Foto: Wagner

Land will Automobiltradition besser vermarkten - Mehr als 100.000 Oldtimer im Südwesten.

Stuttgart - NSU, Maybach, Lanz - bei diesen Namen schlagen die Herzen von Oldtimerfans höher. Diese Leidenschaft hat auch einen erheblichen ökonomischen Aspekt. Die Tourismuswerber im Südwesten wollen sich das künftig stärker zunutze machen.

Alte Autos liegen im Trend. Das hat nicht zuletzt der Besucherrekord bei den Retro Classics in der Stuttgarter Landesmesse gezeigt, wo Mitte März mehr als 60000 Besucher rund 3000 Oldtimer bestaunten. Dabei ist diese Messe nur eine von rund 1200 Ausstellungen und Ausfahrten - von der Bosch Boxberg Classic bis zur Mille Fiori in Konstanz.

Dass diese Szene auch ein bedeutender ökonomischer Faktor ist, erläutert jetzt Wirtschaftsminister Ernst Pfister in einer Antwort auf eine CDU-Anfrage. Und er kündigt an, dass das Land seine automobile Tradition künftig noch stärker bei der Touristenwerbung einsetzen will.

Welchen Anteil die Oldtimerszene an der Wertschöpfung hat, kann der FDP-Politiker zwar nicht beziffern. Er schätzt ihn jedoch als überdurchschnittlich hoch ein. Schließlich haben zwei Premiumhersteller ihren Sitz im Land und bieten mit ihrem weit verzweigten Zulieferernetz Hunderttausenden Menschen Arbeit. Hinzu kommt erhebliches Traditionsbewusstsein: Carl Benz erhielt 1886 das Patent auf seinen Motorwagen, und Gottlieb Daimler entwickelte im selben Jahr seine Motorkutsche.

2011, wenn sich diese Ereignisse zum 125. Mal jähren, will Baden-Württemberg seinen Ruf als Autoland Nr. 1 mit einem großen Veranstaltungsprogramm festigen. "Dabei soll der Bogen von der Tradition zur innovativen Zukunft des Automobils gespannt werden", kündigt Pfister an.

Beden-Württemberg - ein Land der Oldtimer

Bereits erfolgreiche Veranstaltungen wie "Retro Classics meets Barock" sollen in diesem Rahmen zusätzlich vermarktet werden, um Gäste in den Südwesten zu locken. Daneben wollen die Tourismuswerber aber auch zahlreiche kleinere Oldtimer-Veranstaltungen im ländlichen Raum, die teilweise von gemeinnützigen Vereinen organisiert werden, einem größeren Publikum bekanntmachen.

Welchen Stellenwert die Faszination von alten Autos hat, zeigen nicht zuletzt die Zulassungszahlen. Zum Stichtag 1. Januar 2009 waren hierzulande 28.190 Fahrzeuge mit sogenannten Historienkennzeichen zugelassen - davon 25.890 Pkw und 2300 Motorräder, Omnibusse oder Traktoren. Um ein solches H-Kennzeichen zu erhalten, müssen die Fahrzeuge seit mindestens 30 Jahren im Originalzustand sein.

Hinzu kommt eine vermutlich noch weitaus höhere Zahl von Autofans, die ihr "Heilig's Blechle" mit einem roten 07-Kennzeichen fahren. Fachleute schätzen, dass im Südwesten weitere 60.000 bis 70.000 Oldtimer mit diesem roten Wechselnummernschild unterwegs sind, so dass man mit einer Gesamtzahl von rund 100.000 Oldtimern im Land rechnen kann.

Auch die Begeisterung, mit der Vereine und Clubs die automobile Tradition pflegen, ist bemerkenswert: Ihre Zahl wird auf 1400 geschätzt. Das Wirtschaftsministerium beruft sich dabei auf Angaben von Retro Classic Cultur, einem in Renningen bei Stuttgart beheimateten Verein von Oldtimer-Enthusiasten.

Nicht zuletzt halten mehr als 60 öffentliche und private Automobilmuseen das Feuer der Leidenschaft am Köcheln - vom Auto- und Technikmuseum in Sinsheim bis zum Zweiradmuseum in Pleidelsheim. Dazu zählen auch Häuser von internationalem Format wie das Mercedes-Benz Museum. Außerdem widmen sich mindestens 125 Kfz-Werkstätten diesem Marktsegment.