Die Bad Wildbader Stadtverwaltung will die Jugendlichen künftig direkt über das Smartphone ansprechen. Symbolfoto: © Mirko – stock.adobe.com Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Bad Wildbad erhält Preisgeld zur Entwicklung einer Beteiligungs-App für junge Mitbürger

Zum zweiten Mal hatte das Ministerium für Inneres, Digitales und Migration Baden-Württemberg den Wettbewerb "Städte, Gemeinden, Landkreise 4.0 – Future Communities" ausgeschrieben. Als einzige Kommune im Kreis Calw erhielt Bad Wildbad Preisgelder für die Entwicklung einer Jugendbeteiligungs-App.

Bad Wildbad. "Starke Kommunen sind das Fundament für eine funktionierende Gesellschaft. Sie sind der Ort, an dem die Menschen leben und arbeiten. Deshalb ist es auch unser Ansatz, die Digitalisierung vor Ort und nah bei den Menschen zu gestalten. Dadurch nehmen wir die Menschen beim digitalen Wandel mit und schaffen Innovationen vor Ort, die den Wirtschaftsstandort in der Fläche stärken", sagte Digitalisierungsminister Thomas Strobl bei der Auszeichnung der Preisträger in Stuttgart.

"Zum zweiten Mal geben wir über eine Million Euro an unsere Kommunen, um ganz konkrete digitale Projekte umzusetzen. Unsere Kommunen werden so zum Taktgeber und machen Baden-Württemberg gemeinsam Schritt für Schritt zur digitalen Leitregion", so Stroble weiter. Von dem Preisgeld fließen 5950 Euro nach Bad Wildbad.

"Wir haben bei diesem Wettbewerb eine ›Jugendbeteiligungs-App‹ beantragt", erklärt Bad Wildbads Bürgermeister Klaus Mack auf Anfrage unserer Zeitung. Hintergrund sei der, "dass wir mit den klassischen Jugendbeteiligungsmodellen wie Jugendgemeinderat und Jugendforen keine guten Erfahrungen gemacht haben", erläutert Mack weiter. Beim Jugendgemeinderat seien zuletzt kaum Bewerber zu finden gewesen. Zudem sei das Jugendforum schwach besucht gewesen und die Besucher weitaus jünger als die gedachte Zielgruppe. "Bei meiner Nachfrage bei einigen Jugendlichen, warum sie diese Formen nicht annehmen würden, kam die spontane Antwort: ›Wenn ich ein Anliegen habe, schicke ich dem Bürgermeister per Facebook eine Nachricht‹." Offensichtlich, so Mack weiter, seien im Zeitalter der Digitalisierung andere Beteiligungsformen gefragt. "Und wir wollen den Sachverstand und die Meinung der Jugendlichen in der Stadt ja auch gerne in unsere Entscheidungen einbeziehen. Das brachte uns zur Idee, eine Jugendbeteiligungs-App anzugehen", erklärt Mack.

"Die Jugendbeteiligung muss dort stattfinden, wo die größtmögliche Akzeptanz zu erwarten ist: auf dem eigenen Smartphone", heißt es in der Bad Wildbader Projektbeschreibung. Eine App sei das ideale Medium, da die Jugendlichen mit Ihrem Smartphone auf alle Funktionen jederzeit Zugriff hätten.

"Die Stadt Bad Wildbad möchte mit einer Jugendbeteiligungs-App  Stimmungen einfangen,  Trends erkennen,  Jugend bilden und stärken,  Demokratie fördern sowie  eine Plattform und Infomedium speziell für Jugendliche bieten", heißt es weiter. Diese Kombination politischer und demokratischer Funktionen mit vielen Features, die Jugendliche einfordern, bilde, so die Hoffnung der Stadtverwaltung, die ideale Grundlage zur aktiven Beteiligung von Jugendlichen bei Planungen und Vorhaben, die die jeweiligen Interessen berühren.

Auf die Bedürfnisse anpassen

Deshalb soll die App auf die Bedürfnisse Jugendlicher zugeschnitten werden. Dazu gehören ein modernes Design, innovative Features, intuitive Menüführung, ein jugendliches Wording (Ansprache und Formulierung) und ein unverwechselbarer Eigenname. "Dies alles erhöht die Akzeptanz und lässt gewaltige Nutzerzahlen erwarten", so die große Hoffnung bei den Verantwortlichen um Hauptamtsleiter Alexander Rabsteyn. Folgende Funktionen soll die "JuBe-App" beinhalten: Votings/Umfragen mit Auswertungen, Push-Nachrichten, die die Jugendlichen über neue Befragungen oder Events informieren, eine Ideenwand, die Platz für Ideen und Anregungen der Jugendlichen bietet, zielgruppenorientierte Neuigkeiten, "Events", Veranstaltungen für Jugendliche sowie eine Mitfahrzentrale.

Die einmaligen Einrichtungskosten betragen laut Projektbeschreibung 10 000 Euro, mehr als die Hälfte des Betrage wird nun also über den Wettbewerb gefördert. Bei "Städte, Gemeinden, Landkreise 4.0 – Future Communities" wurden mit Bad Wildbad acht Städte für diese Idee mit Preisgeldern berücksichtigt. "Sie alle wollen Jugendliche mit eigenen Apps aktiv zur politischen Teilhabe in ihren Heimatkommunen motivieren. Ziel ist, dass Jugendliche ihren Platz in der Demokratie nutzen und ihre Ideen und Vorstellungen in die politische Willensbildung der Kommunalpolitik einfließen lassen", heißt es in der Begründung des Ministeriums.

Beim Wettbewerb "Städte, Gemeinden, Landkreise 4.0 –Future Communities" wurden insgesamt 45 Kommunen ausgezeichnet. Das gesamte Preisgeld beträgt 1,085 Millionen Euro.

Ein weiteres Projekte neben der Jugendbeteiligungs-App ist die Straßenerfassung mit künstlicher Intelligenz. So soll zukünftig der Straßenzustand eigenständig erfasst werden. Ein Smartphone wird an der Windschutzscheibe städtischer Fahrzeuge, etwa von Müllabfuhr oder Ordnungsamt, befestigt. Das Smartphone erfasst zum einen mittels Bewegungssensoren Erschütterungen und schießt über die Kamera gleichzeitig Bilder der Straßen. Dank der eingebauten GPS-Empfänger können Defizite leicht erhoben und damit Instandhaltungsmaßnahmen effizient und kostensparend geplant werden. Andere Projekte beschäfigten sich mit der digitalen Verwaltung: Bürgerdienstleistungen via digitalem Assistent oder der Onlineberatung über Videochat.

Neue Wege will die Stadt Bad Wildbad mit einer Jugendbeteiligungs-App gehen. Das ist gut so. Denn oft wird über die Politikverdrossenheit der Jugend geklagt. In manchen Städten, wie etwa in Bad Wildbad selbst, gibt es keinen Jugendgemeinderat, weil sich schlicht zu wenige Jugendliche fanden, die sich einbringen möchten. Gerade deshalb sollte eine Stadt versuchen, mit jungen Mitbürgern ins Gespräch zu kommen. Es ist in einer Zeit, in der "Fake News" in sozialen Netzwerken gang und gäbe sind, umso wichtiger, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie erreichbar sind. Und das geht am besten über das Smartphone, das sich längst zum Alltagsbegleiter entwickelt hat. Dann aber muss auch gesichert sein, dass Anregungen der Jugendlichen, die über diese App kommen, von der Verwaltung auch aufgegriffen und nicht mit einem Lächeln abgetan werden.