Die Waldarbeiter in Bad Teinach-Zavelstein rücken mit schwerem Gerät an, um die befallen Bäume abzutransportieren. Foto: Buck

Sofortmaßnahmen sollen Schäden eindämmen. Zeit droht davonzulaufen. Viele verschiedene Arten nagen.

Bad Teinach-Zavelstein - Der Borkenkäfer tobt sich derzeit in den Wäldern Deutschlands aus. Dabei macht er auch vor Bad Teinach-Zavelstein nicht Halt. Die Forstarbeiter kämpfen gegen einen Feind, der lange im Verborgenen operiert und eine tödliche Wirkung entfaltet.

Bad Teinach-Zavelsteins Förster Robert Roller pfeift mit knapp 50 Sachen rückwärts über den Waldweg auf der Gemarkung Schmieh. Doch die kühne Fahrt hat ihre Berechtigung – es geht um Baumleben. Und da zählt annähernd jede Minute. Der Borkenkäfer treibt nämlich derzeit in den Wäldern von Bad Teinach-Zavelstein sein Unwesen. Doch Roller verdeutlicht, dass es nicht den einen Käfer gibt, der alle Bäume killt. "Jede Baumart hat ihre Käfer und an der Fichte nagen mehr als zehn Arten von Borkenkäfern." Das Problem: Zwei davon sind gefährlich. Der Kupferstecher befällt Fichtenkulturen und die Baumgipfel, der Buchdrucker den Stamm der Bäume.

Die Bäume, die befallen sind, müssen umgehend entfernt werden, um nicht noch mehr Wald zu gefährden. Passiert das nicht oder zu spät, dann fliegen die Käfer aus und suchen sich neue Opfer. Dann entsteht ein sogenanntes "Käferloch", indem zahlreiche befallene Bäume einfach umgehauen werden müssen. Roller steht am Wegesrand und blickt in ein solches Loch: Anfangs waren hier nur sieben Bäume betroffen – gefällt werden an diesem Morgen insgesamt 49. Bürgermeister Markus Wendel hebt auf die wirtschaftlichen Folgen des Befalls ab: "Das ist definitiv nicht vergnügungssteuerpflichtig", so der Rathauschef.

Der Haken an der Sache ist, dass inzwischen ganz Europa von Käferholz nahezu überschwemmt ist. Die Sägewerke seien voll, sagt Förster Roller. Deshalb ist die Verkaufssituation derzeit noch schlimmer wie nach den verheerenden Stürmen "Lothar" und "Wiebke". "Es geht inzwischen nicht mehr um den Preis, sondern darum, ob ein Käufer das Holz überhaupt nimmt oder nicht", sieht Roller schwarz für mögliche Verkaufserlöse.

Abwehrmechanismus des Baumes ist gehemmt

Es geht also um Schadensbegrenzung – und hier läuft die Zeit davon. Denn der baumeigene Abwehrmechanismus wird den Käfern nicht mehr Herr. Hierzu drückt der Baum Harz gegen die Löcher in der Rinde, die von den Käfermännchen gebohrt werden. Jedoch war es 2018 zu trocken, weshalb das zur Harzbildung nötige Wasser fehlt. Dem Borkenkäfer ist sozusagen Tür und Tor geöffnet – im Grunde ein Tag der offenen Rinde. Der Winter brachte zudem wenig Niederschlag, sodass die Bäume derzeit nach wie vor im Trockenstress sind.

Eine gesunde Fichte kann zwar bis zu 10 000 Käferangriffe abwehren, doch die große Zahl an liegenden Baumstämmen wurde zum Problem. Dort bildeten sich viele Käfer, die allesamt ausflogen und munter neue Bäume befielen. Die schiere Anzahl an Borkenkäfern war schlicht zu groß.

Das ganze Dilemma macht Roller deutlich: "Ist ein Baum befallen, ist er verloren. Da kann man nichts machen." Denn haben sich die Männchen des Borkenkäfers einmal durch die Rinde gebohrt, werden vom Weibchen in den Gängen je Seite 40 bis 60 Eier abgelegt. Die Larven fressen sich weiter durch den Baum und zapfen die Zuckerlösung ab. "Das ist, wie wenn man uns Menschen die Luft abdrückt, das geht dann in der Regel nicht mehr lange", findet der Förster einen brutalen Vergleich.

Die "Atemnot" der Bäume ist aber nur durch genaues Hinschauen am sogenannten Bohrmehl erkennbar, das aus den Löchern in der Rinde kommt. "Man muss laufend kontrollieren und Ausschau nach befallenen Bäumen halten", hat Roller einen guten Ratschlag an alle Baumbesitzer. Dann müssten die betroffenen Bäume schnell abtransportiert werden. Idealerweise natürlich an Orte, wo es keine Fichten gibt, damit die Käfer keine neue Nahrung finden. Das ist beispielsweise in Rötenbach der Fall. Hier wird der Rand eines Waldwegs als Zwischenlager für gefällte Bäume genutzt. "Am Ende ist entlang des Weges alles voll", fürchtet Bürgermeister Wendel, dass das Ausmaß noch größer wird.

Waldbesitzer sollen sich um Schäden kümmern

Deshalb appelliert Förster Roller auch an die Waldbesitzer, sich um Sturmschäden, kränkelnde Bäume oder Resthölzer aus dem letzten Hieb zu kümmern. Denn genau solche Strukturen nutzen die Borkenkäfer, um neue Generationen zu gründen. Wie man der Plage entgegentritt? "Man kann mit vielen kleinen Maßnahmen versuchen, die Population kleinzuhalten. Wir hoffen so, dass wir es aufhalten können", meint Roller. Doch wirklich aufhalten kann den Borkenkäfer auch ein sinnflutartiger Schauer wie jüngst nicht. "So müsste es mal 14 Tage lang regnen, damit die Wasserreserven aufgefüllt werden." Doch die endgültige Lösung des Borkenkäferproblems wäre auch das nicht. "Richtig helfen kann nur ein niederschlagsreicher Winter mit einem kühlen und regnerischen Sommer", fasst der Förster abschließend zusammen. Bis dahin muss er gemeinsam mit seiner "schnellen Eingreiftruppe" (Wendel) weiterhin das retten, was noch zu retten ist. Und die Hoffnung haben, dass der Borkenkäfer irgendwann klein beigibt.