Gespräch am Rand der Ausstellung (von links): Edgar Maier, Nina Große von der Werner Bonhoff Stiftung, "Rinderflüsterer" Ernst Hermann Maier und Landrat Günther-Martin Pauli. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Ausstellung im Landratsamt zeigt Menschen, die sich gegen sinnlose Behördenregulierung einsetzen

Es gibt Menschen, die anecken, weil sie sich gegen Bürokratie stark machen: Ihnen ist eine Ausstellung zum bundesweiten Mitmach-Projekt "Bürokratie-Therapie" der Werner Bonhoff Stiftung gewidmet. Seit Donnerstag ist sie im Balinger im Landratsamt zu sehen.

Balingen. In einem starken, demokratischen Rechtsstaat bedürfe es gesunder Regeln, sagte Landrat Günther-Martin Pauli bei der Eröffnung: "Aber zu viel des Guten kann negative Nebenwirkungen haben, genau wie in der Medizin." Kreativität, Freiheitsrechte und Eigenverantwortung liefen Gefahr, durch Überregulierung stranguliert zu werden. "Am besten wären Gesetze mit einem Verfallsdatum", sagte Pauli.

Ein immer dichterer Paragrafendschungel löse Ängste und Befürchtungen aus, daher seien konstruktive Kritik und zielführende Verbesserungsvorschläge zu begrüßen. Als Beispiel nannte Pauli die Ostdorfer Agraringenieurin Annette Maier, die dafür kämpfe, ihre frei lebenden Rinder, die nicht am "Viehverkehr" teilnehmen, anstelle der gelben Ohrmarken mit injizierbaren Transpondern zu kennzeichnen: "Im digitalen Zeitalter ist das nichts Unanständiges."

Die Ausnahmegenehmigung, die das Landratsamt erteilt hatte und die danach vom Regierungspräsidium kassiert worden war, halte er nach wie vor für richtig. Und falsch sei, dass Familie Maier als Druckmittel die EU-Fördergelder gestrichen worden seien. In dieser Angelegenheit sei noch nicht alles vernünftig geregelt. "Auch das Landratsamt kann nicht alles nachvollziehen, was vom Gesetzgeber auf den Tisch kommt. Aber wir sind keine Selbstverwaltung, wir sind weisungsgebunden."

Von verschiedenen Stellen habe es Kritik gegeben, als bekannt worden sei, dass die Ausstellung ins Landratsamt komme, sagte Pauli. Die könne er nicht nachvollziehen: "Wir dürfen keine Ruhe geben, wenn wir etwas für unvernünftig halten", sagte er. "Das ist ganz im Sinne des demokratischen Rechtsstaats."

Nina Große, Referentin der Bonhoff-Stiftung, erinnerte daran, dass die Stiftung seit 2005 Erfahrungsberichte unternehmerischer Menschen sammle und veröffentliche, "was schief läuft". Menschen wie Annette Maier und "Rinderflüsterer" Ernst Hermann Maier, der als Pionier jahrelang und am Ende erfolgreich dafür gekämpft habe, qualvolle Lebendtransporte von Rindern in die Schlachthöfe zu vermeiden, würden sich letztlich auch für das Gemeinwohl einsetzen.

In der Ausstellung werden Menschen aus ganz Deutschland gewürdigt, darunter Günther Jauch, der durch seine öffentliche Kritik an der Potsdamer Bau- und Denkmalschutzverwaltung veranlasst hat, dass die Stadt Potsdam eine in Deutschland neuartige Clearingstelle einrichtete, IT-Beraterin Christa Weidner, die auf die Praxis der Deutschen Rentenversicherung und das Drohszenario "Scheinselbstständigkeit" mit drastischen Folgen für Hunderttausende kleine Unternehmer aufmerksam gemacht hat, IHK-Kritiker Kai Boeddinghaus, der erreicht hat, dass die IHK ihre Zwangsmitglieder tatsächlich befragen muss, um für sie sprechen zu dürfen, und Landwirt Georg Heitlinger aus Eppingen, der viele Landwirte von den Zwangszahlungen an den "Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft" befreit hat.

 Die Ausstellung ist bis 7. Dezember zu den normalen Öffnungszeiten des Landratsamts zu sehen.