Geschichtsfreunde des HGV Oberes Enztal am Schafott bei Wimberg. Vorsitzender Wolfgang Plappert versuchte vergeblich, das Richtschwert zu heben. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Tour führt zur einstigen Calwer Richtstätte / Im Juni nach Nagold

Bad Wildbad/Calw (cht). Die Richtstätte von Calw, das Schafott im Wald nahe dem Stadtteil Wimberg, war das Ziel eines Rundgangs von Mitgliedern des Heimat- und Geschichtsvereins Oberes Enztal (HGV). Über den Wasser-, Wald- und Wiesenpfad führte Wolfgang Plappert die Teilnehmer zum Schafott im Wald, wo Elke Osterloh, frühere Vorsitzende und Vorstandsmitglied des HGV, ausführlich über das Rechtswesen früherer Jahrhunderte berichtete.

So wurden nicht nur Verbrecher und Kindsmörderinnen hingerichtet, sondern im Mittelalter auch Menschen, vor allem Frauen, die man der Hexerei oder der Zauberei bezichtigte. Es gab unterschiedliche Hinrichtungsarten, sicherlich die häufigste war die Enthauptung. Außerdem gab es die Räderung, die Vierteilung, das Ertränken und das Henken sowie weitere Tötungsformen. Die meisten Hinrichtungen erfolgten öffentlich. Oft wurde die Schuljugend verpflichtet, dabei zuzusehen.

Vom Verbrechen der Gertrude Pfeiflin

Im August 1818 erfolgte in Calw die letzte Hinrichtung, die vorletzte in Württemberg überhaupt. Die 1792 in Teinach geborene Gertrude Pfeiflin wurde wegen des von ihr begangenen Raubmordes an der 60-jährigen Anna Blocher am 28. August 1818 enthauptet. Gertrude Pfeiflin wurde bereits in ihrer Jugend von ihrer Mutter ausgenutzt und konnte nie etwas Anständiges lernen. Nach dem Tod ihres Stiefvaters wird ihr wegen Geldmangel – sie besaß nur 30 der 300 geforderten Gulden – die Ausreise nach Russisch Polen verweigert. Sie schloss sich Anna Blocher an, die einen mobilen Geldhandel betrieb. Die erfahrene "Blocherin" führte stets Geld mit sich, und Gertrude nutzte eines Tages die Gelegenheit und erschlug Anna Blocher mit einem Beil. Mit dem Geld kehrt sie zu ihrer Mutter zurück, wo sie später festgenommen wurde. Sie gestand die Bluttat und wurde 1818 in Calw auf dem Marktplatz hingerichtet.

Osterloh verstand es gut, die Lebensumstände im beginnenden 19. Jahrhundert darzustellen, wobei die explodierende Armut vor allem durch Naturkatastrophen herbeigeführt wurde. Der Vulkanausbruch des Tambora (1816) auf der indonesischen Insel Sumbawa, der stärker war als der Vesuvausbruch im Jahre 73 n. Chr. und der spätere Ausbruch des Krakatau (1883) ebenfalls in Indonesien, brachte der damals noch landwirtschaftlich orientierten Bevölkerung in Europa sowie Amerika durch kalte regenreiche Sommer katastrophale Missernten. Viele Menschen starben an den Folgen der Hungersnot, zogen als Bettler durch die Lande oder wanderten aus.

Zweites Ziel der Geschichtsfreunde war die Bohnenberger-Sternwarte in Altburg. Johann G. F. Bohnenberger, 1765 in Simmozheim geboren, kam 1789 als Vikar nach Altburg, wo er sich neben seiner seelsorgerlichen Tätigkeit vor allem mit Astronomie und Mathematik beschäftigte. Im oberen Stock eines Gartenhauses errichtete er eine Sternwarte. Das kleine turmartig wirkende Gebäude ist wiederhergestellt worden und befindet sich an der Schwarzwaldstraße. Bohnenberger gilt als Begründer der Landvermessung.

Die nächste Veranstaltung des HGV Oberes Enztal findet am 18. Juni in Nagold statt, wo nach einer Stadtführung der Besuch des Museums im Steinhaus vorgesehen ist.