Nix mehr drin: Der frühere Real-Lebensmittelmarkt im Balinger Gewerbegebiet Gehrn ist ausgeräumt. Edeka will an dieser Stelle einen neuen Markt bauen – nun aber interveniert Real gegen das Vorhaben. Foto: Maier

Unternehmen wendet sich mit Fachaufsichtsbeschwerde gegen Neubau-Vorhaben des Konkurrenten. Mit Kommentar

Balingen - Nächste Stufe in der Auseinandersetzung zwischen Edeka und Real in Balingen: Nun hat nach Informationen unserer Zeitung auch Real gegen das Neubauvorhaben des Konkurrenten Fachaufsichtsbeschwerde beim Regierungspräsidium Tübingen (RP) eingereicht.

Der "Handelskrieg" zwischen den beiden Unternehmen erreicht damit die nächste Eskalationsstufe. Ganz offensichtlich handelt es sich bei dem Schritt von Real um eine Retourkutsche, da Edeka seinerseits gegen den von Real geplanten Umbau im Gewerbegebiet Gehrn das RP eingeschaltet hatte. Nun legen sich beide Unternehmen jeweils Steine in den Weg, die die jeweiligen Bauvorhaben verzögern.

Die Fachaufsichtsbeschwerde, die Real nun eingelegt hat, betrifft die Frage, ob Edeka den geplanten Neubau auf Gehrn – anstelle des jetzigen Real-Lebensmittelmarkts – wie beabsichtigt angehen darf. Wie berichtet, will Edeka das Gebäude an der Langen Straße 37 (Gehrn-Center) abreißen, anschließend neu bauen und dort künftig auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern Lebensmittel verkaufen. Das Gebäude geht zum 1. Juli ins Eigentum von Edeka über.

Knackpunkt: Im jetzigen Gebäude (Real) ist der Verkauf von Lebensmitteln auf einer so großen Fläche möglich. Wird das Gebäude aber abgerissen, geht der Bestandsschutz flöten, und es greift der Bebauungsplan, der an dieser Stelle nur eine Fläche von 1500 Quadratmetern für Lebensmittel vorsieht. Um auf die größere Fläche für Lebensmittel zu kommen, hat Edeka eine Befreiung beantragt – die im Bebauungsplan vorgesehenen 500 Quadratmeter für Textilwaren (früher Violas Modewelt) sollen umgewandelt werden.

Für diesen Weg spricht sich auch die Baubehörde der Stadtverwaltung aus. Real wiederum meint, das verstoße gegen "Grundzüge der Planung". Für Edeka besonders bitter: Der Bauantrag stand nach Informationen unserer Zeitung unmittelbar vor der Genehmigung, ehe sich der Konkurrent an das RP gewandt hat.

Völlig offen ist derweil auch die andere Auseinandersetzung, und zwar diejenige um die Zukunft von Real auf Gehrn insgesamt: Das Unternehmen will den Lebensmittelmarkt und den Non-Food-Markt unter ein gemeinsames Dach an der Langen Straße 24 auf Gehrn zusammenführen, nachdem Edeka das Gebäude des Lebensmittelmarkts schräg gegenüber gekauft hat. Rechtlich noch nicht entschieden ist indes die Frage, ob an diesem Standort Lebensmittel verkauft werden dürfen, und wie die Frage des Bestandsschutzes für das sanierungsbedürftige Gebäude sich mit dem Umbau vereinbaren lässt. Diesbezüglich hatte sich Edeka mit einer Fachaufsichtsbeschwerde an das Tübinger RP gewandt.

Der Umbau und die Sanierung des bisherigen Real-Non-Food-Markts, der wie der Lebensmittelmarkt seit Anfang Juni geschlossen ist, konnte deswegen noch nicht beginnen. Im Balinger Gewerbegebiet Gehrn ist die Schließung mittlerweile deutlich spürbar: Einzelne Nachbarunternehmen verzeichnen wegen der bisher auch von Real angezogenen Kundschaft Umsatzeinbußen; ein Zeichen dafür, dass weniger Leute insgesamt kommen, ist, dass auf Gehrn vor allem an Wochenenden der Verkehr nun deutlich entspannter fließt als bisher.

Kommentar: Kinder, Kinder

Von Steffen Maier

Regelmäßig gibt’s in Balingen Kindertheater. Ein Vorschlag für das nächste Stück: Räuber Real gegen den bösen Edeka-Wolf. Die Hauptdarsteller könnten sich schön was auf die Mützen geben. Aber im Ernst: Was die Handelsunternehmen in Balingen aufführen, taugt eher zum Trauerspiel. Optimisten sagen, dass am Ende beide Bauvorhaben verwirklicht werden. Allerdings steht jetzt schon fest, dass beide nur verzögert an den Start gehen. Edeka und Real behindern sich mittlerweile, wo es nur geht. Hick-Hack um des Hick-Hacks willen? Edeka und Real haben nur noch den Konkurrenten im Auge – und verlieren so aus dem Blick, worum es ihnen eigentlich gehen sollte: die Kunden. Die ziehen schon jetzt ihre Schlüsse – und kaufen eben woanders ein. Mit Folgen für das Gewerbegebiet Gehrn. Und für Edeka und Real möglicherweise eben auch.