Wählerisch: Alle größeren Farbeimer haben die nächtlichen Eindringlinge abgeräumt und nur die kleineren zurückgelassen. Foto: Haier

Für Familie Veith kommt's knüppeldick: Zwei Einbrüche und Brand in Hallenraum. Polizei verstärkt Präsenz.

Baiersbronn-Mitteltal - Erst sucht die Diebesbande, die seit Wochen in Baiersbronn ihr Unwesen treibt, sie gleich zweimal heim, dann brennt es auch noch im angemieteten Lagerraum im Nachbargebäude. Bei Martin und Marion Veith liegen die Nerven blank. Manches haben sie in den letzten vier Wochen verloren – aber nicht ihren Humor.

Dass sich ein Maler- und Lackierbetrieb auch von außen in bunten Farben präsentiert, ist an sich nicht ungewöhnlich. Der von Martin Veith in der Max-Eyth-Straße in Mitteltal besticht zusätzlich durch seine Architektur. Die Fenster an der Front etwa gehen weit in die Breite und kaum in die Höhe. Gleich vier davon werden in der Nacht zum 21. November eingeschlagen. "Es muss ein Schmaler gewesen sein", stellt Veiths Ehefrau Marion zum Einbrecher trocken fest. Wie auch ihr Mann hat sie sich eine Art Galgenhumor bewahrt. Den brauchen die beiden auch in diesen Tagen.

Im Lagerraum werden nur Sandstrahlarbeiten ausgeführt, lackiert wird im Betrieb selbst

Bei diesem ersten Einbruch haben es die Täter auf Bargeld abgesehen. Mehrere Hundert Euro nehmen sie mit, nachdem sie zuvor die Bürotür aufgebrochen, Schubladen und Behälter durchsucht haben. "Sie haben mehr kaputt gemacht als mitgenommen", sagt Marion Veith. An der Stahltür, die den Verkaufs- mit den Werkräumen verbindet, scheitern die Täter. Noch.

13 Tage später sind sie zurück. Sie kommen – anders als beim letzten Mal – durch die Seitentür. Über die Werkräume gelangen sie von hinten zur Stahltür, die diesmal der rohen Gewalt nicht standhält. Am nächsten Morgen sind die Regale im Verkaufsraum fast leer. Die Täter sind wählerisch. Große Farbeimer werden abgeräumt, kleinere bleiben zurück. "Beim zweiten Mal waren sie gezielt aufs Material aus", sagt Martin Veith – Farbe im Wert von 10.000 Euro. Vor Weihnachten will er die Regale nicht mehr auffüllen. Und wer sich bei seiner Frau nach ihrer Funktion im Betrieb erkundigt, erhält, verbunden mit einem süffisanten Lächeln, die Auskunft: "Ich mache das Büro – und die Einbruchsbearbeitung."

Viele Geschäftsleute in der Gesamtgemeinde, ebenfalls Opfer der Bande, können seit einem Monat ähnliche Geschichten erzählen: in Mitteltal ein Schreiner, ein Ladenbesitzer und – besonders schwer getroffen – der Inhaber eines Fahrradgeschäfts, in Klosterreichenbach ein Zimmerer und ein weiterer Firmeninhaber, in Schönmünz-ach ein Bäcker und ein Schreiner, in Baiersbronn mehrere Firmenbesitzer. Dazu kommen Einbrüche in die Räume der Ortschaftsverwaltung und des DRK in Huzenbach und in eine Wohnung in Mitteltal. Gestohlen werden Bargeld, Waren, sogar Fahrzeuge.

Die Polizei hat die "Ermittlungsgruppe Murgtal" eingerichtet. Sie ermittelt wegen Bandendiebstahls. Mehrere Spuren führen nach Frankreich. Ein Mann, in Mitteltal auf frischer Tat ertappt, sitzt in Untersuchungshaft. Die anderen kommen derweil zurück nach Baiersbronn, zuletzt in der Nacht zum vergangenen Montag. Fahrzeuge mit französischen Kennzeichen, im Allgemeinen in der Feriengemeinde stets willkommen, werden plötzlich argwöhnisch beäugt.

