Bitte nicht: Der Balinger Gemeinderat will keine Umweltzone. Foto: Archiv

Luftreinhalteplan: Gemeinderat fordert vom RP Tübingen mit großer Mehrheit "mildere Mittel".

Balingen - Noch einmal kräftig debattiert hat der Balinger Gemeinderat am Dienstag über den vom Regierungspräsidium Tübingen (RP) geplanten Luftreinhalteplan für Balingen – und insbesondere über ein Papier mit wohl eher vagen Erfolgsaussichten: die Stellungnahme der Stadt zu den vom RP vorgesehenen Maßnahmen. Die überwiegende Mehrheit des Gremiums fordert damit nun "mildere Mittel", die ebenso eine Reduzierung der Luftschadstoffe, vor allem Stickoxid, bringen könnten.

Abgelehnt wird in der Stellungnahme, die nun ans RP geht, die Umweltzone für ganz Balingen sowie die Beschränkung des Tempos auf der Bundesstraßen-27-Ortsdurchfahrt in Endingen, ebenso eine mögliche künftige Pförtnerung sowie ein mögliches Lkw-Durchfahrtsverbot für die Endinger Ortsdurchfahrt.

Statt dieser angesichts des nur geringfügig überschrittenen Grenzwerts "unverhältnismäßigen Maßnahmen" schlägt der Gemeinderat eine Beschränkung des Verkehrs auf Tempo 30 in Endingen nur zwischen der Alten Balinger und der Lehrstraße vor. Ebenso zur Reduzierung der Schadstoffe beitragen soll eine Linksabbiegespur von der Ortsdurchfahrt in die Lehrstraße und zudem die künftige Tempo-30-Regelung auf der Wilhelmstraße in der Balinger City rund um den neuen Kreisverkehr. Ob sich das RP damit begnügen wird, ist offen.

Bernhard Rewes sagte namens der CDU, dass die Effekte einer Umweltzone für ganz Balingen sowie die durchgängige Tempo-30-Beschränkung in Endingen "minimal" seien. Für die Entlastung Endingens müsse weiter der Bau der Ortsumfahrung das Ziel sein. Dietmar Foth (FDP) bewertete die vom RP vorgeschlagenen Maßnahmen als "wirkungslos" und "Aktionismus". Auch Werner Jessen (Freie Wähler) bezeichnete die Vorschläge des RP als "völlig überzogen"; mildere Maßnahmen müssten unbedingt geprüft werden.

Ulrich Teufel (SPD) bewertete die Umweltzone als unverhältnismäßig; ganztags Tempo 30 auf der Endinger Ortsdurchfahrt sei aber gut vertretbar. So sah es auch Erwin Feucht (Grüne): Das sei schließlich auch der Wunsch der Endinger. Der entsprechende Antrag fand indes keine Mehrheit.

Oberbürgermeister Helmut Reitemann sagte, die Stadverwaltung habe ein großes Interesse daran, die Belastung Endingens durch den Verkehr zu mildern. Das bekräftigte Ortsvorsteher Thomas Meitza: Es müsse dringend etwas geschehen.

Das RP hatte unlängst zusätzliche Antworten an die Balinger Stadtverwaltung gesandt zur Frage eines Zusammenhangs zwischen dem Luftreinhalteplan und dem Verfahren zum Einsatz von Ersatzbrennstoffen bei der Firma Holcim im nahen Dotternhausen. Immer wieder wurde diesbezüglich gemutmaßt, dass Holcim einen deutlichen Anteil an den Luftschadstoffen habe. Das RP meint dazu, dass in Balingen der Verkehr mit 57 Prozent Anteil Hauptverursacher von Stickoxiden sei.

Anteil von Holcim und anderen Anlagen an Stickoxid bei vier Prozent

Der Anteil von Holcim am lokalen Stickoxidaufkommen betrage zusammen mit jenem von drei weiteren Anlagen im Umkreis nur insgesamt vier Prozent oder 1,8 Mikrogramm; die von Holcim geplante Erhöhung des Anteils von Ersatzbrennstoffen und die damit verbundene Absenkung des Emmissionsgrenzwerts für Stickoxide werde diesen Anteil sogar noch kleiner werden lassen.