Wie in früheren Zeiten ging es mit der Sense hinaus zum Mähen. Fotos: Ketterle Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Bei den Festtagen rund um den Kohlenmeiler geht es mit Vieh und Sense hinaus aufs Feld

Derzeit finden die Festtage rund um den Kohlenmeiler in Maisenbach-Zainen statt. Am Samstag stand Kultur auf dem Programm – es fand ein "historischer Gang" in die Mooswiesen statt, glücklicherweise bei trockenem Wetter.

Bad Liebenzell-Maisenbach-Zainen. Mit dem "historischen Gang" wurde nachgestellt, wie hart die Arbeit auf dem Feld und der Weg dorthin vor gut 70 Jahren war. Bei der Entzündung des Kohlenmeilers am Donnerstag (wir berichteten) hat Kurt Wohlgemuth, mit einer kurzen Darbietung auf der Bühne auf dieses besondere Ereignis aufmerksam gemacht. Der inzwischen 84-Jährige kennt die Mooswiesen noch aus seinen Kindheitstagen.

Wichtige "Wetterstelle"

Am Samstag um 9 Uhr war Treffpunkt in Zainen. Kurt Wohlgemuth, mit der traditionellen Arbeitsweste seines Großvaters bekleidet, führte die kleine Gruppe von etwa 15 Interessierten auf den fast drei Kilometer langen alten Wegen in die Mooswiesen an. Nebenbei erzählte Wohlgemuth von der damaligen Zeit. Gleich zu Anfang gibt es eine entscheidende "Wetterstelle". Hörte sein Opa dort den Dampfzug zwischen Hirsau und Liebenzell, so konnte man sich getrost in die Mooswiesen zum Heuen aufmachen. Viehweg ist heute nur noch ein Wegname, damals wurden diese Wege nur genutzt, wenn man mit Vieh unterwegs war. Entweder, um dieses auf Märkten wie zum Beispiel in Calw zu verkaufen oder zu kaufen.

Oft steile Strecken

Ein Markttag nahm einen ganzen Tag in Anspruch, mehrere Stunden Fußmarsch hin und zurück. Ohne Vieh gab es schmalere und oft steilere Fußwege. Wie bequem und schnell ist es da heute mit dem Auto. Weiter ging es durch den Wald und nicht immer auf den heutigen breiten und bequemen Wanderwegen. Wohlgemuth kennt sich auch gut mit Pflanzen aus. Ein Stück des Weges führte durch hohes Gras und dort wächst Blutwurz. So war zu lernen, wie Blutwurz aussieht und dieser immer eine Blüte mit mindestens vier Kronenblättern hat.

Nach knapp einer Stunde kam die Gruppe auf den Mooswiesen an. Und hier gab es viel zur Geschichte der Mooswiesen zu erfahren. Wohlgemuth hatte Fotos seiner Verwandtschaft sowie eine Flurkarte aus damaliger Zeit dabei. 1856 wurde Wald für die arme Zainemer Bevölkerung gerodet. Direkt nach der Rodung war das Stück Land mehr Moor als Wiese. Zur Nutzbarmachung der Fläche wurde der Boden durch ein System von Rohren, die teilweise heute noch liegen, drainiert, also entwässert. Ab 1930 wurde die Fläche in 23 Parzellen unterteilt und an Zainemer Bürger verpachtet. Die nasse und schwer zu bearbeitende Fläche musste in den ersten drei Jahren einheitlich urbar gemacht werden. Im ersten Jahr mussten die Pächter Hafer anbauen und in den beiden Jahren danach Hackfrüchte oder Kartoffeln. Erst ab dem vierten Jahr durfte die Fläche als Wiese genutzt werden.

Wie Wiesen damals gemäht wurden, zeigten Mitglieder des "1. Sensemähverein Baden-Württemberg". Die Einladung hierzu erhielt der Verein von Ortsvorsteher Fritz Steininger, der auch die Idee zu diesem "historischen Gang" hatte. Gemeinsam mit Bürgern aus Maisenbach-Zainen mähten die Vereinsmitglieder das Gras mit der Sense. Früher und an diesem Tag zu Schauzwecken wurde das Heu mindestens zweimal gewendet (geworbt) und zu Reihen zusammengerecht (Röser). Zum Schluss wurden Heuhaufen gesetzt, um das angetrocknete Heu vor der Witterung zu schützen.

Nach dieser harten körperlichen Arbeit kam das gemeinsame Vesper gerade richtig. Die Teilnehmer hatten gut gefüllte Rucksäcke und Körbe dabei. Alle ließen sich gemeinsam frisches Brot, Wurst und Speck sowie dazu Most oder Wasser schmecken. Vor gut 70 Jahren war "das Vesper bringen" der Grund für den Gang des jungen Kurt Wohlgemuth in die Mooswiesen.

Doch wie kam das Heu früher nach Hause? Als das Kuhgespann vom "Spatzenhof Keller" aus Ölbronn um die Ecke bog, war auch diese Frage geklärt. Die beiden Kühe Miri und Marie wurden freudig begrüßt. Die beiden zogen einen alten Leiterwagen und darauf wurde das Heu von Wohlgemuth und seinen Helfern aufgeladen.

Alle Teilnehmer waren beeindruckt von diesem interessanten historischen Ereignis. Besonderer Dank gilt Kurt Wohlgemuth, als Wanderführer und eindrucksvollem Erklärer einer längst vergangenen und teils sehr beschwerlichen Zeit.