Musik: Auch aus dem Oberen Enztal und dem Kreis Calw fahren viele Fans alljährlich nach "Wacken"

Oberes Enztal/Kreis Calw. "Wacken" gilt unter Fans als Mekka für Rock und Heavy Metal. Mehr als 80 000 Personen verbringen alljährlich gemeinsame Urlaubstage auf dem "Wacken Open Air – W:O:A"-Festival. Und zwar nicht nur einen Tag, sondern gleich vier mit knapp 200 Bands.

Der Schwarzwälder Bote sprach mit einer 38-jährigen Teilnehmerin aus dem Oberen Enztal über dieses Event, das weltweit als eines der größten seiner Art gilt und nicht nur Besucher aus der Republik, sondern auch aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland nach Wacken führt.

Wann und wie haben Sie Ihre Begeisterung für die Rockmusik entdeckt?

"Mit 16 oder 17 Jahren. Die Radio-Musik hat mir nie gefallen, die war mir zu langweilig. Über meinen Freundeskreis habe ich Rock- und Metal-Musik kennengelernt. Ich war sofort begeistert, weil da einfach Herzblut und Können drinsteckt. Ich interessiere mich aber genau so beispielsweise für Klassik, was manche Leute in meinem Bekanntenkreis sehr verwundert.

Wohin gehen Sie, um Rockmusik zu hören?

In Calw gibt es Ute’s Brückle, wo Metal gespielt wird. In "JJ’s Raugrund" in Calmbach gibt es zuweilen Rock. Manchmal spielen auch im Saal 51 in Hirsau Rock- oder Metal-Gruppen. Ansonsten gibt es in Besenfeld alljährlich im Sommer "Harry’s Full Metal Party" und zwei Mal im Jahr die Rock-Nacht in der Seminarturnhalle in Nagold.

Was bedeutet für Sie Wacken und wo liegt es?

Wacken steht jedes Jahr fest in meinem Kalender. Es befindet sich im hohen Norden im Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein. Wacken ist Geschichte und Metal-Legende zugleich. Die Veranstaltung gibt es seit dem Jahr 1990. Ich war jetzt zum 13. Mal dort. In manchen Jahren umfasste unsere Gruppe bis zu 30 Leute unter anderem aus Effringen, Sulz, Zavelstein, Schönbronn, Seitzental, Enzklösterle und aus Simmersfeld. In Wacken haben wir schon Freunde aus Calw, Besenfeld, Martinsmoos, Sommenhardt und aus Weil der Stadt getroffen. Beim ersten Mal bin ich mit meinem alten Polo Fox die mehr als 700 Kilometer gefahren, natürlich noch ohne Navi. Wir hatten damals nur ein winziges Uraltzelt zum Reinrobben, sonst nichts. Der Eintritt kostete 79 Euro, heute sind es 220 Euro, allerdings mit Inklusiv-Leistungen für die fünf Tage. Übernachtet wird heute in komfortableren Zelten als früher und in Wohnmobilen, die zusammen mit großen Pavillons und Zelten nach Wild-West-Manier zu einer Art Wagenburg aufgebaut werden. Bei einem Gang über das fast 300 Hektar umfassende Festival-Gelände sieht man auch Camps, in denen Sofas und Bars mit richtigen Kuriositäten aufgestellt sind.

Was ist für Sie der besondere Reiz an Wacken?

Wacken ist anders als andere Festivals dieser Art. Wacken ist das meines Wissens weltgrößte Metal-Festival mit um die 85 000 Besuchern aus der ganzen Welt: Der "Holy Ground" ("Der heilige Acker"), das Mekka des Heavy-Metal. Zu manch allgemein bekannter Großveranstaltung dieser Art würden mich keine zehn Pferde mehr bringen. Das ist meinem Empfinden nach kein Rock oder Metal mehr, sondern nur noch Kommerz. Wacken ist eine große Familie, bei der alle, egal in jedem Alter, akzeptiert ist, bei der sich alle gegenseitig helfen, bei der alles friedlich ist und alle Spaß haben. Ich freue mich jedes Jahr aufs Neue auf Wacken. Die Bewohner von Wacken und der umliegenden Orte ziehen alle an einem Strang, um das Event in jeder Hinsicht zu einem vollen Erfolg werden zu lassen. In Wacken sind schon oft Freundschaften fürs ganze Leben entstanden. Diese begleiten einen das ganze Jahr hindurch. Egal, wie weit man voneinander entfernt wohnt. Wenn man sich über Jahre kennt, nimmt man Teil am Leben der anderen, sei es bei Geburtstagen, Hochzeiten, Geburten, Umzügen, Jobwechseln und manchmal auch an schweren Schicksalen. Die Rock- und Metal-Fans sind einfach eine riesengroße Familie.

