Die Kandidaten Peter Seifert (links) und Helmut Reitemann auf dem Podium. Viele hundert Balinger hörten sich am Freitagabend an, was die beiden zu sagen haben – viele stellten zudem Fragen an den Oberbürgermeister und den Herausforderer. Foto: Maier

Parkplätze, Wohnraum, volksbankmesse: Reitemann und Seifert müssen auf dem Podium einiges beantworten.

Balingen - "Ich bitte Sie um die Fragen!" Diese Aufforderung richtete Bürgermeister Reinhold Schäfer an die Zuhörer in der Stadthalle, nachdem am Freitagabend die Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl, Amtsinhaber Helmut Reitemann und Herausforderer Peter Seifert, sich und ihr Programm vorgestellt hatten. Und die Balinger ließen sich nicht zweimal bitten.

Bei den an beide Bewerber gerichteten Fragen lagen die Antworten zum Teil nicht weit auseinander. So verwiesen sie bei dem Wunsch eines Zuhörers, dass in Balingen mehr Erholungs- und Erlebnisflächen geschaffen werden sollen, auf die für 2023 geplante Gartenschau.

Einig sind sich beide, dass für die Jugendlichen in Balingen noch viel zu tun sei, wobei Reitemann darauf verwies, dass in den vergangenen Jahren nicht nur der Jugendtreff in Endingen eingerichtet wurde, sondern es nun in allen weiterführenden Schulen Ganztagsbetreuung und in allen Ferien Angebote für Kinder und Jugendliche gebe. Für Seifert ist es wichtig, dass die Jugendlichen ernst genommen und respektiert, sie vor allem mitgenommen werden, wobei er auch auf Wohnformen setzt, bei denen Ältere mit Jüngeren zusammen leben.

Am Herzen liegt beiden außerdem, dass es mit Fair Trade in Balingen weitergeht. In dieser Sache sei seine Unterstützung "absolut", versicherte Seifert. Auch wenn schon einiges auf den Weg gebracht sei und Balingen zum zweiten Mal das entsprechende Siegel erhalten habe, will Reitemann Fair Trade noch weiter voranbringen und strebt eine engere Zusammenarbeit mit den Schulen an.

Hinsichtlich der Bereitstellung von genügend Wohnraum für Geringverdiener gingen die Meinungen auseinander. Während nach Ansicht Helmut Reitemann dafür Programme notwendig seien, wie sie es in früheren Jahren gegeben habe – Ansätze dafür gebe es –, will Seifert sich dafür einsetzen, dass bei der Vermietung neuer Wohnungen die Entstehungskosten herangezogen und nicht auch noch mögliche Gewinne mit einberechnet werden.

Auch das Parkplatzproblem, das bei der Bebauung des Mühltorplatzes und des Hinteren Kirchplatzes wohl entsteht, wollen die Kandidaten verschieden lösen. Seifert spricht sich für Car Sharing – ein Fahrzeug ersetze zehn Parkplätze – und ein "intelligentes Verkehrskonzept aus", Reitemann will mit Tiefgaragenplätzen und zusätzlichen Stellplätzen eventuelle Engpässe "abfedern". Denn es sei nicht sicher, ob Konzepte, die es in Großstädten gebe, in Balingen ebenfalls greifen.

Sensibel sei mit Altbausubstanz umzugehen, riet Seifert, als es darum ging, wie verhindert werden könne, dass Balingen weiter sein Gesicht verliert, wie ein Fragesteller befürchtete. Alte Gebäude dürften nicht so lange vor sich hingammeln, bis nur noch ein Abriss in Frage komme. Ein solcher lasse sich nicht in allen Fällen verhindern, denn nicht jede Bausubstanz können erhalten werden, meinte Reitemann. Außerdem bestehe Bedarf nach Wohnraum "nach heutigem Standard". Ist die Entscheidung aber für einen Neubau gefallen, werde stets darauf geachtet, dass er sich ins Ortsbild einfüge.

Nach den Fehlern und Leistungen des jeweiligen Kontrahenten befragt, warf Seifert Reitemann "Kommunikationslosigkeit" vor. Der Amtsinhaber habe viel abgearbeitet, was sein Vorgänger auf den Weg gebracht habe. Er, Seifert, könne nicht viel lesen, was die Handschrift Reitemanns trage. Dieser wiederum wollte keine Einschätzung vornehmen, weil alles, was "in meiner Zeit" auf den Weg gebracht worden sei, "gemeinsam" geschehen sei: "Es ist nicht mein Werk, sondern unser Werk." Eine Bewertung seiner Leistungen müsse die Bürgerschaft treffen.

Unvermeidlich war letztlich die Frage an Reitemann: "Wann werden sie ein Balinger?", worauf er antwortete, dass es seinen Einsatz nicht schmälere, wenn seine Familie in Hohentengen wohne. Sie sei dort verwurzelt. Und weiter: "Ich bin mehr in Balingen als mancher Balinger, der auswärts arbeitet."

Auch mit dem Thema volksbankmesse sah sich Reitemann konfrontiert. Er gab zu, dass es "Versäumnisse" bei Abrechnungen gegeben habe. Doch die Stadt sei "auf keinen Kosten sitzen geblieben".

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Bürgermeister Reinhold Schäfer darauf hingewiesen, dass Bernd Hempel Widerspruch dagegen eingelegt habe, dass er nicht als Kandidat zur Wahl zugelassen worden sei. Hempel habe dennoch keinen Kandidaten-Status und damit auch kein Rederecht erhalten. Der Wahlausschuss werde sich mit dem Widerspruch befassen und voraussichtlich dem Regierungspräsidium zur Entscheidung vorlegen.