Im Gespräch mit den Mitarbeitern des Migrationszentrums in Balingen: Annette Widmann-Mauz (CDU), Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder Bote

Integration: Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) besucht Migrationszentrum der Diakonie

Balingen -Seit März ist sie Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Jetzt hat sich Annette Widmann-Mauz (CDU) im Migrationszentrum der Diakonischen Bezirksstelle Balingen mit denen getroffen, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren.

Wann beginnt Integration? Die Antwort ist klar: Sie beginnt am ersten Tag. Egal, ob der Neuankömmling aus einem sicheren Herkunftsland kommt und bald wieder gehen muss, oder ob er gute Bleibeperspektiven hat. Das wurde im Gespräch deutlich. Integration ist nicht abgeschlossen mit dem »Dach über dem Kopf«, sondern ist ein langfristiger Prozess. Und  da setzt die Arbeit des Migrationszentrums ein: In der   Flüchtlingssozialarbeit, im Integrationsmanagement sind die Mitarbeiterinnen aktiv, aber auch in der Verfahrens- und Rückkehrberatung.Das Thema Integration brennt auf den Nägeln – in Zeiten, in denen   man von »Abschiebungsverhinderungs-« und »Asylindustrie« rede und  sogar »der Deutschen liebstes Kind«, der Fußball, in die Debatte hereingezogen werde.

Auseinandersetzungen? Ja, die  gebe es auch innerhalb der Regierung, räumt die CDU-Politikerin ein. »Aber es wird hart an der Lösung der Probleme gearbeitet.« Sie betont: »Was wir an Zuwanderung haben, kann ein  starkes Stück Deutschland werden.« Ihre Einschätzung: »Es wird zu wenig über die Erfolge geredet.«Wichtig sei es, beide Seiten zu betrachten – die Aufnahmegesellschaft und »die, die zu uns kommen«. Es gelte, Vertrauen zu schenken und die Neuankömmlinge über ihre Rechte zu informieren: »Das ist eine wichtige Arbeit, damit Zusammenhalt gelingt.«

Im Gegenzug müsse auf der anderen Seite aber auch eine Bereitschaft zur Integration vorhanden sein. In jedem Fall müsse der Einzelne gesehen werden, der Mensch, und nicht die Statistik. »Bieten wir das Richtige an? Müssen ein syrischer Arzt und ein somalischer Landarbeiter durch den gleichen Kurs gejagt werden?«Erste Erfahrungswerte gebe es, verweist die CDU-Politikerin auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt und die Rückmeldungen von Seiten der Wirtschaft. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Flüchtlinge sei  um mehr als 36 Prozent gestiegen.Erfolge gebe es, bestätigt Diana Schrade-Gekeler von der Diakonischen Bezirksstelle. Aber aus heutiger Sicht stehe fest: Mit der klassischen Ausbildung von zwei bis drei Jahren sei es nicht getan. Es müsse von einem anderen Zeithorizont ausgegangen werden – von fünf oder sechs Jahren. Und eine langfristige Perspektive fehlt: »Wo wollen wir hin? Wie sieht es in zehn bis 15 Jahren aus? Unsere Kinder werden damit umgehen müssen, wie wir das heute stemmen«, fasste Widmann-Mauz zusammen. Und die Einstufung in »sichere Herkunftsstaaten« sei eine notwendige Lösung.

Nicht richtig findet Dekan Beatus Widmann, dass häufig die Perspektive fehle: »Wir brauchen Sicherheit, auch was die Einstellungsgespräche betrifft.« Was man brauche, seien »keine  populistischen Scheinlösungen, sondern gute Allianzen«.  Geld, versichert die CDU-Politikerin, sei genug da.  Der Betrag werde  nicht gekürzt, obwohl die Flüchtlingszahlen stark rückläufig seien.Diana Schrade-Gekeler fügt hinzu, dass die Verfahrens- und Rückkehrberatung künftig nicht mehr bei den freien Trägern, sondern nur noch beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAMF) angesiedelt sein soll: »Das finden wir gar nicht integrativ, denn bei der Verfahrensberatung kommt alles an, was diese Menschen mitbringen.« Warum also etwas wegnehmen, das sich bewährt hat? Man leiste auch »Übersetzertätigkeit«, helfe den Menschen, zu verstehen, dass sie keine Bleibechancen hätten, aber dennoch Hilfe bekommen: »Offenheit ist wichtig.«Philipp Neurath, der bei der Diakonie  für das Integrationsmanagement zuständig ist, betont, dass sich eine Kooperation mit dem BAMF bereits in der Landeserstaufnahmestelle als fruchtbar erwiesen habe. Man handle bei der Diakonie keineswegs blauäugig, aber es gebe eine bestimmte Richtung: »Wir sind Anwälte für das Menschliche, wir können nicht zusehen, wenn Menschen ertrinken«, sagt  Dekan Widmann. Auf diese Rolle sei er stolz und wolle sie »gerne weiterdenken«. Und: »Wir warten auf Signale.«