Foto: Kusterer/ Werthenbach

Tiere stammen aus den Anden. Friedliche Wesen, die nur selten spucken. Mit Video

Bad Liebenzell-Beinberg - Alle lieben Alpakas, im Internet sind sie längst ein Hit – und in anderen Medien werden sie schon als "Trendtiere 2018" betitelt. Gute Gründe für unseren Reporter, mal auf einem Alpakahof auszuhelfen und sich die süßen Vierbeiner näher anzuschauen.

Ein flauschiger Knäuel von Tieren mit Kulleraugen schart sich zaghaft, aber bestimmt um mich herum. Egal wohin ich gehe, sie hängen mir so dicht an den Fersen, wie es nur möglich ist. Ein tolles Gefühl: Für einige Sekunden bin ich der große Star für diese entzückenden Lebewesen, die tatsächlich keiner Fliege etwas zuleide tun können. Dass sie in diesem Moment derart auf Tuchfühlung mit mir gehen, liegt natürlich nur an dem Eimer in meiner Hand, der mit "Kraftfutter" gefüllt ist. Und sobald ich eine Handvoll davon in eine der Futterschalen geleert habe, bin ich schon nicht mehr ganz so interessant für die hungrigen "Hengste", wie Alpakamännchen genannt werden.

Doch allein dieses Erlebnis ist Entschädigung genug dafür, dass mein Arbeitstag diesmal schon um 7.30 Uhr begonnen hat – für mich eher ungewohnt und gefühlt noch mitten in der Nacht. Für Uwe Klaus, einen Mitarbeiter des Alpakahofs in Beinberg, beginnt die Arbeit täglich um diese Zeit.

Rund 60 Alpakas leben hier, Hengste und Stuten werden in getrennten Ställen gehalten. Das jüngste ist gerade einmal zwei Tage alt, das älteste 16 Jahre. In der Regel werden Alpakas bis zu 20 Jahre alt.

"Zuerst gehe ich morgens eine Runde und schaue, ob es allen gut geht", erklärt Klaus. Heute sei alles bestens. Ab und zu müsse ein Tier versorgt werden, wenn es zum Beispiel Fieber habe. "Die verhalten sich dann anders und wirken schlapp", so Klaus. Das liege oft an Verdauungsproblemen, nachdem sie zu viel Obst gefressen hätten; auf den Weideflächen stehen unter anderem Apfel- und Mirabellenbäume. Manchmal müsse dann sogar ein Tierarzt kommen und das Tier mit Infusionen aufpäppeln, sagt Klaus. Normalerweise fressen Alpakas das ganze Jahr über Heu, wie Bettina Melter erklärt. Sie betreibt den Hof gemeinsam mit Fritz Kusterer. Relativ kleine Mengen des "Kraftfutters" ergänzen die Ernährung nur um einige wichtige Mineralien, die im Gras nicht enthalten sind.

Aus der Familie der Kamele

Denn die Tiere stammen eigentlich aus einer anderen Umgebung: "Ursprünglich kommen Alpakas aus den Anden (Gebirge in Südamerika, Anm. d. Red.)", sagt Melter, "sie leben normalerweise auf 3000 bis 4000 Metern Höhe". Alpakas könnten aber eben auch im Schwarzwald leben, sagt sie. "Und es gibt keine wilden Alpakas", fügt Melter hinzu. Die Tiere aus der Familie der Kamele sind Zuchttiere, die immer in einer Herde leben. In Südamerika werden sie ursprünglich wie hierzulande Schafe genutzt: Die Wiederkäuer leben quasi als lebende Rasenmäher auf Weideflächen (ein Alpaka "schafft" so viel wie vier Schafe), und ihre Wolle ist wegen der besonders guten Qualität sehr begehrt. "Die Schur ist ein Muss und steht einmal im Jahr an", so Melter. Zudem würden sie in ihren Herkunftsländern meist geschlachtet. Aber das kommt auf dem Alpakahof in Beinberg nicht infrage. Hier hat jedes Tier einen Namen. "Und was einen Namen hat, landet schon mal nicht in der Tiefkühltruhe", sagt Kusterer, der zudem keine Probleme hat, sämtliche Alpakas auseinanderzuhalten.

"Vom Wesen her sind sie reine Fluchttiere, sie sind sehr friedlich. Angriff haben die überhaupt nicht auf der Festplatte", so Melter. Das kann jeder, der mal einem Alpaka begegnet ist, bestätigen: Es gibt wenige Tiere von dieser Größe, die ähnlich ungefährlich auf Menschen wirken. Allerdings seien es auch "keine Streicheltiere", wie Melter erläutert: "Die Mamas schlecken ihre Jungen nach der Geburt nicht trocken, deswegen empfinden sie Berührungen auch nicht als positiv."

