"Bagger!": Ein kleiner Junge schaut sich die Baumaschinen am Hinteren Kirchplatz an. Noch einige Wochen wird dort an der Straße gearbeitet. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Infrastruktur: Parkplatzmangel, Lärmbelästigung, Kundenschwund: Viele klagen über die derzeitige Situation am City Center

Balingen. Lässig lehnt er sich an den Tresen, blickt auf die Uhr an der Wand. 20 Minuten länger als sonst hat er gebraucht: "20 Minuten verlorene Zeit."

Der Kunde des Kebabhauses Orient Imbiss in der Balinger Dammstraße bestellt einen schwarzen Tee. Auf dem Weg vom Bahnhof in die Innenstadt hätte er viele Möglichkeiten gehabt, einen Tee zu trinken, einen Kebab zu essen. Aber woanders hin? Das möchte er nicht. "Ich bin hier Stammkunde", sagt er. Die 20 Minuten länger nimmt er in Kauf.

So wie er sind nicht alle. "Im Gegenteil", sagt die Inhaberin des Orient Imbiss, Zelika Usak: "Wir haben Kunden verloren durch die Baustelle." Usak deutet mit dem Kopf in Richtung City Center. Dorthin, wo seit April eine Großbaustelle ist. Dort, wo eine der wichtigen Innenstadtachsen gesperrt ist. An der Kreuzung Wilhelmstraße/Am Spitaltörle entsteht ein Kreisverkehr – doch das braucht Zeit. Bis September sollen die Bauarbeiten noch andauern.

"Es haben sich bei uns schon viele Kunden beschwert", sagt Usak: "Aber das ist nicht alles." Sie zuckt ratlos die Schultern. "Die Leute gehen woanders hin." Denn wer einen Kebab essen möchte, findet in Balingen mehrere Anlaufstellen.

Ein paar Meter weiter im City Center: Konkurrenz spielt auch für die Bäckerei Schneckenburger eine Rolle. "Wir haben viele ältere Kunden, die sich zum Kaffeetrinken in unser Café setzen", sagt Mitarbeiterin Stephanie Renz: "Normalerweise kommen sie mit dem Bus." Doch die Haltestelle gibt es derzeit nicht mehr. "Die Leute müssen jetzt am Finanzamt aussteigen", sagt Renz: "Und von dort läuft hier keiner hin." Viele Kunden blieben aus.

Vom Kundenschwund merke man in der Boutique ChicSaal in der Oberen Kirchstraße weniger. Dafür sei die Parkplatzsituation nervig. "Unsere Kunden jammern, weil sie keinen Parkplatz finden und ewig rumfahren müssen, bis sie in die Straße kommen", sagt Mitarbeiterin Eva Malessa. Das seien vor allem jene, die von außerhalb kommen: "Nur wer vor Ort wohnt, weiß, wie die Lage ist." Von Laufkundschaft profitiere das Geschäft zwar nicht, da es in einer Seitenstraße liege. Dennoch freue man sich im Chic-Saal bereits, wenn die Baustelle dann endlich fertig sei. "Aber dafür bekommen wir ja auch ein schönes Rondell", sagt Malessa: "Man kann eben nicht alles haben." Sie lacht.

Indes sehe es im Geschäft Quick Schuh deutlich anders aus: Die Laufkundschaft bleibt aus. "Wir hoffen wirklich, dass es bald vorbei ist mit der Baustelle", sagt Maria Lutscher, Mitarbeiterin des Schuhgeschäfts im City Center. Um Kunden anzulocken, werbe das Geschäft derzeit mit Aktionen: Drei kaufen, zwei bezahlen. "Seitdem läuft es etwas besser", sagt Lutscher.

In der Mediothek kämpft man derweil mit einem ganz anderen Problem: Lärm. "Hier ist es unfassbar laut", sagt Maxi Goessler-Kilic, Leiterin der Bücherei: "Wir spüren sogar die Vibrationen. Das ganze Haus wackelt." Die Fenster sollten eigentlich geschlossen bleiben: "Aber das ist bei der Wärme auch nicht schön."

Dass Kunden ausblieben, habe die Mediothek nur dann gespürt, als der Durchgangsweg zur Wilhelmstraße zeitweise gesperrt war. "Aber jetzt geht’s, wir haben tatsächlich weniger Einbruch als wir erwartet haben", sagt Goessler-Kilic: "Mit der Lärmbelästigung ist die Baustelle für die Mitarbeiter eigentlich am schlimmsten."

Spaß hat eigentlich keiner an der Baustelle – außer Kinder, die immer stehenbleiben, um die Bagger und die anderen Baustellenfahrzeuge zu beobachten. Bis September heißt es für die Geschäfte noch: Zähne zusammenbeißen und durch. Und bis zur nächsten Baustelle eine Kreuzung weiter ist ja noch etwas Zeit.