In die Flaschen kommen auch Schlehen von der Alb, das Design stammt aus der Feder der Balinger Designerin Petra Penz. Foto: Thiercy

Sie brennen gemeinsam fürs Brennen: Balingerin Dagmar Frangenberg kreiert mit ihrem Mann in Köln Spirituosen.

Balingen/Köln - Ein lauer Abend in Köln. Nach einem guten Essen gönnen sich Dagmar und Michael Frangenberg einen Gin aus der Kollektion, die er auf der ganzen Welt bei seinen Reisen zusammengetragen hat. Natürlich mit Tonic, schmeckt sonst nicht. Und dann haben die beiden die Schnapsidee: "Es muss doch möglich sein, Gin zu machen, den man pur trinken kann!" Es ist möglich. Die gebürtige Balingerin und ihr Mann haben mit "Ginsanity" ihre eigene Destillerie im Herzen von Köln – und exklusivem Vertrieb in der alten Heimat.

"Wir mussten uns da reinfuchsen", erinnert sich Dagmar Frangenberg an die ersten Brennversuche vor drei Jahren. In der heimischen Küche hatten sie eine kleine Brennblase, setzten den ersten Gin an. Das Ergebnis? "Eine Katastrophe." Und genau das hat die beiden dann angestachelt.

Neben ihren eigentlichen Berufen – zuletzt war die 47-jährige Mutter einer Tochter bei der Produktion einer Doku über den Jim-Knopf-Film beteiligt – laborierten sie an immer neuen Rezepturen. Der Freundeskreis nannte sie liebevoll "bekloppt", dass sie neben den Fulltime-Jobs und der Familie nun auch noch unter die Schnapsbrenner gingen. "Für uns als Paar war das auch ein sehr dynamischer Prozess, gemeinsam etwas zu entwickeln", erklärt Dagmar Frangenberg.

Sie wird noch persönlicher. Denn seit dem Tod des Vaters, kurz nach dem Abitur am Balinger Gymnasium, hat sie die Heimatstadt gemieden. Zu schmerzlich waren die Erinnerungen. Und nun ist es ausgerechnet der Gin, der sie zurück zu den eigenen Wurzeln führt.

Aber von vorne: Im Nachbarhaus wurden Kellerräume frei. Eine Anwohnerin brachte das Paar auf die Idee, dort eine Destillerie einzurichten. Nach Abnahme durch Gesundheitsamt und Zoll war der Weg frei: "Ich habe mir dann überlegt, wer ein gutes Design machen könnte für unsere Etiketten." Sie kam auf ihre ehemalige Klassenkameradin Petra Penz, die in Balingen eine Werbeagentur betreibt.

Die "Schwaben-Connection", wie Frangenberg scherzhaft sagt, zog Kreise. Christian Stumpp aus der alten Clique war einer der ersten Vertriebspartner. Mit alten Weggefährten waren die "Gintastiker" auf der Alb unterwegs, um Schlehen zu sammeln. Frangenberg kann sich in der Heimatstadt wieder wohl fühlen. Auch weil sie mit ihrem Mann an der Seite und all den Begegnungen rund um den Gin hier neue, tolle Erinnerungen schaffen könne. "Jeden Tag ergibt sich für mich etwas Neues, mit dem ich nie gerechnet hätte", erzählt Dagmar Frangenberg.

TV-Jobs nimmt sie im Sommer keine an, kümmert sich allein um "Ginsanity". Auch wenn die Flaschen mittlerweile nicht mehr von Hand beklebt werden müssen, hat sie jede Menge zu tun. Die Homepage muss gepflegt werden, sie hält über Facebook Kontakt zu Fans ihres Gins, präsentiert die Marke auf Märkten. Oder besucht den Getränkehändler Mebold, den exklusiven Ginsanity-Großhändler für den Zollernalbkreis.

Frangenberg lacht auf die Frage, was genau es nun ausmache, dass ihr Gin auch pur schmeckt: "Das ist natürlich unser Geheimnis!" Was sie verrät, ist ein typischer Tag in der Destillerie: Am Vortag setzt Michael Frangenberg das Mazerat an. Diese Basis enthält Wachholder. Ingwer. Und, anders als üblich, nicht nur Limettenschalen, sondern auch das Fruchtfleisch.

Anders als viele andere Hersteller machen Frangenbergs kein Geheimnis aus den Zutaten wie Pfeffer, Chilischoten oder Koriander. Die Verhältnisse und die Lagerzeit während des Mazerierens oindes – das bleibt geheim. Macht genau das doch den einzigartigen Gin aus. Und wenn am Ende eines jeden Brennvorgangs 60 Flaschen nach zwei jeweils sechsstündigen Brennvorgängen vor den Beiden stehen, stecken darin viel Handarbeit, viel Leidenschaft und dieses gewisse Etwas, nach dem Frangenbergs drei Jahre lang gesucht haben.

Was Dagmar Frangenberg verrät ist, wie man das Ergebnis ihrer schwäbisch-kölnischen Produktion genießen sollte: "Den ersten Schluck sollte man pur nehmen, ohne Eis und alles. So bekommt man ein Gespür für diese weiche Spirituose." Der Gin ist und bleibt allerdings hochprozentig. Wer den Abend nicht frühzeitig unterm Tisch beenden will, sollte sich Zentiliter um Zentiliter an die für ihn richtige Mischung mit Tonic herantasten.

Übrigens sagt heute keiner der Freunde mehr, dass das Paar spinnt. Im Gegenteil – keinem kommt mehr ein anderer Gin ins Glas als der mit dem außergewöhnlichen Etikett von "Ginsanity".