Bastian Sick liest in der Montagsausgabe des Schwarzwälder Boten. Foto: Klebitz Foto: Schwarzwälder-Bote

Der Deutschlehrer der Nation versucht sich in der Balinger Stadthalle vergeblich als Schlagersänger

Von Julia Klebitz

Balingen. Er selbst war Kult. Der Titel seiner Buchreihe ist zum Sprichwort geworden. Für den Genitiv hat Bastian Sick viel Gutes getan. Der Journalist und Autor hat Lust darauf gemacht, sich mit Sprache zu befassen.

Den Titel seiner Bühnenshow "Füllen Sie sich wie zu Hause" möchte man in Balingen zeitweise aber wörtlich nehmen. Und das nicht nur um den "Geist mit Bildern, Geschichten und Pointen zu füllen", wie Sick sagt.

Zu Beginn der Veranstaltung bekommen die Zuschauer einen zwölfminütigen Werbefilm darüber zu sehen, was der 49-Jährige alles erreicht hat. Wie er es aus dem Archiv des Spiegel-Verlags, in dem er Bilder in Aktenschränke sortiert hat, zu seiner eigenen Kolumne geschafft hat, zur Buchreihe "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod", und zum Bestsellerautor.

Dann erst begrüßt Sick seine "Schüler" in Balingen zu einer Doppelstunde Deutsch. Auch ein paar wenige tatsächliche Schüler sitzen im Publikum.

Die Reise durch den Irrgarten der deutschen Sprache beginnt mit einer kurzen Lektion Schwäbisch. In einer Buchhandlung hat Sick ein paar Postkarten mit schwäbischen Zitaten gekauft, erzählt Sick. "S’ isch so wie’s isch", versucht der Sprachliebhaber zu artikulieren. Mit dem hiersigen Dialekt hat der Norddeutsche es nicht so.

Schnell begibt Sick sich auf sicheres Terrain. Er erklärt die sprachliche Herkunft der Spinatwachtel, des Pleitegeiers, von Hühneraugen und anderem Federtier. Sick trägt ein Gedicht im und über den Konjunktiv vor, er lässt sich über Worte mit der Vorsilbe "ver-" aus und fragt in einem Lied, warum lieben nur so oft mit "ver-" geschrieben werde.

Wenn Sick singt, fragt sich mancher, ob er das ernst meint. Vor allem, wenn er sein Liebeslied an die deutsche Sprache singt: "Keine andere Sprache dieser Welt bringt zum Ausdruck, was mir so an dir gefällt. In keiner andren Sprache sage ich: Ich liebe dich."

Ja, er ist ein Hüter der Sprache, liebt Gedichte, Mireille Mathieu, und hat schon mit Udo Jürgens gearbeitet. Aber sein Versuch, sich auf der Bühne als Schlagersänger zu geben, ist an diesem Abend eher ein vergeblicher.

Immer wieder dürfen die Zuhörer bei Sprachrätseln mitraten und -grübeln, die Sick ihnen stellt. Manche kennt man schon aus den Büchern, andere sind neu.

Auch Sicks gesammelte Fotos von Sprachirrtümern kommen an. Die "Buttermilch von der Bäuerin" etwa oder der "Kinderhackbraten". Gleich 13 Fehler entdecken die Zuschauer auf dem Schild eines Supermarkts. Zur Belohnung gibt es von Sick für jede richtig gelöste Sprachaufgabe eine Postkarte.

"Hör mal uff jetzt", steht auf der letzten. Vielleicht ist es besser so. Im Foyer signiert Bastian Sick noch einige seiner Bücher. Viele Besucher kaufen gleich mehrere.

Sicks Bücher sind lustig und lehrreich zugleich. Das muss man als Autor erstmal schaffen. Auch seine etwas längeren Abhandlungen über die verzwickte deutsche Sprache lesen sich gut und leisten, auch wenn mancher Linguist das anders sieht, einen Beitrag, wenn es um den Erhalt der Sprache geht. Seine Bühnenshow allerdings könnte – zumindest für manche seiner Anhänger – dem Bastian Sick sein Kult sein Tod sein.