Eröffnungskonzert: Trinkhalle anstatt Baumwipfelpfad

Bad Wildbad. Zum großen Bedauern einiger Konzertgäste musste das diesjährige Eröffnungskonzert des Belcanto-Opera-Festivals "Rossini in Wildbad" in die Trinkhalle verlegt werden. Witterungsbedingt war es "Ganz oben" auf dem Baumwipfelpfad schlichtweg zu kühl und vor allem zu nass.

10 Uhr am Eröffnungstag des Rossini-Festivals in Bad Wildbad: Schweren Herzens entschieden die Verantwortlichen mit Intendant Jochen Schönleber an der Spitze, das abendliche Sinfoniekonzert in die Trinkhalle zu verlegen.

Hier kam es aufgrund der zwar nummerierten, aber ohne Angabe der Sitzreihen bedruckten Tickets zu Suchaktionen nach dem richtigen Platz. Pünktlich zu Konzertbeginn hatten alle Gäste ihre Plätze eingenommen – einige wenige blieben leer.

Auf die Konzertbesucher wartete ein Sinfoniekonzert mit Werken des jungen Gioachino Rossini (1792 – 1868), die zwischen seinem 16. und 28. Lebensjahr entstanden sind – eingebettet in zwei Werke von Joseph Haydn. Dargeboten wurden das Konzerterlebnis vom Passionart Orchestra Krakow unter der Leitung von Janusz Wierzgacz, dirigiert von José Miguel Pérez-Sierra. Das Programm wurde aufgrund der Verlegung um die Beteiligung des Górecki Chamber Choir, Leitung Marcin Wróbel, erweitert. Den Gesangspart hatte der junge kolumbianische Tenor Julian Henao Gonzalez übernommen.

Das aus dem polnischen Krakau stammende Orchester überzeugte durchweg durch ein hohes künstlerisches Niveau, mit dem es in Bad Wildbad sein erstes internationales Projekt bestreitet. Der Dirigent und musikalische Leiter, José Miguel Pérez-Sierra, verstand es durchgängig, die Konzertmusiker und Absolventen der Musikakademie in Krakau mit einem klaren und strengen Dirigat zu Höchstleistungen anzuspornen.

Voller Energie

Nach der Ouvertüre der "Sinfonia in mi bemolle maggiore" des damals 16-jährigen Gioachino Rossini betrat zum ersten Mal der Gorécki Chamber Chor die Bühne und sang eindrucksvoll und stimmlich homogen den Chor Nr. 6 aus der Oper "Matilde di Shabran", die im Raritätenkabinett schlummernd, lange Zeit nicht aufgeführt wurde.

Der junge Tenor Julian Henao Gonzalez besang in seinem ersten Auftritt "Quel felice nocchier", die Arie des Tobias aus dem Oratorium von Joseph Haydn "Il ritorno di Tobia". Dem jungen, leicht lispelnden Talent, das seit 2016 zum Jungen Ensemble des Theaters an der Wien gehört, gelang es stellenweise kaum, gegen die Kraft des Orchesters anzukämpfen. Sein stimmliches Volumen blieb trotz Leichtigkeit und Spritzigkeit hinter den Musikern in lauten Passagen zurück.

Im weiteren Verlauf des Konzertabends stand der Chor Nr. 6 mit der Bezeichnung "Amori scendete" aus der beliebten Rossini-Oper "Tancredi" auf dem Programm. Voller Energie und mit stimmlicher Strahlkraft, aber auch gefühlvoll agierte der Männerchor in stimmlicher Einheit nahezu perfekt.

Während seines zweiten und dritten Auftritts zeigte Tenor Gonzalez erneut Vorboten seiner Größe bei der Konzertarie aus "Dolci aurette che spirate" des gerade mal 18-jährigen Rossini und später bei einer weiteren Arie aus dem Jahr 1809.

Brillante Leistungen seitens des Passionart Orchestra Krakow wurden vom Publikum mit dem gebührenden Applaus honoriert, auch für die beiden Abschlussstücke, die Ouvertüre aus der "Sinfonia al Conventello", die die übermütig spritzige Kompositionskunst des genialen Ouvertüren-Komponisten Rossini verdeutlichten und die "Sinfonie Nr. 88" von Joseph Haydn.

Der gelungene Konzertabend mit Stücken, die laut Intendant Schönleber auf die Situation des Baumwipfelpfades zugeschnitten und für die Trinkhalle jedoch nicht hundertprozentig passend waren, endete mit lang anhaltendem Applaus und einigen Bravo-Rufen für die Orchestermusiker.