Seit Montag dürfen einige Gaststätten unter Auflagen wieder den Betrieb aufnehmen. Foto: dpa

Lokale im Südwesten öffnen unter Auflagen. Tourismusminister Wolf will weiteres Hilfspaket schnüren.

Bad Wildbad/Stuttgart - Es ist ein kleiner Lichtblick in Zeiten von Corona: Gaststätten und Restaurants dürfen nach langem Warten wieder Gäste empfangen. Allerdings nicht so viele wie bisher – und weiterhin wird zur Vorsicht gemahnt.

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Die Wirte tragen Mundschutz, aber am Lächeln in den Augen erkennt man ihre Erleichterung, wieder Gäste willkommen heißen zu dürfen. Es sei zwar auf Dauer anstrengend und heiß unter der Maske, erzählt eine Kellnerin des Café Kaiserbau in Stuttgart. "Aber ich finde es jetzt nicht so dramatisch. Lieber arbeite ich mit Maske, als nicht zu arbeiten."

Das Tourismusministerium und der Branchenverband Dehoga begleiten die Lockerung der Corona-Maßnahmen mit einer "Gib Acht"-Plakatkampagne: Auf den 20.000 Plakaten steht der Slogan "Endlich wieder gemeinsam schmecken – Gib acht, damit das so bleibt". Zu sehen sind Gastronomen mit Mund- und Nasenschutz.

"Vielen Betrieben steht das Wasser bis zum Hals"

Tourismusminister Guido Wolf (CDU, Tuttlingen) sagte unserer Zeitung am Montag in Bad Wildbad (Kreis Calw), ihm sei klar, dass viele Unternehmen in der Tourismusbranche zu kämpfen hätten. Das habe er auch in vielen Gesprächen erlebt: "Den Gastronomen stand die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Das hat mich bis in den Feierabend beschäftigt", bringt der Minister seine Sorge zu Ausdruck. Deshalb würden die aktuellen und anstehenden Lockerungen allein nicht helfen. "Gastronomie und Hotels brauchen ein weiteres Hilfspaket – das halte ich für zwingend und dringlich. Wir müssen schnell handeln", führte Wolf weiter aus.

Dafür gebe es bereits ein konkretes Konzept, das sein Ministerium gemeinsam mit dem Dehoga entwickelt habe und bereits beim Staatsministerium auf dem Tisch liege. Der Minister will damit zusätzlich rund 330 Mio. Euro in die Hand nehmen.

Jeder touristische Betrieb soll dann eine Grundförderung von 3000 Euro erhalten. Pro Vollzeit-Mitarbeiter soll es weitere 2000 Euro geben, Teilzeitkräfte werden anteilig verrechnet. Wenn 80 Prozent der berechtigten Betriebe die Förderung in Anspruch nehmen, komme man auf diese rund 330 Mio. Euro, erklärt Wolf die Zahl. Auch die Kommunen müssten weiter unterstützt werden. Hier seien bereits 200 Mio. Euro geflossen, aber "wir wissen, dass es dabei nicht bleiben kann". Wolf versicherte: "Das Land wird die Kommunen nicht im Regen stehen lassen."

Denn nach wie vor stehe vielen Betrieben das Wasser bis zum Hals. Allein mit Lockerungen der Corona-Maßnahmen und einem Absenken der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent ab 1. Juli sei es nicht getan, sagte Wolf.

"Auch wenn die Corona-Krise noch nicht überwunden ist, ist es ein erster, sehr erfreulicher Schritt, dass die bislang notwendigen Restriktionen nun schrittweise gelockert werden können", sagte Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU). In dieser Situation trügen nicht nur die Gastronomen die Verantwortung. "Auch die Kunden können dazu beitragen, dass die Lockerungen des Shutdowns berechtigt und machbar sind". Wer die Angebote im Südwesten nutze, leiste auf kulinarische Weise einen Beitrag dafür, dass Baden-Württemberg auch während und nach der Corona-Krise das Genießerland bleibe, das man kenne und liebe, sagte Hauk.

Kritik kam vom Fraktionsvorsitzenden der FDP im Landtag, Hans-Ulrich Rülke. Die Landesregierung habe mit der Erhebung von Gäste-Daten bei Wirten, Gästen und Kommunen für Verwirrung gesorgt. Erst sei die Erhebung freiwillig gewesen, nun verpflichtend. "Die Lage für die Wirte ist schon schlimm genug – da kann man wenigstens eine klare und nachvollziehbare Kommunikation verlangen."

In anderen Bundesländern – wie etwa in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern oder Nordrhein-Westfalen durften einige Gastronomiebereiche schon seit gut einer Woche wieder öffnen. Zu den ersten Tagen mit geöffneten Restaurants und Cafés sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges, "natürlich hat es gerade jetzt an dem durchaus sonnigen Wochenende viele Menschen nach draußen gezogen". Vor allem die Außengastronomie habe davon profitiert. "Doch noch sind viele Gäste verhalten", sagte sie am Montag.

Neustart fällt in Niedersachsen ernüchternd aus

Auch aufgrund der Abstandsgebote hätten die Unternehmen in der Gastronomie deutlich niedrigere Umsätze im Vergleich zum Vorjahr, sagte Hartges. Der Neustart für die niedersächsische Gastronomie sei ernüchternd verlaufen. Bei Lokalen mit eigenem Essensangebot, die schon Anfang vergangener Woche öffnen durften, hätten die Erlöse einer Umfrage zufolge lediglich rund 25 Prozent der Vorjahreswerte erreicht.

Für Betriebe und Gäste in Restaurants sei die Umsetzung ein Lernprozess, sagte Hartges. "In den Lokalen gibt es natürlich Bewegung. Wenn Sie nach zwei Monaten endlich ihre Bekannten wiedersehen, dann gehen Sie auch auf die Tische zu." Vermehrte Einsätze der Ordnungsämter und der Polizei etwa in Nordrhein-Westfalen seien daher nicht überraschend. Hartges rief Gastronomen und Gäste erneut dazu auf, sich an die Regeln zu halten: "Nur, wenn alle Schutzmaßnahmen eingehalten werden, werden wir dauerhaft die Öffnung sichern."

In den Bundesländern gelten unterschiedliche Sicherheitsregeln. In vielen Ländern ist es etwa Pflicht, die Gäste in Listen zu registrieren. Andere wiederum verzichten darauf, die Maßnahme zur Kontaktnachverfolgung auch nur zu empfehlen. "Wenn man das bundeseinheitlich geregelt hätte, gerade wenn das Reisen jetzt beginnt, hätte das die Akzeptanz auch bei den Gästen sicherlich erhöht", sagte Hartges. "Das ist jetzt ein bunter Ideenwettbewerb und man wird sehen, welche Maßnahmen wirkungsvoll sind und welche nicht."