Wie lange bleiben Sie in Wacken?

Der musikalische Teil des Events mit den fast 200 Bands läuft von Mittwoch bis Samstag. Auf der Fahrt dorthin treffen wir immer noch Freunde im Raum Duisburg, die ebenfalls seit Jahren zu unserer Wacken-Gruppe gehören und nehmen uns deshalb zumeist eine Woche Zeit dazu. Und auch die Besichtigung von Sehenswürdigkeiten links und rechts der Fahrtstrecke gehört manchmal dazu wie etwa der Besuch eines Wikingerdorfes und von Museen.

Wie verpflegen Sie sich auf dem Festival?

Wir haben Eigenverpflegung. Das heißt, Jeder bringt irgendetwas Essbares für die Gruppe mit, wozu für uns natürlich auch beispielsweise Maultaschen gehören. Des Weiteren Eier, Salate, Salzbraten vom Grill, Käsespätzle und vieles mehr. Bei uns im Camp gibt es immer ein gemeinsames Frühstück. Ansonsten testen wir auch das Angebot von Frühstücks- und Foodständen mit einem gigantischen kulinarischen Angebot aus aller Herren Länder. Beispielsweise mit Pizza und Pasta, mit Asia-Kost, Döner, Gyros, französischen Crêpes, holländischen Pommes, Pulled-Pork-Burger, Fischbrötchen, Falafel und mit vegetarischen und veganen Speisen.

Wie hat in diesem Jahr das Wetter mitgespielt?

In diesem Jahr war es glücklicherweise total trocken und heiß. Vielleicht zu trocken für die Felder, die für eine gute Woche zu einem riesigen Campingplatz umfunktioniert waren. Viel Schlamm und Weltuntergangsstimmung hat es in den vergangenen Jahren schon gegeben. Insbesondere unter dem Aspekt, dass das Festival samt der Unterbringung auf einem Acker- und Wiesengelände mit etwa 300 Hektar Fläche abläuft. Dabei muss man wissen: Wenn es in Wacken regnet, dann gleich wie aus Eimern. Man kann fast schon sagen, dass der Schlamm so zu Wacken gehört wie etwa in Bayern die Weißwurst zur Brezn. Mir persönlich sind Hitze und Staub lieber als Kälte und Dauer-Fango von oben. Aber da scheiden sich die Geister.

Was kostet der FestivalBesuch?

Nicht ganz billig, aber mit 220 Euro ist man dabei. Enthalten sind der Eintritt in alle Festivalbereiche mit fast 200 Bands, das Campen, das Duschen, der Besuch der Waschstationen und Toiletten, der Müllservice und rund um die Uhr die Trinkwasserversorgung.

Bleiben Sie Wacken auch in der Zukunft treu und warum?

Mit Sicherheit. Weil dort Menschen aus allen Teilen der Welt zusammen kommen, um sich kennenzulernen, um Zeit miteinander zu verbringen und um tolle Musikkonzerte gemeinsam zu erleben. So geht Völkerverständigung. Wacken ist das meines Erachtens weltgrößte Heavy-Metal-Festival und gleichzeitig das freundlichste, herzlichste und entspannteste seiner Art. Das Festival selbst wird leider oft durch manche TV-Sensationsberichte in ein falsches Licht gerückt. Ich hoffe, ich konnte zeigen, dass es hier einfach um viel, viel mehr geht als nur um Bier zu trinken. Meine Eintrittskarte für "W:O:A 2019" habe ich mir schon gesichert. Bei einem Besuch in Mexiko wurde ich auf der Straße an meinem ständig getragenen Wacken-Armschmuck ganz spontan als Wacken-Fan ausgemacht. So wie mir ist es sicherlich schon vielen Wacken-Besuchern ergangen.  Die Fragen stellte Heinz Ziegelbauer.