Martin und Marion Veith bleibt das Pech an den Hacken kleben. Ihr Betrieb, 2010 in den Neubau in der Max-Eyth-Straße verlegt, ist schon zu klein geworden. Vor Kurzem haben sie nebenan in einer Gewerbehalle einen Lagerraum angemietet. Dienstagabend in dieser Woche dann der nächste Vorfall: ein Brand im Lagerraum. Ein Lichtstrahler hat sich zu stark erhitzt, eine Pressholzplatte fängt Feuer. Schnell raucht es gewaltig in der gesamten Halle. Durch Zufall bemerkt ein Mitarbeiter einer Firma, die ebenfalls einen Raum in der Halle angemietet hat, den Brand und alarmiert seinen Chef, den Abteilungskommandanten der Feuerwehr Mitteltal, Hartmut Braun. Er löscht den Brand, den Rest erledigt das Großaufgebot der hinzugerufenen Abteilungen Mitteltal und Baiersbronn.

Am nächsten Morgen neue Aufregung: Von einem Brand in einer Lackierkabine – eine Information der Feuerwehr – in einem Malerbetrieb – eine Information der Polizei – ist in der Zeitung die Rede. Beides falsch, stellt das Ehepaar Veith klar. Gebrannt habe es im Lagerraum, also nicht im Betrieb. In der benachbarten Halle würden nur gelegentlich Sandstrahlarbeiten ausgeführt. "Das Lackieren geschieht alles im Gebäude nebenan", betont Martin Veith, "hier ist der Betrieb." Alles andere ließen die strengen Vorschriften fürs Lackieren gar nicht zu. Zudem sei für eine Sandstrahlkabine die im Polizeibericht erwähnte Isolierung nicht vorgeschrieben.

"Das Ganze war ein Riesenglück im Unglück", sagt Martin Veith zu dem Brand, der glimpflich abging. "Tausendmal schlimmer" seien die Einbrüche. Unsicherheit breitet sich überall aus im oberen Murgtal. Längst auch bei den Veiths, erst recht vor Weihnachten. "Du musst Angst haben, wenn du zwei Tage nicht mehr runter kommst", sagt der Firmeninhaber, der in Obertal wohnt.

Info: Ermittlungsstand

Der am 4. Dezember in Mitteltal festgenommene Mann ist nach wie vor in Untersuchungshaft. Das bestätigte ein Polizeisprecher gestern auf Anfrage unserer Zeitung. "Was in dieser Nacht war, hat viele Zusammenhänge hergestellt zu anderen Delikten", so der Sprecher.

Die beim Kriminalkommissariat Freudenstadt eingerichtete Ermittlungsgruppe Murgtal besteht aus vier bis fünf Beamten. Die Gruppe tauscht sich permanent mit anderen, in Rottweil und Offenburg angesiedelten Ermittlungsgruppen aus, so der Polizeisprecher, etwa was die Arbeitsweise der Täter bei dortigen Einbrüchen oder die vielen Hinweise aus der Bevölkerung, gerade aus Baiersbronn, angeht. "Im Moment werden Zusammenhänge auch im überörtlichen Bereich geprüft."

 Die Polizei will in den nächsten Tagen und Wochen ihre Fahndungsmaßnahmen fortführen und weitere einleiten. Ein taktisches Konzept liege vor, Kräfte seien genug da. "Es werden in diesem Jahr noch mehrere Kontrollmaßnahmen durchgeführt", so der Sprecher, "die Ermittlungen werden sich noch bis in den Januar hinziehen." Die Ermittlungsgruppe habe Beweise für verschiedene Zusammenhänge gesichert. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass ein guter Ermittlungserfolg dabei herausspringt." Bis dahin arbeite die Polizei daran, das subjektive Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung zu stärken. Weitere Einzelheiten will die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht nennen.

Ansprechpartner bei Fragen rund um den Sicherheitsschutz ist Christof Fleig von der Polizeidirektion Rottweil, Telefon 0741/477301.