"Beneidenswert voll" war die Balinger Kirche Heilig Geist während Jochen Boos’ Amtszeit.. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Am Sonntag predigt der Balinger Pfarrer Jochen Boos zum letzten Mal in der katholischen Kirche Heilig Geist

Von Wolf-Ulrich Schnurr

Balingen. Der kommende Sonntag ist für den katholischen Pfarrer Jochen Boos der letzte Arbeitstag in Balingen. Nach nur drei Jahren verlässt der Seelsorger die Heilig-Geist-Gemeinde.

Bis zum Schluss ist Jochen Boos im Dienst: Der Sonntag ist sein letzter Arbeitstag, vorher hat er noch vier Beerdigungen. Heute fährt zum ersten Mal der Möbellaster der Diözese beim Pfarrhaus vor.

"Es fällt mir nicht leicht", sagt Boos über seinen Beschluss, eine neue Wirkungsstätte zu suchen. Doch am 6. Mai, seinem 50. Geburtstag, habe er sich eingestanden: "Wenn du hier weitermachst, wirst du krank."

Ein Faktor, der seine Dienstzeit in Balingen belastete, sei der Neubau des Kindergartens gewesen. Er sorgte sich wegen des Termindrucks – aufgrund des Abrisses des alten Gemeindezentrums musste St. Franziskus pünktlich fertig werden. "Das war ein Kreuzweg", sagt Boos. "Meine Kraft hat nachgelassen." Eine Sache, die er der Kirchengemeinde wünscht, ist deshalb auch der zügige Abschluss der Bauarbeiten hinter der Kirche: Diese sorgten für Unruhe und bänden viel Kraft.

In der Heilig-Geist-Gemeinde hatte Boos nicht immer einen leichten Stand. Sein Vorgänger Franz Nagler war 17 Jahre und damit ungewöhnlich lange in Balingen tätig gewesen. Diese starke Prägung hat zu manchen Vergleichen mit Boos geführt, der doch einen eigenen Stil hat: "Man kann es im Leben nicht allen recht machen", bedauert er kurz vor seinem Abschied.

In der katholischen Kirche gilt es als ungeschriebenes Gesetz, dass ein Pfarrer nicht länger als zehn Jahre an einer Stelle arbeiten soll – damit das Gemeindeleben nicht festgefahren wird. Drei Jahre sind hingegen eine kurze Zeit. Trotzdem geht Boos ohne Groll und hofft, dass die Gemeinde nicht nach einem Einzelnen sucht, der an seinem Abschied schuld sei. Der Blick zurück nutze niemandem, stattdessen solle man in die Zukunft schauen.

Für die katholische Seelsorgeeinheit Balingen-Frommern-Roßwangen sieht diese Zukunft so aus, dass Pfarrer Ewald Ginter vorerst als Administrator die Leitung der Heilig-Geist-Gemeinde mit übernimmt. Pastorale Aufgaben soll verstärkt Vikar Jennis Thomas Vechuvettickal ausüben. Im Januar wird die Diözese dann Boos’ Stelle neu ausschreiben.

Balingens dann ehemaliger Pfarrer steht ab 12. Januar 2014 der Seelsorgeeinheit Iller-Weihung vor. Bis dahin nimmt er eine "begleitete Auszeit" im Kloster Sießen. Das sei das normale Vorgehen, wenn Priester die Gemeinde wechseln, erklärt er. In spirituellen und seelsorgerischen Gesprächen werde dabei die vorherige Station aufbereitet, damit er mit neuem Elan an der neuen Stelle beginnen könne.

Für Jochen Boos ist die neue Stelle eine Seelsorgeeinheit mit sechs Kirchengemeinden. Das werde anders als in Balingen, weiß er – ob es wie an der Eyach jeden Samstag und Sonntag beneidenswert volle Kirchen geben wird, hingegen nicht. Dem werde er sicher nachtrauern. In Balingen habe außerdem die Ökumene sehr gut funktioniert. Und auf dem Dorf gebe es nicht die Möglichkeit, gelegentlich durch die Fußgängerzone zu bummeln und dort spontan mit Menschen ins Gespräch zu kommen – das hat er hier genossen.

Boos blickt seiner neuen Aufgabe positiv entgegen, kehrt er doch nach Oberschwaben und damit in eine Region zurück, die vielleicht eher seinem Naturell entspricht: "Ich bin ein von Tradition geprägter Oberländer", sagt er über sich selbst.

Kraftzehrende Bauprojekte stehen in Iller-Weihung jedenfalls nicht an: "Wir haben alles fertig gebaut", sagt Sylvia Schmölz, stellvertretende Kirchengemeinderatsvorsitzende in Steinberg, einer der zur Seelsorgeeinheit gehörenden Gemeinden.