Gleich reihenweise bissen sich die Melsunger Angreifer, wie hier Michael Müller, an der HBW-Abwehr die Zähne aus. Foto: Eibner

Ersatzgeschwächter HBW Balingen-Weilstetten sorgt mit 28:23 gegen Melsungen für Überraschung.

In den erlauchten Kreis der Ü30-Mannschaften in der Handball-Bundesliga aufgestiegen ist der HBW Balingen-Weilstetten nach dem 28:23 (14:12)-Erfolg am mittwochabend gegen den Tabellensechsten MT Melsungen.

Ü30? Ja, denn zum ersten Mal seit die "Gallier von der Alb" in der Handball-Bundesliga spielen, haben sie in einer Saison über 30 Punkte eingefahren und nehmen nun vor dem letzten Saisonspiel am kommenden Dienstag gegen die Füchse Berlin (19 Uhr) mit 31:39 Zählern den elften Tabellenplatz ein.

Euphorisch feierten die 2280 Zuschauer in der Balinger Sparkassen-Arena nach dem schon sensationell anmutenden Sieg gegen Melsungen ihre Mannschaft. Mit einem 28:23-Erfolg war im Vorfeld der Partie alles andere als zu rechnen gewesen. Schließlich drückten HBW-Trainer Markus Gaugisch doch erhebliche personelle Probleme, musste er doch auf insgesamt sieben Akteure aus seinem Kader verletzungsbedingt verzichten, darunter Spielmacher und Nationalspieler Martin Strobel und Torjäger Olivier Nyokas. Doch der "Gallier-Häuptling" machte schon wie in den Spielen zuvor gegen Magdeburg und bei den Rhein-Neckar-Löwen aus der Not eine Tugend und setzte auf die Youngster aus dem Drittliga-Kader wie Patrick Weber, oder Jan Remmlinger, der bei seinem Bundesliga-Saisondebüt eine starke Leistung bot und sich gleich vier Mal in die Torschützenliste eintrug. "Ich habe vor drei Jahren zum letzten Mal drei Bundesligaspiele gemacht", sagt Remmlinger, "Deshalb habe ich mich ziemlich darauf gefreut. Ich war natürlich nervös, es war eine Mischung aus Emotionalität und großer Freude."

Doch gleich im ersten Angriff netzte der 21-Jährige zur 1:0-Führung des HBW ein. "Ein Großteil der Nervosität ist danach sofort abgefallen. Danach war es Spaß pur."

Weniger Spaß hatte Melsungens Trainer Michael Roth, der sich nach der Partie in der Pressekonferenz restlos bedient zeigte vom Auftritt seiner Mannschaft zeigte. "Der Sieg des HBW ist verdient", konstatierte der 53-Jährige, "Ich bin ein bisschen ratlos, warum die Mannschaft sich heute so präsentiert hat. Wir haben in allen Mannschaftsteilen keine gute Leistung gebracht. Wir haben, ähnlich wie gegen Göppingen keine stabile Abwehr stellen können, inklusive der Torhüter. Wir waren hinten sehr wacklig. Ich habe dann in der Abwehr umgestellt auf eine 5:1-Formation und wir sind bis zur Halbzeit auf 14:16 heran gekommen. In der zweiten Halbzeit in der entscheidenden Phase, als wir das Spiel dann vielleicht hätten drehen können, ging dann der Ball vorne nicht rein."

So musste Roth mit ansehen, wie seine Truppe am Ende mit 23:28 verlor. "Wir sind sehr enttäuscht, denn wir wussten, dass es in Balingen immer sehr hektisch ist und dass der HBW aufopferungsvoll kämpft. Angesichts der Verletztensituation hat Balingen über seine Verhältnisse gespielt. Bei uns war der Wille noch da, aber das Fleisch ist müde. Wir wirken einfach nicht frisch und deshalb waren wir einfach zu kopflos."

"Ich glaube wir haben viel von den gesehen, was uns schon das ganze Jahr ausgezeichnet hat", blickte Balingens Coach Gaugisch auf das Spiel zurück. "Wir haben wieder nur 23 Gegentore bekommen. Die Grundlage zum Sieg lag in der Deckung. Wir haben die körperliche Unterlegenheit durch unheimlich viel Laufarbeit und gegenseitige Hilfe wett gemacht. Für Melsungen war es deshalb schwer, freie Leute zu finden, da permanent der Druck da war. Was mir auch sehr gut gefallen hat, war das wir auf die verschiedenen Aufgaben immer Lösungen hatten. Spielfreude und Selbstvertrauen waren zu sehen. Es freut mich, dass wir diese Kleingruppen-Lösungen gefunden haben. Egal was Melsungen gespielt hat, wir hatten auf alles eine Lösung. Es freut für die Jungs, dass sie dieses Erlebnis mitnehmen können."

Ein weiteres Erlebnis steht für die "Gallier" noch aus, wenn am Dienstag zum Saisonfinale der frisch gebackene EHF-Pokalsieger Füchse Berlin in der "Hölle Süd" aufkreuzt. Vielleicht gelingt es dem HBW dann ja, vom Ü30- in den Kreis der "Ü32-Klubs" aufzusteigen..