war, "voll mitgenommen" gewesen sei: "Er hat ganz schön zu kämpfen gehabt."

Die Anhörung des Kfz-Sachverständigen verzögerte sich zunächst, da der Verteidiger beantragte, ihn wegen Befangenheit abzulehnen. Der Sachverständige gebe in seinem Gutachten dem Angeklagten die Schuld, obwohl es weder Beweise für Aquaplaning noch für ein ruckartiges Überholen des Angeklagten gebe. Auch seien mögliche technische Defekte nicht berücksichtigt worden. "Das Urteil ist nicht neutral", befand der Anwalt. Dies sah der Vorsitzende Richter Volker Schwarz nach Beratung mit seinen Schöffen anders und wies den Antrag zurück.

In seinem Gutachten kam der Sachverständige zu dem Schluss, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem schwarzen GTI und der Unfallursache gebe. Im Falle einer Kollision müssten sichtbare Schäden an beiden Autos entstanden sein, doch genau die betroffenen Regionen an den beiden Fahrzeugen seien unversehrt. Die Geschwindigkeit des Unfallverursachers schätzte er auf 100 Stundenkilometer. Aquaplaning allein schloss er als Ursache aus. Dabei hätte das Fahrzeug auch noch nach links gelenkt werden müssen. Nur so hätte das Heck ausbrechen und das Auto auf die Gegenfahrbahn gelangen können.

Nach Abschluss der Beweisaufnahme hätten eigentlich die Plädoyers und ein Urteilsspruch folgen müssen. Doch der Verteidiger stellte gleich mehrere Anträge, Sachverständige zu Rate zu ziehen. Dabei geht es darum, ob es zum Unfallzeitpunkt tatsächlich zu Aquaplaning kommen konnte, ob das elektronische Stabilitätsprogramm eingegriffen hat, und ob es nicht doch zum Touchieren der beiden Autos gekommen sein könnte – auch ohne sichtbare Schäden.

Das Gericht vertagte deshalb die Verhandlung auf Montag, 4. Februar, 14.30 Uhr.