Dialektforscher Hubert Klausmann. Foto: Klausmann Foto: Schwarzwälder Bote

Vortragsreihe: Dialekte und Dialektforschung in Baden-Württemberg

Baierbronn. Mit einem beeindruckenden Vortrag des renommierten Dialektforschers Hubert Klausmann aus Tübingen endete die Vortragsreihe des Heimat- und Kulturvereins in Baiersbronn für diesen Winter.

Dass mit "Hochdeutsch" einst die Sprache Süddeutschlands bezeichnet wurde, im Gegensatz zu "Niederdeutsch" in Norddeutschland, war vielleicht für manche Zuhörer eine neue Information. Und: "Hoch" kommt nicht von höherstehend, sondern ist eine topografische Bezeichnung, weil hier die Berge einfach höher sind als im norddeutschen Flachland.

Die süddeutschen Mundarten müssen sich nicht hinter den Mundarten des Nordens verstecken, und dass in Hannover "das reinste Hochdeutsch" gesprochen werde, sei ein nicht auszurottendes Vorurteil, so der Referent. Interessiert folgten die Zuhörer seinen Erläuterungen der Entstehung der Dialekte aus dem Mittelhochdeutschen, einer Sprache, die hier bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts hinein gesprochen wurde.

Wie es in dem Bericht von Seiten der Veranstalter weiter heißt, führt die Erforschung von Sprach- und Dialektgrenzen weit über die Sprachwissenschaft hinaus. Anhand solcher Grenzen können die Siedlungsgeschichte, die politische Entwicklung, die sozialen Beziehungen und wirtschaftlichen Verflechtungen eines Raums detailliert dargestellt werden, was Hubert Klausmann eindrücklich anhand einer Liste von Familiennamen aus Baiersbronn und aus den angrenzenden Gemeinden nachweisen konnte. Namen, die im oberen Murgtal häufig vorkommen, wie zum Beispiel Finkbeiner, Gaiser oder Möhrle, finden sich jenseits der Sprachgrenze überhaupt nicht und umgekehrt. Das bedeutet, dass über die gleichfalls existierenden psychologischen Grenzen hinaus auch nicht geheiratet wurde.

In der jüngeren Vergangenheit ergeben sich hier leichte Verschiebungen, was ein weiterer Beleg für die immer noch wachsende Mobilität der Bevölkerung ist. Ein anderes interessantes Beispiel war der Kniebis, der siedlungsgeschichtlich sowohl von Osten als auch vom Rheintal hoch erschlossen wurde, wodurch sich eine Sprachgrenze ausgebildet hat, die heute allerdings praktisch nicht mehr nachweisbar sei.

In Baden-Württemberg wird neben Schwäbisch weiter im Norden Fränkisch und im Süden Alemannisch gesprochen. Sprachkarten veranschaulichen dies deutlich, wobei es für manche Pflanzen, wie den Löwenzahn, so viele verschiedene Begriffe gibt, dass dem Zeichner der Karte die Farben ausgingen, um alles noch darstellen zu können. Mit dem "Sprechenden Sprachatlas von Baden-Württemberg" hat die Arbeitsstelle für Sprache in Südwestdeutschland an der Universität Tübingen, deren Leiter Klausmann ist, einen echten Coup gelandet. So aufschlussreich Sprachkarten sind, erst durch das Hören der unterschiedlichen Beispiele, wie auch im Vortrag deutlich wurde, wird das Thema richtig anschaulich. Ab sofort können im Internet unter www.sprachalltag.de die Karten angeschaut und verschiedene Beispiele aus ganz Baden-Württemberg angehört werden.

Rege Diskussion zum Abschluss

Die zahlreichen Zuhörer im Rosensaal waren begeistert von dem lebendigen Vortrag, was nicht nur durch die rege Diskussion im Anschluss deutlich wurde. Die Frage, ob der Dialekt in Zukunft verschwinden wird, konnte nicht eindeutig beantwortet werden.

Das sei von Gegend zu Gegend sehr unterschiedlich, der Dialekt wandelt sich, passt sich an und integriert problemlos auch neue Gegenstände wie Computer oder Handy.