Gesundheit: Ärztemangel greift auch in Herrenalb um sich

Die Versorgung mit Medizinern ist auf dem Land gelinde gesagt schwierig. In Baden-Württemberg fehlen Hunderte Hausärzte, die Wartezimmer werden immer voller, die Ärzte überlasteter. In Bad Herrenalb sorgt das jetzt für zweierlei – unzufriedene Bürger und eine mögliche Lösung.

Bad Herrenalb. Der Ärztemangel auf dem Land grassiert auch in Bad Herrenalb. Für manche wird das zum ernsthaften Problem. So auch für einen herzkranken Mann, der die Ärztesituation in Bad Herrenalb anprangert – und jetzt als letzte Konsequenz der Siebentälerstadt den Rücken kehren will. Die Wartezeiten für Termin und in der Praxis selbst seien einfach zu lange, sagt er.

Das liegt natürlich am Ärztemangel, den auch Maja Bisanz von der Landesärztekammer untermauert: "In Baden-Württemberg fehlen 500 Hausärzte", erklärt sie.

Und in der Tat spiegelt sich das auch in den Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) wider: Im Versorgungsjahr 2018 waren 22 219 Ärzte im Land zugelassen – davon sind lediglich 7127 Hausärzte. Bei einer Einwohnerzahl von um die elf Millionen kommen im Schnitt also 1573 Patienten auf einen Hausarzt. Frappierend, wenn man das Zahlenwerk detaillierter betrachtet: Der Kreis Calw, zu dem bekanntlich Bad Herrenalb ebenfalls zählt, bringt es auf 1625 Patienten pro Hausarzt – und rangiert damit im landesweiten Vergleich auf einem durchwachsenen 32. Rang von 43 erfassten Kreisen.

In Bad Herrenalb selbst sind derzeit nur vier Ärzte aktiv. Zudem hat sich eine Praxis zum Ende des vergangenen Jahres dazu entschieden, nur noch Privatpatienten zu behandeln. Das erhöht den Druck auf die verbliebenen Ärzte weiter. So ist es kaum verwunderlich, dass Herrenalbs Bürgermeister Norbert Mai zum Thema sagt: "Die Ärzte hier im Ort sind überlastet, das muss man einfach so klar sagen."

Das Problem aber hat Bad Herrenalb freilich nicht exklusiv, im Gegenteil. "Das ganze Land hat mit einer Mangelsituation zu kämpfen und die Versorgungslücke klafft überall", hat auch Bisanz von der Ärztekammer beobachtet. Mehr noch, sie sieht das Problem vor allem nicht durch neue Ärzte gelöst, denn "die junge Generation hat ein ganz anderes Berufsverständnis und will keine 70-Stunden-Woche."

So kämen auf jeden Arzt der in Rente gehe und quasi vom alten Schlag sei, zwei bis drei junge Ärzte, um die Lücke zu schließen. "Das dauert noch zehn bis 15 Jahre, bis das besser wird", macht die Sprecherin der Ärztekammer wenig Hoffnung auf rasche Linderung.

Erste Abfrage

Schuld ist aus Sicht der Ärztekammer die Politik. Man habe jahrelang darauf hingewiesen, dass die Notsituation eintreten werde – getan wurde aber nichts Nennenswertes, um dem Problem zu begegnen, moniert Bisanz.

Einer, der das dann auf kommunaler Ebene ausbaden muss, ist eben Bürgermeister Mai. Im Rathaus und bei ihm würde der Unmut der Bevölkerung aufschlagen. Also nahm sich Mai der Sache an und hat jetzt vielleicht eine Lösung in Sicht: "Wir haben gemeinsam mit den ortsansässigen Ärzten und der Reha-Klinik der SRH Gespräche geführt. Wir sind uns alle einig, dass es schon möglich ist, ein medizinisches Versorgungszentrum aufzubauen." Auch eine erste Abfrage bei den lokalen Ärzten sei positiv verlaufen, berichtet Mai. Ende der Woche werde man sich noch mal zusammensetzen, doch der Weg ist noch weit, meint Mai: "Die Kassenärztliche Vereinigung muss das ja noch genehmigen, erst dann machen wir uns Gedanken über den Standort."

Für den herzkranken Mann aus der Siebentälerstadt kommt der Schritt zu spät, er sei verzweifelt sagt er – und jetzt auf der Suche nach einem neuen Wohnort.