Der Balinger Bahnhof - ein Kriminalitäts-Schwerpunkt? Foto: Rousek

Peter Seifert ärgert sich über Kriminalität am Bahnhof. Leserbrief erreicht riesige Resonanz. Mit Video

Balingen - Ein warmer Luftzug kommt einem entgegen, wenn man die Bahnhofshalle in Balingen betritt. Ein Adventskranz hängt von der Decke, auf Bänken sitzen Passagiere, die auf ihren Zug warten. Im Vergleich zu vielen anderen Bahnhöfen wirkt der in Balingen geradezu einladend. Gefeit vor den "typischen" Bahnhofsproblemen - Randalierer, Betrunkene, Drogenkonsum - ist er trotzdem nicht, wie der Besitzer Peter Seifert beklagt.

Gerade in den vergangenen Monaten habe es öfter Probleme gegeben. Inbesondere mit Flüchtlingen. Konsequenzen? Fehlanzeige. Die Frustration darüber hat Seifert in einem Leserbrief niedergeschrieben, der für großes Aufsehen gesorgt hat. Inwzischen ist der Text sogar in überregionalen Zeitungen wie Welt und Focus erschienen, wurde von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer geteilt und erntete reihenweise zustimmende Kommentare.

Auslöser für das Schreiben der wütenden Zeilen war ein Vorfall, bei dem ein Asylbewerber angetrunken im Außenbereich des Cafés "La Gare" randaliert hatte. Mit größter Mühe versuchten Seifert, seine Kollegen sowie Passanten, die das Gesagte sogar in die Sprache des Randalierers übersetzen konnten, ihn zu beruhigen. "Er hat sich davon aber überhaupt nicht abhalten lassen. Dann haben wir irgendwann die Polizei gerufen", erzählt der Bahnhofsbesitzer. Die Beamten nahmen den Asylbewerber mit, um seine Personalien zu aufzunehmen - "und eine dreiviertel Stunde später stand er wieder da", echauffiert sich Seifert. Das habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Denn schon im vergangenen Jahr war es immer wieder zu ärgerlichen Zwischenfällen mit betrunkenen Asylbewerbern gekommen. "Da war fünf Tage lang von morgens bis abends eine Gruppe Marokkaner, die Schnaps getrunken und Passanten angepöbelt haben, über die Gleise gelaufen sind, was man eigentlich ahnden müsste. Es ist aber nichts passiert", so sein bitteres Fazit. Ebenso wenig wie bei mehreren Drogendeals, die ganz offensichtlich an den Gleisen stattgefunden haben. "Ich habe bei der Deutschen Bahn nachgefragt, ob ich wenigstens eine Überwachungskamera  aufhängen kann, aber die meinten, das geht nicht."

Doch was tun, damit der Bahnhof, den Seifert so gemütlich wie möglich zu gestalten versucht, nicht wieder Schauplatz krimineller Vorfälle wird? "Um die Situation zu ändern, müsste man nicht schärfere Gesetze machen, sondern die Gesetze endlich mal anwenden", meint er. Seine Wut über die Asylbewerber, die ihre wahre Identität verschweigen, jahrelang prozessieren und am Ende doch nicht abgeschoben werden, ist beinahe grenzenlos. "Wir müssen unsere Ressourcen bündeln, um denjenigen zu helfen, die tatsächlich verfolgt sind", betont Seifert. Das Bedauerliche sei jedoch, dass in der Gesellschaft und auch in der Justiz - gerade bei Flüchtlingen - sehr oft weggeschaut werde. Seifert sieht darin gar den Verlust eines gesellschaftlichen Wertekonsens. Der Bahnhofsbesitzer redet sich in Rage. "Die Leute sind bei mir willkommen, die können auch was trinken, was sie nicht bei mir gekauft haben. Da habe ich gar nichts dagegen", erklärt er. "Wogegen ich aber was habe sind Leute, die meinen, sie können tun und lassen, was sie wollen - und das auf unsere Kosten. Da hab ich irgendwann die Schnauze voll!"

Michael Schlüssler, Leiter des Polizeireviers in Balingen, dementiert den Vorwurf, dass die Polizei bei Asylbewerbern Gnade vor Recht walten lasse. "Vor dem Gesetz und auch bei der Polizei sind alle gleich, ob es deutsche Bürger sind oder ausländische - das Gesetz macht da keinen Unterschied", erklärt er. Dass der Randalierer so schnell wieder auf freien Fuß kam, habe schlicht und einfach daran gelegen, dass niederschwellige Straftaten, wie beispielsweise Sachbeschädigung oder Beleidigung, kein Grund seien, jemanden in Haft zu nehmen. "Wir halten uns an geltendes Recht", betont er. 

Schlüssler hat jedoch Verständnis dafür, dass Seifert sich über dir Geschehnisse ärgert. "An einem Bahnhof ist natürlich mehr los als in einem Wohngebiet. Aber im Vergleich zu anderen Bahnhöfen ist die Kriminalität in Balingen im Durchschnitt, teilweise sogar im unterdurchschnittliche Bereich."