Nach dieser kleinen Theoriestunde geht’s jetzt darum, selbst was zu schaffen. Klaus reicht mir die Mistgabel und eine Schaufel: "Misten gehört hier zu den Aufgaben, die jeden Tag anfallen." Nicht nur die beiden Ställe, sondern auch die Weide muss von Kot befreit werden. Aber selbst bei der Erledigung dieser Arbeit werden mir Alpakas wieder ein Stück sympathischer: Sie verteilen ihre Hinterlassenschaften nicht etwa beliebig, wie es ihnen gerade passt. Nein, sie scheiden stets am gleichen Ort aus: "Kotplatten" werden diese Stellen genannt. Im Stall der Hengste gibt es genau eine Kotplatte von etwa 30 Zentimetern Durchmesser, sodass der von sauberem Heu umringte Haufen schon fast wie eine säuberlich eingerichtete Alpaka-Toilette wirkt.

Mit der Mistgabel in der einen und der Schaufel in der anderen Hand kratze ich Heu und Kot zusammen und leere das Ganze in eine Schubkarre. Den leeren Fleck fülle ich mit frischem Heu auf, von dem genug an der Stallwand liegt. Weiter geht es draußen. Hier auf der Wiese, auf der die Alpakas mehrere Stunden am Tag verbringen, gibt es mehrere Kotplatten. Klaus kennt die freilich schon auswendig und muss sie nicht mehr suchen. Ich bin immer noch froh darüber, nicht die ganze riesige Fläche nach einzelnen Häufchen absuchen zu müssen – und stelle fest, dass diese Aufgabe dank der scheinbaren Ordnungsliebe der Alpakas am Ende recht schnell erledigt ist. "Die sind schon sehr pflegeleicht", bestätigt Klaus, der mir auch erklärt, dass die Tiere nur am unteren Kiefer Zähne haben – oben befindet sich eine Kauplatte, deren Beschaffenheit vergleichbar mit dem Horn einer Kuh sei.

Kraftfutter ist besonders beliebt

Jetzt geht’s ans Futter. Klaus befüllt den Eimer mit Kraftfutter in einem separaten Raum, der sich nicht in Sichtweite der Alpakas befindet. Er raschelt nur kurz mit dem Eimer, worauf die ganze Herde plötzlich nervös wird. Ihre Hälse werden noch länger, sie blicken in die Richtung, aus der das Geräusch kommt. "Das Kraftfutter mögen sie besonders", sagt Klaus schmunzelnd. Als ich danach selbst mit dem Eimer in der Herde stehe, kann ich mich direkt davon überzeugen.

Zum Abschluss zeigt mir Kusterer, wie er sich einen Überblick über zu erwartenden Nachwuchs auf dem Alpakahof verschafft. Schließlich werden Alpakas hier seit 2008 gezüchtet. Kusterer nimmt einen Hengst an die Leine und führt ihn in den Bereich, in dem sich die Stuten mit ihren Jungen aufhalten. Er nähert sich den Stuten, deren Reaktion für die "Diagnose" entscheidend ist: Setzt sich die Stute hin, ist es laut Kusterer sehr wahrscheinlich, dass sie nicht trächtig ist – spuckt sie den Hengst dagegen an, ist das ein Zeichen dafür, dass sie Nachwuchs erwartet. Tatsächlich: Sie sehen Lamas nicht nur ähnlich – auch Alpakas können spucken. Das geschehe aber wesentlich seltener als bei Lamas, sagt Klaus, der noch nie erlebt habe, dass ein Alpaka einen Menschen bespuckt hätte. "Nur untereinander bespucken sie sich mal, wenn es Futterneid gibt." Oder eben, wenn eine Stute dem Hengst signalisieren will, dass sie bereits trächtig ist.

Am Ende meines kleinen Arbeitseinsatzes bin ich beeindruckt von diesen so unkomplizierten und gleichzeitig faszinierenden Lebewesen, die für Menschen seit Jahrtausenden nützlich sind. Dass die hier angebotenen Trekking-Touren bei Kindergärten und anderen Gruppen beliebt sind, kann ich bestens nachvollziehen. Ich bin mir sicher, dass das hier nicht mein letzter Besuch auf dem Alpakahof in Beinberg war.