Bürgermeister Norbert Mai bei der Begrüßung im voll besetzten Kurhaus. Foto: Kugel

400 Bürger kommen zu versammlung im Kurhaus. Moderator spricht von toller Veranstaltung. Mit Kommentar

Bad Herrenalb - Eine sachliche Diskussion mit interessanten Beiträgen: So bezeichnete Moderator Adalbert Bangha die rund zweieinhalbstündige Einwohnerversammlung zum Thema Landkreiswechsel am Mittwochabend im Bad Herrenalber Kurhaus.

Rund 400 Besucher durfte Bürgermeister Norbert Mai begrüßen. Er erklärte noch einmal, wie der Bürgerentscheid am kommenden Sonntag, 23. Oktober, zustande gekommen ist. Und stellte erneut fest, dass er keinen Mehrwert bei einem Wechsel vom Kreis Calw zum Landkreis Karlsruhe erkenne.

Eigentlich war Landrat Helmut Riegger davon ausgegangen, zu Beginn der Versammlung nicht ans Mikrofon treten zu dürfen. Doch er wurde überrascht.

So nutzte er die Gelegenheit festzustellen, dass er froh sei, wenn auch so viele Leute kommen würden, wenn es um die Gartenschau 2017 gehe. Bad Herrenalb sei eine bedeutende Kommune mit den meisten Übernachtungen. Sie habe ein starkes Potenzial und gehöre unbedingt zum Landkreis Calw. Die Siebentälerstadt bezeichnete er als "wichtigen, festen und guten Bestandteil".

Für klare Aussage

Gerhard Wetzel trat für die Bürgerinitiative (BI) "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" ans Mikrofon. Im Gegensatz zu Hauptamtsleiter Johannes Kopp, der detailliert die Seiten des von der Stadt erstellten Flyers erläuterte, ging er ausführlicher als bislang auf die BI-Argumente für einen Landkreiswechsel ein.

Die historischen Gründe für den Verbleib von Bad Herenalb beim Bäderkreis Calw seien bekannt. Die guten Argumente von damals hätten sich durch die Gesundheitsreform in den 1980er-Jahren und durch das veränderte Urlaubs- und Freizeitverhalten in den vergangenen Jahren seit der Kreisreform erledigt. Die einstigen Perlen des Landkreises seien längst zu Sorgenkindern geworden.

"Große Teile der mit der einwohnerabhängigen Kreisumlage durch uns mitfinanzierten Pflichtaufgaben des Landkreises werden wir auch in Zukunft nicht nutzen können oder wollen", führte Wetzel aus.

Eine Orientierung in Richtung Landkreis Calw sei in allen Lebenslagen – Wirtschaft, Sport oder Kultur – die Ausnahme. "Deshalb bedarf es jetzt einer klaren Aussage pro Landkreis Karlsruhe, egal wann diese Realität wird."

Der Erhalt des Status quo werde die Stadt Bad Herrenalb nicht voranbringen, so der BI-Vertreter. "Es geht um die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder."

Marke Schwarzwald

Bei der anschließenden Fragerunde wurde unter anderem festgestellt: Als Zipfel von Karlsruhe würde viel Geld aufgefressen, bis Bad Herrenalb zum Zuge komme.

Wetzel meinte vorab schmunzelnd, man brauche keine Angst zu haben: Die Grenze zwischen Baden und Württemberg verlaufe weiterhin beim Steinhäusle.

Mit Blick auf den Tourismus sagte Bürgermeister Mai, der Begriff Schwarzwald sei eine Marke. Zur Region Mittlerer Oberrhein zu gehören habe bei Weitem keine so große Ausstrahlungskraft. Dass der Zeitpunkt der Wechsel-Diskussion, kurz vor der Gartenschau, der Stadt schade, stellte ein Besucher fest.

Ein Unternehmer bemerkte, bei seinen Kunden spiele der Landkreis gar keine Rolle. Sein Name stehe zwar auf der Unterschriftenliste, doch habe er sich erst jetzt mehr mit der Thematik beschäftigt.

Ein Bad Herrenalber sagte, man könne meinen, jetzt komme "das Blaue vom Himmel auf uns runter".

Es wurde auch darauf hingewiesen, dass nur ein Wir-Gefühl die Stadt voranbringe mit einem großen Engagement des Gemeinderats.

Da es Jahre oder Jahrzehnte dauern könnte, bis es bei einem Ja mit dem Wechsel klappt, gab es die Befürchtung, künftig als Abtrünnige behandelt zu werden.

Christian Gmeiner, Abfallwirtschaftschef des Kreises Calw, stellte fest, dass der Recyclinghof Dobel für Bürger des Landkreises Calw sei. Fremdanlieferungen gegen Gebühr bezeichnete er als Ausnahme und keinesfalls als Regelfall.

Wenn die Verwaltungsgemeinschaft mit Dobel aufgelöst werde, erklärte Bürgermeister Mai, sei es faktisch so, dass die Grundschüler aus Neusatz und Rotensol nach Bad Herrenalb müssten.

Moderator Bangha sprach abschließend von einer tollen Veranstaltung – "alle können zufrieden sein". Er erinnerte daran, dass ein Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses habe.

Kommentar: Gemeinsam

Von Markus Kugel

Bei der Bad Herrenalber Einwohnerversammlung zum Thema Landkreiswechsel war die Mehrheit der Anwesenden pro Calw und kontra Karlsruhe eingestellt. Jedenfalls den Beiträgen und Beifallsbekundungen nach zu urteilen. Der Moderator sprach von einer tollen Veranstaltung, weil es trotz der gegensätzlichen Ansichten eine sachliche Diskussion gewesen sei. Recht hat er. Es herrschte eine lockere Stimmung im Kurhaus. Das macht zuversichtlich, dass es bis zum Bürgerentscheid am Sonntag in der Stadt weiterhin gesittet zugeht. Die Bad Herrenalber hatten die Möglichkeit, sich umfassend ein Bild zu machen. Wichtig ist jetzt, an die Urne zu gehen. Handelt es sich doch um Demokratie pur. Egal, ob für oder gegen einen Landkreiswechsel: Nach dem Kreuzchenmachen muss die Gartenschau 2017 wieder ins Rampenlicht gerückt werden. Von allen gemeinsam.