Der zukünftige Kalksteinabbau auf dem Plettenberg bei Dotternhausen ist spätestens jetzt auch in der Balinger Lokalpolitik ein heißes Thema. Foto: Archiv

Balinger Stadtverwaltung bleibt trotz Abbau-Genehmigung bei ihrer Forderung nach Erhalt der Kulisse.

Balingen/Dotternhausen - Der zukünftige Kalksteinabbau auf dem Plettenberg bei Dotternhausen ist spätestens jetzt auch in der Balinger Lokalpolitik ein heißes Thema. Grund dafür ist der von Holcim geplante vorgezogene Abbau eines Teils der Traufkante in Richtung Roßwangen. Kurz vor den Kommunalwahlen gerät die Stadtverwaltung deswegen in ein Dilemma.

Der Balinger Gemeinderat ist wegen der von Holcim geplanten Süderweiterung bereits in der vergangenen Woche in Wallung geraten. Einstimmig wurde beschlossen, dass die Kulisse des Plettenbergs und insbesondere die Traufkante erhalten bleiben sollen – dies, obwohl der Abbau seit Jahrzehnten genehmigt ist.

Richtiggehend geärgert haben sich dann viele der Balinger Kommunalpolitiker und die Stadtverwaltung, als sie aus unserer Zeitung erfuhren, dass ihr Beschluss eigentlich für die Katz’ war: Der Abbauplan wurde ohne Wissen der Öffentlichkeit vor kurzer Zeit dergestalt fortgeschrieben, dass die Traufkante in Richtung Roßwangen bereits von diesem Jahr an weggebuddelt werden kann. Das hatte das Unternehmen Holcim auf Basis der gültigen Genehmigung aus dem Jahr 1982 im Dezember "angezeigt", wie es bürokratisch korrekt heißt; das Landratsamt hat Ende Januar seinen Segen erteilt.

Dass die Balinger Stadtverwaltung davon nichts wusste, nehmen einzelne Lokalpolitiker den Verantwortlichen im Rathaus nicht ab. Von "Täuschung" ist bereits die Rede. Dabei hatte das Landratsamt die Balinger schlicht nicht darüber informiert.

Wohl auch deshalb bleibt die Balinger Stadtverwaltung bei ihrer Forderung, dass die Kulisse des Plettenbergs und damit das Panorama der "Balinger Berge" erhalten bleiben soll. Einer Veränderung werde "nicht zugestimmt", heißt es in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat am Dienstag nächster Woche (26. Februar, 17 Uhr, Stadthalle). Mehr noch: Die bereits erteilten Abbaugenehmigungen sollen im Zusammenhang mit der von Holcim gewünschten Süderweiterung zurückgenommen werden. Das Beharren auf dieser Forderung zeigt das Dilemma, in der sich die Balinger Stadtverwaltung befindet – ebenso wie alle anderen Gemeinden rund um den Plettenberg, die zur geplanten Süderweiterung angehört werden.

"Politische Forderung"

Dabei handelt es sich, wie es so schön heißt, um eine "politische Forderung", die bekanntlich jedermann nach Lust und Laune äußern kann. Rein rechtlich dagegen ist die Angelegenheit eindeutig: Holcim hat in der Nachfolge des Unternehmens Rohrbach nicht nur das Recht, die Hangkanten abzubauen. Mit dem Segen des Landratsamts kann es sogar früher darangehen als bisher gedacht. In die gesamte Diskussion um den Kalksteinabbau auf dem Plettenberg bringt der Umstand des vorgezogenen Hangkanten-Abbaus nun allerdings weiteren politischen Sprengstoff.

Kurz vor den Kommunalwahlen im Mai wird es angesichts der fortdauernden Protestbekundungen gegen den weiteren Abbau auf dem Plettenberg kaum eine Stadt- oder Gemeindeverwaltung wagen, dieses Recht Holcims klipp und klar öffentlich anzuerkennen. Dafür ist der Plettenberg ein mittlerweile zu sehr auch emotional aufgeheiztes Thema.

Einst gewährte Rechte spielen kaum eine Rolle mehr, wenn es um Naturschutz, Belastungen durch die Sprengungen, vermeintliche Gefahren für die Grundwasserquellen oder die Gefährdung durch die Emissionen und Immissionen geht, die vom Holcim-Zementwerk in Dotternhausen ausgehen. Dazu passt dann auch, dass Norbert Majer, der frühere Dotternhausener Bürgermeister, unter dem der großflächige Abbau des Plettenbergs genehmigt worden ist, heute ganz vorne in der Front derer steht, die gegen die weitere, vergleichsweise geringe Süderweiterung des Kalksteinbruchs sowie gegen das Holcim-Werk allgemein mobil machen.

Vertragliche Rechte und Pflichten sind es nun, die den vorgezogenen Abbau der Hangkante in Richtung Roßwangen aus Sicht Holcims notwendig machen: Der nördliche Teil der bisherigen Abbaufläche, so ist es gegenüber Dotternhausen zugesichert, soll so schnell wie möglich rekultiviert und der Öffentlichkeit zurückgegeben werden. Das wäre nur schwer möglich, wenn, wie ursprünglich geplant, dort erst in zwei Jahrzehnten erneut die großen Maschinen und die Sprengmeister anrücken, um die Hangkante abzubauen. Für Holcim kommt ein Verzicht auf den Abbau auch deshalb nicht infrage, weil sich dort wertvolle Kalksteinvorkommen befinden. Dabei wäre der Erhalt der Hangkante durchaus ein politisches Signal vor dem Hintergrund, dass sich seit der einst erteilten Abbaugenehmigung die Sensibilität der Menschen in Sachen Natur- und Landschaftsschutz erhöht hat.

Ein Mitarbeiter des Balinger Rathauses sagte dieser Tage, der Kulissenabbau sei wohl nicht zu verhindern, dieser wäre letztlich sogar eine "ehrliche Sache": Damit würde der Steinbruch nicht wie bisher als "Riesenloch versteckt". Der Berg sei ohnehin kaputt. Namentlich zitieren lassen will sich der Mann aber nicht: "Sonst werde ich gesteinigt."