Hell leuchtet es auf: "Nicht öffentliche Sitzung". Die Verhandlung gegen einen mutmaßlichen Vergewewaltiger aus Balingen findet am Landgericht hinter verschlossener Tür statt. Foto: Maier

Prozess wird ohne Öffentlichkeit verhandelt. Opfer war Ex-Freundin.

Balingen/Hechingen - Weil er eine junge Frau brutal vergewaltigt haben soll, steht ein 22-jähriger Balinger seit Montag vor Gericht - allerdings hinter verschlossener Tür. Der Vorsitzende Richter Breucker hat die Öffentlichkeit von der Verhandlung am Hechinger Landgericht ausgeschlossen.

Breucker begründete den Ausschluss zum einen damit, dass bei der Aussage des mutmaßlichen Opfers wohl Dinge zur Sprache kommen, deren öffentliche Darstellung und Erörterung deren schutzwürdige Interessen verletzen würden. Zum anderen, so Breucker, gehe es beim Angeklagten nicht nur um die strafrechtlichen Folgen, sondern auch um die Frage, ob der 22-Jährige dauerhaft in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht wird. In diesem Fall kann die Öffentlichkeit laut Gesetz ausgeschlossen werden. Der mutmaßliche Vergewaltiger ist derzeit bereits vorläufig in einer entsprechenden Einrichtung untergebracht.

Junger Mann aus Frommern in Justizkreisen gut bekannt

Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen jungen Mann aus Frommern. Die Tat, deretwegen er nun angeklagt ist, soll sich nach einem Diskobesuch zugetragen haben. Bei dem mutmaßlichen Opfer handelt es sich um die Ex-Freundin des 22-Jährigen; er soll sie mehrfach auf brutale Weise vergewaltigt haben.

Der junge Mann ist in Justizkreisen gut bekannt: Im Jahr 2011 war er Mitglied einer Jugendbande, die in der Region für Angst und Schrecken gesorgt hat. Angeklagt waren damals am Hechinger Landgericht 14 junge Männer aus Balingen und Umgebung. Die Liste der Anklage war lang, sie umfasste rund 50 Taten: Es ging unter anderem um Einbruchsdiebstähle, Raub, Körperverletzungen, Beamtenbeleidigungen und Sachbeschädigung.

Einer der Anklagekomplexe betraf damals die Serie von Vorkommnissen in Balingen, die im Mai und Juni 2012 für erhebliches Aufsehen gesorgt und eine Debatte darüber ausgelöst hatten, ob Balingen noch sicher sei: Die angeklagten Jugendlichen hatten damals Polizisten und die Sicherheitsleute der Firma DST Wolf aus Rangendingen tätlich angegriffen und verletzt und außerdem immer wieder beleidigt. Einem Polizisten hatte einer der Jungs bei einer Kontrolle seine zu einer Pistole geformte Hand an den Kopf gehalten und gesagt: "Ich würde dir jetzt gerne eine Kugel durch den Kopf jagen."

Kopf der Jugendbande

Der nun wegen der Vergewaltigung angeklagte junge Mann galt damals als Kopf der Jugendbande. Bereits als Strafunmündiger war er davor immer wieder polizeilich aufgefallen; rund 30 Straftaten hatte er auf dem Kerbholz. Das Jugendschöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Anderer verurteilte ihn im November 2012 zu einer Haftstrafe von fast vier Jahren.

Der junge Mann sagte damals im Verlauf der Verhandlung, ihm sei in der Untersuchungshaft klar geworden, dass er sein Leben ändern müsse. Richter Anderer gab ihm mit dem Urteilsspruch auf den Weg, dass er sich unbedingt "in den Griff" bekommen müsse, davon hänge sein weiterer Lebensweg ab.

Das Gericht äußerte damals indes auch Zweifel, ob das gelingen könne: Der Frommerner habe seine "gewalttätigen Impulse" nicht unter Kontrolle, er sei womöglich auf dem Weg zu einer Persönlichkeitsstörung. Alkoholeinfluss und der gewalttätige familiäre Hintergrund wurden angesprochen.

Wie sich das Leben des jungen Mannes und seine Persönlichkeit seit der Verurteilung 2012 entwickelt haben und wie es zu der nun ihm zur Last gelegten Vergewaltigungs-Tat gekommen ist, davon wird nach dem Ausschluss der Öffentlichkeit nur wenig ans Licht kommen. Zumindest die Konsequenzen aber werden bekannt: Die Große Strafkammer will am 8. April das Urteil sprechen. Öffentlich.