Wasserpreis-Modell: Normenkontrollverfahren dauern durchschnittlich zwölf bis 15 Monate

Im Streit um das Wasserpreis-Modell der Stadt Bad Herrenalb hat das Verfahren ein Aktenzeichen beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) bekommen. Nach der Terminierung ist mit einer Verfahrenslänge von zwölf bis 15 Monaten zu rechnen, hieß es vom VGH.

Bad Herrenalb. Der Kernsatz der Klageschrift von Reiner Hagemann: "Die Antragsgegnerin greift in unzumutbarer Weise in die Vorschrift des ›Anschluss- und Benutzungszwangs‹ ein, indem sie eine verwaltungsrechtsfremde Regelung in die Satzung aufnimmt". Weiter heißt es in der Klageschrift: "Sie hat damit ihre verfassungsrechtliche Kompetenz unwiderruflich überschritten".

Dies beinhalte, dass die Beklagte die Benutzungsverhältnisse der Anschlussnehmer und Benutzer vom öffentlich-rechtlichen Satzungsrecht abkoppeln möchte, den öffentlich-rechtlichen Anschluss-und Benutzungszwang aber aufrechterhält. Damit den Verwaltungsrechtsweg ausschließen möchte, vor allem wegen einer dann ungehinderten Preisgestaltung, also einer Vermarktung des Artikels Wasser nach Gutsherrenart. Dies habe für die Anschlussnehmer die negative Folge, dass sie wegen des Anschluss- und des Benutzungszwangs der Preistreiberei der Antragsgegnerin über ihre Stadtwerke hilf- und wehrlos ausgesetzt seien, so die Argumentation Hagemanns.

54 Kubikmeter im Jahr

Die Beklagte habe bereits über ihre Stadtwerke begonnen unter dem Vorwand eines neuen Preis-Modells eine erhebliche Preissteigerung durchzuführen, die weit über die Kostendeckung hinausgehe und zu erheblichen Gewinnen führt (bereits 2016 lagen die Einnahmen 25 Prozent über den Gesamtkosten bei 233 000 Euro), wie die Klageschrift erläutert.

Das bedeute, so hat Hagemann ausgerechnet, alle Haushalte, die weniger als 200 Kubikmeter Frischwasser verbrauchen, müssen mehr bezahlen als bisher. Und je niedriger der Verbrauch, desto höher die Steigerung. Bei einem Jahresverbrauch von 50 Kubikmetern erhöhten sich die Kosten um mehr als 35 Prozent, so Hagemann. Das ist insofern interessant, da der durchschnittliche Frischwasserverbrauch pro Person in Bad Herrenalb bei etwa 54 Kubikmetern liegt, wie die Stadtwerke Bad Herrenalb mitteilten. Die Teuerung betrifft also Haushalte bis vier Personen und die immer weiter zunehmenden Single-Haushalte werden stark zur Kasse gebeten.

Nachdem die Antragsgegnerin, also die Gemeinde Bad Herrenalb, im Jahr 2008 die angegriffene Satzungsänderung beschlossen hatte, habe sie zehn Jahre lang die bislang geltende Abrechnung weiter beibehalten, um erst 2017 dann die neuen Möglichkeiten dieser Satzung zu nutzen. Rein formal gesehen, scheint die Einjahresfrist lange abgelaufen zu sein, da die Stadtwerke Bad Herrenalb die Änderung mit Schreiben vom 16. August 2017, in welchem sie ihr neues Preismodell, das eine verhüllte erhebliche Preiserhöhung beinhalte, bekannt gab. Könne man dieses Datum als "Bekanntmachung" der Satzung gelten lassen, so läge dieser Normenkontrollantrag innerhalb der Jahresfrist des Paragraf 47 Verwaltungsgerichtsordnung, so Hagemann.

Weiter begründet er in der Anklageschrift: "Der Grund, warum es weiter nicht aufgefallen ist, dass die Gemeinde Bad Herrenalb hier eine grundsätzliche Änderung der Rechtsqualität in der Satzung für die Benutzer eingeführt hat, liegt darin, dass man die öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisse nicht angepasst hat, so dass diese Änderung der Rechtsqualität überhaupt nicht auffallen konnte. Dem Antragsteller ist es genau so ergangen. Sein Benutzungsverhältnis ist bis heute nicht geändert worden. Dies wäre die Möglichkeit, unrechtmäßige und nichtige Normen in das Rechtssystem einzufügen und damit die Rechtsstaatlichkeit zu beschädigen, wie dies im vorliegenden Fall geschehen würde. Offenbar hat hier die Rechtsaufsichtskontrolle nicht funktioniert".

Dies untermauert Hagemann anhand zweier Anlagen, die dem Schwarzwälder Boten ebenfalls vorliegen. Im einen Schreiben heißt es: "Soweit Satzungen nicht über die Regelungen der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft hinausgehen, kann als Satzungsermächtigung für Gemeinden eine parlamentsgesetzliche Regelung für ausreichend erachtet werden, die das betreffende Aufgabengebiet abdeckt. Insoweit kann aus dem Recht der Gemeinde öffentliche Einrichtungen zu schaffen und zu betreiben, eine Anstaltsgewalt hergeleitet werden, welche auch dazu ermächtigt, sachgerechte Benutzungsregeln durch Satzungen zu erlassen".

Arglistiges Vorgehen?

Daher schreibt Hagemann in seiner Klageschrift weiter: "Es ist also so, dass das Un-Gesetz per definitionem Unrecht ist und daher über den Fristablauf Unrecht zu Recht würde. Diese Konstellation entbehrt nicht eines magischen Reizes, aber zu diesem Zweck ist diese Frist mit absoluter Sicherheit nicht Gesetz. Dieses Vorgehen ist dolos (arglistig, Anm. d. Red.) und damit verstößt es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Gegen erkennbar nichtige Normen in Satzungen darf es deshalb keine Berufung auf die Ausschlussfrist geben." Offen bleibe indes, ob der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim dieser Argumentation zustimmt oder das Normenkontrollverfahren abschmettert, da die Verfristung längst überschritten ist, so Hagemann. Bis zu einer Entscheidung wird es jedoch noch einige Zeit dauern.