Wegen der starken Regenfälle musste die Feuerwehr am 22. Mai in Unterhaugstett etliche Keller auspumpen. Einige Bürger äußerten bei der jüngsten Sitzung des Ortschaftsrates ihren Unmut über den Zustand der Kanäle. Foto: Feuerwehr Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Heftige Klagen über den Zustand des Kanalsystems und die Verkehrsbelastung

Mit Hochwasserchaos durch Starkregen sowie einer starken Verkehrsbelastung hat sich der Unterhaugstetter Ortschaftsrat befasst. Im Beisein von Bad Liebenzells Bürgermeister Dietmar Fischer äußerten viele Bürger ihren Unmut.

Bad Liebenzell-Unterhaugstett. Der Sitzungsraum im Bürgerhaus von Unterhaugstett war mit rund 70 Besuchern brechend voll. Viele von ihnen waren schon zu Beginn emotional geladen, andere hatten Mühe die Zustände überhaupt zu begreifen. Das ist angesichts der Schäden verständlich, die der Starkregen im Mai aber schon frühere einschlägige Ereignisse infolge von Engpässen in einem schon lange nicht mehr voll funktionsfähigen Kanalsystem verursachten. Noch größer wurde der Unmut, als der Bürgermeister von einem im Wesentlichen funktionsfähigen System mit einigen Engpässen sprach. Dabei wollte der Schultes nur zu einer objektiven Analyse der Lage beitragen. Mitgebracht hatte er hierzu Bauamtschef Lothar Windbiel. Mit seinen Erläuterungen in Sachen Kanalsystem erwies sich Windbiel zwar als Topspezialist, aber viele Bürger konnten seinen Ausführungen nicht folgen.

Bürgermeister verweist auf lange Planungszeiten

Ein Teilnehmer beklagte, dass der Kanalknoten Calwer Straße/Stuttgarter Straße noch von 1958 beziehungsweise 1962 stamme. Da der Hauptkanal bei Starkregen bereits überlastet sei, staue sich das Wasser eines ganzen Ortsteils auf und überschwemme die Keller. "Wann tut sich da was"? fragte er verzweifelt. Ein anderer Bürger beklagte, dass die Stadt in Unterhaugstett zwar Grundstücke verkauft, aber trotz kräftig gestiegener Einwohnerzahlen für die Infrastruktur nichts getan habe. "Den Vorwurf, dass nichts gemacht wird, muss ich zurückweisen", antwortete Fischer. Er informierte über eine vorgesehene dynamische Kanalplanung unter Berück-sichtigung der aktuellen Anforderungen. Aber nach bisherigen Erfahrungen seien derartige Maßnahmen keine Sache von sechs Monaten. Die Planungs- und Antragszeiten in der öffentlichen Hand dauerten drei bis fünf Jahre. Kein Trost für die betroffenen Bürger, die weiter mit einem Notstand leben und für das Abpumpen durch die Feuerwehr sogar noch Gebühren zahlen müssen.

Ähnlich katastrophal ist die Verkehrssituation. Wegen der Umleitung der Bundesstraße 463 donnern nun besonders viele Autos und Lastwagen durch die Stuttgarter Straße. Besorgte Anwohner haben ihre Mitbürger deshalb zur Teilnahme an der Sitzung aufgerufen, zumal auch nach Beendigung der derzeitigen Umleitungssituation die Verkehrssituation nicht mehr tragbar ist. "Die Leute gehen auf die Barrikaden", beschrieb Ortsvorsteher Steffen Kolb die Auswirkungen der unzumutbaren Belästigungen: Der Sog von rasenden Lastwagen bedrohe nicht nur Kinder sondern auch Erwachsene. Viele trauten sich schon gar nicht mehr auf die Straße. Geschwindigkeitsmessungen brächten kein realistisches Bild, da sie meist erst ab neun Uhr erfolgten. Die Kinder müssten aber schon viel früher zur Schule, und von Lebensqualität sei keine Rede mehr, so lauten die Klagen. Wie beim Kanalthema verließen wieder zwei total entnervte Bürger schimpfend und unter lautem Protest den Raum.

Gefordert wurden schließlich nach langer Diskussion zwei "Blitzer" sowie die Beschränkung der Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde. In Möttlingen sowie in Hirsau sei das auch gelungen. Der Bürgermeister winkte jedoch ab. Die Genehmigungshoheit liege ausschließlich beim Landratsamt. Dieses würde nach der Verkehrsdichte und nach der Unfallhäufigkeit sowie nach weiteren Kriterien entscheiden. Er werde jedoch alles tun und sich für Maßnahmen der Verkehrsberuhigung auch beim Landratsamt einsetzen. Ob mit Erfolg, das steht in den Sternen. Denn die beschriebene Notstandssituation ist schon seit langer Zeit bekannt. Anlässlich einer Bürgerversammlung im Jahre 1960 teilte der damalige Bürgermeister Gottlob Rau schon mit, dass dringend ein Schulneubau erforderliche sei. Der Unterricht in den damaligen Klassenzimmern im Rathaus, dem heutigen Bürgerhaus, sei wegen des Verkehrslärms auf der Stuttgarter Straße nicht mehr möglich. Und 1965 stellte der damals noch amtierende Dorfbüttel seine Ausrufe ein, weil er den Verkehrslärm nicht mehr übertönen konnte.