Wolfgang Braun (Mitte), Pfarrer der katholischen Heilig-Geist-Kirchengemeinde, und Oberbürgermeister Helmut Reitemann (Zweiter von links) lernen den Gebetsraum der neu errichteten Moschee in Engstlatt kennen. Zur Einweihung sind auch viele Mitglieder der bosnisch-islamischen Gemeinde Balingens aus Bosnien angereist. Fotos: Smaoui/Gemeinde Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemeinschaft: Moschee in Engstlatt ist Ort der Begegnung / Harte Arbeit für bosnisch-islamische Gemeinde

Von Dunja Smaoui

Balingen-Engstlatt. Ob Koran oder Bibel, Tora oder die Bhagavad-Gita – jede Religion hat ihre eigene heilige Schrift. Und doch, so finden Sahin Efendic und Suljo Candic, gibt es jede Menge Parallelen, die Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtung zusammenbringen.

Für die beiden Männer aus Bosnien ist die neu errichtete Moschee im Balinger Stadtteil Engstlatt genau der richtige Ort, um diese Botschaft mit anderen teilen zu können. "Jeder ist bei uns willkommen", sagt Efendic, der für die bosnisch-islamische Gemeinde als Imam fungiert.

Für die etwa 125 Mitglieder – vorwiegend aus dem ehemaligen Jugoslawien – waren die alten Räumlichkeiten in einem Einfamilienhaus nach 23 Jahren "einfach viel zu klein geworden", sagt Efendic. Deswegen entwarf Architekt Suljo Candic ein neues Gebetshaus. Mit Minarett – im Gewerbegebiet in Engstlatt.

Unter der Glaskuppel im lichtdurchfluteten Gebetsraum sind die Muslime seit dem Umzug vor einem Jahr nicht immer unter sich. "Uns haben schon viele Menschen hier besucht", sagt Imam Efendic. "Und zusammen mit uns im Gebets- oder Aufenthaltsraum gesessen", fügt Candic hinzu.

Erzieherinnen aus Kindergärten, Kirchenmitglieder, neugierige Nachbarn – viele haben laut Candic schon einen Blick ins neue Gebetshaus geworfen. Die Anerkennung für ihre Arbeit sei da ganz auf ihrer Seite: "Wir haben viel Lob bekommen", sagt Candic. Bei der offiziellen Einweihung kürzlich seien zahlreiche Besucher gekommen, von denen viele den Gebetsraum mit seinen arabischen Kalligrafien an den Wänden bewundert haben.

Das Beispiel in Engstlatt zeige: Moscheen könnten auch für Nicht-Muslime ein Ort der Begegnung sein: "Wenn jemand bei unseren Gebeten zuschauen möchte, kann er das gerne machen", sagt Efendic und nickt erfreut: "Das hat noch niemand gemacht, aber das Gebet ist für jeden offen."

Interessiert zeigten sich auch die Pfarrer der Kirchen aus dem Stadtteil. "Wir haben gemeinsam mit ihnen im Aufenthaltsraum über religiöse Werte und unsere Standpunkte gesprochen", erzählt Candic. "Und wir haben festgestellt: Zwischen dem Islam und dem Christentum gibt es viele Parallelen."

In Zeiten, in denen der Islam oft heftig in der Kritik stehe, sei es schön, dass sich die Menschen öffneten. "Von der aktuellen Islamdebatte merken wir hier eigentlich nichts", sagt Candic. "Die Debatte trägt eher dazu bei, dass sich die Leute informieren, mehr über den Islam erfahren und eventuell eine neue Einstellung dazu bekommen."

So sei die Moschee auch ein Ort, der Vorurteile abbauen könne. Candic hat dies bereits mit dem Bau bezweckt. "Wir wollten die Moschee bewusst schlicht halten", sagt er. Kein Prunk, kein Glanz, nichts Aufdringliches. "Es ist eine schlichte, moderne Moschee geworden", sagt er: "So wie viele moderne, bosnische Moscheen sind."

Die Mitglieder seien stolz auf ihr Werk, das nach vier arbeitsintensiven Jahren endlich fertig geworden ist. "Wir haben fast alles allein gestemmt", sagt Candic. Zwei Jahre länger als erwartet haben die Mitglieder abends nach ihrer regulären Arbeit sowie an Wochenenden verputzt, betoniert, gestrichen und geackert.

Auch finanziell haben die 125 Mitglieder 60 Prozent des Baus, der einen Wert von etwa 550 000 Euro hat, allein getragen. "Wir sind wirklich sehr zufrieden mit der Arbeit", so Candic.

Als nächstes plane die Gemeinde einen Tag der offenen Tür. So könne die Offenheit gegenüber anderen Religionen und das Miteinander weiterhin bestehen bleiben.