"Ich bin voll geflasht!" Das Urteil einer 17-Jährigen fasst zusammen, wie der Liederabend des Lionsclub Hilaritas Balingen mit Opernsängerin Kerstin Wagner und Pianist Hironobu Fuchiwaki beim Publikum ankam. Foto: Thiercy Foto: Schwarzwälder-Bote

Konzert: Müller und Fuchiwaki begeistern in Balingen

Von Silke Thiercy

Balingen. "Ich komme nicht im Wallewallekleid", lachte Kerstin Wagner. Und machte damit alles genau richtig: Der Liederabend mit dem Pianisten Hironobu Fuchiwaki begeisterte das Publikum. Zur Klassik passen auch Jeans und Shirt, waren die Komponisten zu ihrer Zeit doch das, was heute Popstars sind.

Von wegen elitär und abgehoben: Die Zuhörer im evangelischen Gemeindehaus waren am Freitagabend schlicht und einfach hingerissen, wie frisch und modern Klassik sein kann. Veranstaltet hatte den Liederabend der Lionsclub Hilaritas Balingen, der Erlös geht an das Förderprogramm "Kindergarten plus". Für machen im Publikum war dies der erste Liederabend überhaupt, der letzte wohl nicht. Nina, 17 Jahre alt, brachte es in der Pause auf den Punkt: "Ich bin voll geflasht von der Stimme."

Klar, ein bisschen Knigge muss sein, wenn es um Mahler, Britten oder Loewe geht. Moderator Martin Münch hatte das Internet durchforstet und einen "Klassik-Knigge" gefunden. So solle man, wenn man sich nicht sicher sei, am besten nicht als erster klatschen und, anders als bei Heavy-Metal-Konzerten, auch nicht den Kopf schüttelnd vor der Bühne wirbeln.

Abgestimmt war die Liedauswahl auf Kinder und Frauen, die vom LC Hilaritas mit dem Abend vornehmlich unterstützt werden. Präsidentin Monika Althaus strahlte über die vielen Besucher. Und die wurden von Kerstin Wagner und Hironobu Fuchiwaki vom ersten Ton an gepackt. Was vielleicht auch daran lag, dass die beiden jungen Musiker eben nicht elitär und abgehoben daherkamen, vor allem aber an der hörbaren Freude, die die beiden am eigenen Musizieren hatten.

Fuchiwaki tanzte förmlich mit den Fingern durch die Interpretationen, verpasste mit seinem Spiel den bis zu 200 Jahre alten Liedern modernen Schwung. Doch, das waren Sahnestückchen, die die beiden dem Publikum servierten. Da ging es um Liebe. Um Leidenschaft und das, was Mütter heute noch kennen: Wie, zum Kuckuck, bring man ein nölendes Kind zum Schlafen?

Vor hundert Jahren reichte scheinbar die Drohung, einen Zerberus zu schicken. Das lebte Wagner in ihrer Darbietung: Mit Mimik, Gestik und vor allem glasklarer Stimme nahm sie das Publikum mit in die fernen Welten der Damen, der besorgten Mütter und der unerfüllten Liebe.

Klassik kann auch lustig sein. Wenn eine hungrige Katze auf die Maus lauert, die dann doch beschließt, nicht gefressen zu werden. Der Liederzyklus von Amy Beach, die einst selbst Wunderkind am Klavier war, zeigte: Gelacht haben die Menschen auch vor über 100 Jahren schon gern. Applaudiert vermutlich auch. In Balingen jedenfalls Minuten lang. Und nicht, ehe das Duo mit einer Zugabe den Abend beendete.