Tobias Sammet und seine Musiker von Avantasia verlangen den Besuchern am Samstagabend noch einmal alles ab. Foto: Frank Engelhardt

Metalfamilie kennt keine Grenzen. Der 90-jährige Fritz Kutterer gibt auf dem Festival ein Ständchen.

Balingen - Die Bühne ist nicht zu sehen, doch die Bässe, die von den Boxen mit unbändiger Gewalt aufs Messegelände geworfen werden, sind in der Magengrube zu spüren – auch hier, etwas abseits im VIP-Bereich. "Muss i’ denn, muss i’ denn zum Städtele hinaus, Städtele hinaus..." Eine Melodie, so zart wie ein leichter Sommerwind, stellt sich dem brachialen Sound von der großen Open-Air-Bühne. Gegen die kreischenden Gitarren hat sie nicht den Hauch einer Chance, dennoch bahnen sich ihre Klänge einen Weg durchs Zelt.

Die Mundharmonika, von der dieses alte deutsche Lied ausgeht, gehört Fritz Kutterer. Der gebürtige Oberndorfer ist mit seinen 90 Jahren wohl der älteste Festivalbesucher in diesem Jahr. Und er ist nicht allein. Zusammen mit zwei weiteren Bewohnern eines Balinger Seniorenheims genießt er sichtlich die Abwechslung. Ein paar Tage zuvor hätte er sich das nicht zu träumen gewagt. Eine Mitarbeiterin des Seniorenheims nahm Urlaub, um beim Balinger Metal-Event zu arbeiten – und die Neugierde bei Fritz Kutterer und seinen beiden Mitstreitern war geweckt. Dann ging alles ganz schnell, innerhalb von zwei Tagen haben die Angehörigen der Senioren und der Veranstalter grünes Licht gegeben – und dem etwas anderen Seniorenausflug stand nichts mehr im Wege.

Nach einer kurzen Stärkung im VIP-Bereich bricht der Tross auf. Die drei Senioren sind zusammen mit drei Betreuern unterwegs und gehen nun auf das Gelände, mit Rollstuhl und Gehhilfe. Ganz langsam, ganz vorsichtig. Die Metalfamilie auf dem Messegelände empfängt die drei "Ersttäter" mit offenen Armen, vom anerkennenden Nicken bis zum kurzen Plausch reichen die Sympathiebekundungen. Und natürlich dürfen Bilder nicht fehlen. Fritz Kutterer strahlt übers ganze Gesicht, hebt seine Hand zum Metalgruß. Der ist gar nicht so einfach, doch mit etwas Hilfe gelingt er. Im kommenden Jahr, wenn das Bang Your Head sein Jubiläum feiert, möchte er natürlich wieder dabei sein. Fritz Kutterer schaut noch einmal kurz nach, ob seine Mundharmonika gut verstaut ist, dreht sich dann Richtung Bühne und lässt die neuen Eindrücke auf sich wirken.

Der dritte und letzte Open-Air-Tag beim Balinger Metal-Festival bietet wettertechnisch nicht viel Neues: Wolken, Regen und Sonne, immer schön abwechselnd. Das Wetterroulette macht auch nicht vor der letzten Band auf der großen Open-Air-Bühne Halt: Avantasia. Das All-Star-Projek von Tobias Sammet ist ein deutscher Exportschlager. Wieso? Das zeigt Sammet gerne auch am Fuß der Schwäbischen Alb, und zwar zusammen mit einer ganzen Reihe von hochkarätigen Gastsängern, darunter Bob Catley, Eric Martin und Herbie Langhans. Vielen Besuchern sind die anstrengenden Tage anzusehen, doch Tobias Sammet wird nicht müde, dem Publikum noch einmal alles abzuverlangen. Auch wenn seine bisweilen schnoddrige Art nicht bei jedem Fan zur vorgerückten Stunde gut ankommt. Während die einen noch einmal die letzten Kraftreserven mobilisieren, ist so mancher Festivalbesucher längst in seinem Zelt angekommen – und freut sich, dass die ersten Bands für die Jubiläumsausgabe im kommenden Jahr bereits feststehen.

DRK hatte kaum etwas zu tun.

Trotz der nicht gerade idealen äußeren Bedingungen hat das Deutsche Rote Kreuz beim diesjährigen Bang Your Head kaum einschreiten müssen. "Ein Mann hatte sich mit der Inhalation von Lachgas in eine gesundheitlich kritische Situation gebracht", sagt DRK-Einsatzleiter Jens Stingel. Der Mann musste am Donnerstagabend nach der notärztlichen Untersuchung vor Ort in eine Klinik. Aufregung herrschte auch am Samstagabend im Behandlungsbereich. Ein 22-Jähriger klagte über Unwohlsein und musste vom behandelnden Notarzt überzeugt werden, sich untersuchen zu lassen. Während der Untersuchung ging der Patient schnell in einen lebensbedrohlichen Zustand über. "Mit Verdacht auf eine akute Herzerkrankung brachten wir den Mann in eine Klinik", erklärt Kreisverbandsarzt Dr. Severin Neher.

In der Summe zählte das DRK 276 Hilfeleistungen, 16 Festivalbesucher kamen in die Klinik. Bereits von Mittwoch bis Donnerstag gab es 92 Hilfeleistungen. Allein am Freitag waren bis zur Nacht erneut 91 Patienten beim DRK. Mit gut 50 DRK-Helfern gilt der Sanitätswachdienst beim Bang Your Head als eine der größten Veranstaltungen im Zollernalbkreis.

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