Joachim Wossidlo (links) und Hubertus Welt vor der Vorführung des Dokumentarfilms Eldorado im KiWi-Kino. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder Bote

Kino: Eindrückliche Filmvorführung von "Eldorado" / Eigene Erinnerungen bilden Grundlage

Bedrückende Stille herrschte beim Abspann des Imhoof-Films "Eldorado" im KiWi-Kino im Forum König-Karls-Bad. Selbst als die Deckenleuchten den Zuschauerraum erhellen, blieben die meisten Besucher sitzen, um das Gesehene zu überdenken, zu verarbeiten.

Bad Wildbad. "Eldorado" bedeutet eigentlich "Goldland", das die spanischen Eroberer im 16. und 17. Jahrhundert in Mittel- und Südamerika suchten, um die unendlichen Goldschätze zu finden, die angeblich dort von den verschiedenen Volksstämmen gehortet wurden.

Ist inzwischen Europa das Eldorado für viele Menschen aus Afrika und Asien geworden, die sich ein besseres Leben wünschen, die aus vielerlei Gründen verfolgt werden, die Freiheit suchen?

Das "Festi-Wall für ein friedliches Miteinander" hatte in das KiWi-Kino eingeladen, um innerhalb des "Netzwerks für Wertevielfalt im Nordschwarzwald" (WiN), der Ausgrenzung von Menschen entgegenzuwirken. Positive Kräfte sollen gestärkt, Herzen geöffnet, Mauern in Köpfen überwunden, Diskussionen angestoßen und Begegnungen ermöglicht werden. Hubertus Welt hatte zusammen mit Kinobetreiber Joachim Wossidlo diesen Film ausgesucht, der zum Nachdenken anregt.

Man kann "Eldorado", der im April 2018 in die deutschen Kinos kam, als ein Gleichnis betrachten, denn Markus Imhoofs Erinnerung als Vierjähriger an das damals neunjährige italienische Flüchtlingsmädchen Giovanna bildet sozusagen die Grundlage für diesen Film.

Zum besseren Verständnis: Mit einem Visum für die USA durften in die Schweiz geflüchtete deutsche Juden nur nach Italien und damit an einen Einschiffungshafen zu gelangen, wenn die Schweiz für einige Zeit (drei bis sechs Monate) unterernährte italienische "Rotkreuzkinder" aufnahm, um diese kräftemäßig wieder aufzubauen. Für jeden Ausreisenden musste die Schweiz drei Kinder aufnehmen, die in Schweizer Familien versorgt wurden.

Eltern nahmen italienisches Kind auf

Imhoofs Eltern nahmen damals die fünf Jahre ältere Giovanna auf, mit der sie nach deren Rückreise bis zu ihrem Tod (1950) in Verbindung blieben. Briefe, Fotos und Filmszenen aus dieser Zeit bilden sozusagen den realen Hintergrund.

Imhoof verknüpft diese Erinnerungen mit Filmsequenzen der inzwischen eingestellten Aktion "Mare Nostrum" im Mittelmeer, wo auf italienischen Kriegsschiffen Flüchtlinge aus Libyen aus keineswegs seetüchtigen Booten "aufgefischt" und nach Italien gebracht werden.

Der Film zeigt die Schwarzarbeit der "abgelehnten Flüchtlinge" in Italien, deren Kapo mit der Mafia zusammenarbeitet und die Hälfte des täglichen Lohnes (30 Euro) abkassiert. Zu sehen sind die Slums, wo Zelte und Blechhütten im Schlamm und Dreck der "Lebensraum" für Familien sind, aber auch Flüchtlinge ohne Pass, die an der Schweizer Grenze aus den Zügen geholt und wieder zurückgeschickt werden. Imhoof zeigt diese Situationen und vergleicht sie mit dem Auswanderungszwang in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus Schweizer Siedlungen, um nicht den Hungertod zu sterben.

Imhoof, Schweizer Regisseur, Produzent und Autor, verbindet seine eigene Biografie mit dem Schicksal Tausender Flüchtlinge, die nach Europa kommen und einer ungewissen Zukunft entgegensehen.

"Eldorado" ist ein bewegender und erschütternder Dokumentarfilm, der nicht moralisiert, aber historische, ökonomische und politische Zusammenhänge aufzeigt. Er wertet nicht und gibt auch keine Antworten oder Lösungen. Einer der Schlusssätze des Films lautet: "Das einzige, was uns am Ende bleibt, sind Erinnerungen, die auf Liebe basieren."