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Verwaltung sieht "öffentliches Wohl" der Kreisbewohner gefährdet. Zudem würde sich Finanzkraft verschlechtern. Mit Glosse

Bad Herrenalb - Über den Beschlussvorschlag der Verwaltung des Landkreises Karlsruhe dürfte die Bad Herrenalber Bürgerinitiative "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" nicht erfreut sein. Genauer gesagt: mit der vorbereiteten Stellungnahme zu einem möglichen Wechsel.

Um den Fall beurteilen zu können, hat das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg bis spätestens 28. Februar die Landratsämter in Calw und Karlsruhe sowie die Stadt Bad Herrenalb um eine Rückmeldung mit Blick auf einen Landkreiswechsel gebeten (wir berichteten).

Es geht um die Auswirkungen in rechtlicher, organisatorischer, wirtschaftlicher, finanzieller und sonstiger Hinsicht für den Landkreis Karlsruhe und seine Einwohner sowie die kreisangehörigen Gemeinden. Nicht zu vergessen, wie man die "Gründe des öffentlichen Wohls" für einen Landkreiswechsel von Bad Herrenalb beurteilt.

43 Stimmen Vorsprung

Zur Erinnerung: Am 23. Oktober 2016 fand in der Siebentälerstadt ein Bürgerentscheid mit folgender Fragestellung statt: "Sind Sie dafür, dass sich die Stadt Bad Herrenalb bei der Landesregierung, den Landtagsfraktionen sowie den Landtagsabgeordneten dafür einsetzt, dass diese eine Gesetzesvorlage in den Landtag einbringen, nach der die Stadt Bad Herrenalb aus dem Landkreis Calw aus- und in den Landkreis Karlsruhe eingegliedert wird?". Bei einer Wahlbeteiligung von 58,9 Prozent aller Wahlberechtigten stimmten 29,8 Prozent mit Ja und 29,1 Prozent mit Nein. Gerade einmal 43 Stimmen Vorsprung haben die Befürworter eines Landkreiswechsels eingesammelt.

Im Ausschuss vorberaten

Am Donnerstag, 26. Januar, findet nun ab 15 Uhr im Bürgerhaus in Linkenheim-Hochstetten eine Sitzung des Kreistags des Landkreises Karlsruhe statt. Der sechste der insgesamt 16 Tagesordnungs-punkte lautet: "Stellungnahme zur Anfrage des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg zu den Auswirkungen für den Landkreis Karlsruhe im Falle eines ›Landkreiswechsels‹ der Stadt Bad Herrenalb."

Der in der Vorlage formulierte Vorschlag wurde in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 12. Januar vorberaten und dem Kreistag einstimmig zur Beschlussfassung empfohlen.

Unterteilt ist die Stellungnahme in: "Grundsätzliches", "Auswirkungen auf die Finanzbeziehungen zwischen Städten und Gemeinden", "Auswirkungen auf die Sozialkosten", "Auswirkungen auf den öffentlichen Personennahverkehr", Auswirkungen auf die Wahlen zum Kreistag", "Sonstiges" und "Zusammenfassung". Bei Letzterem heißt es: "Ob allgemeine Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen und diese ausreichen, dass ein ›Landkreiswechsel‹ begründet werden könnte, vermögen wir aus Sicht des Landkreises Karlsruhe nicht abschließend zu beurteilen." Dies könne nur unter Abwägung sämtlicher Aspekte und bei Vorliegen der Stellungnahmen der Stadt Bad Herrenalb, der Landkreise Calw und Karlsruhe bei anderen Stellen bewertet werden. Weiter wird mitgeteilt: "Der Landkreis Karlsruhe geht in jedem Fall davon aus, dass die bisherigen zwischen dem Landkreis und seinen Städten und Gemeinden getroffenen Vereinbarungen, beispielsweise bei der Flüchtlingsunterbringung, der Finanzierung des ÖPNV oder auch den Sozialleistungen von der Stadt Herrenalb übernommen werden." Sonderregelungen bezogen auf die Stadt Bad Herrenalb seien aus Sicht des Landkreises Karlsruhe nicht anzustreben.

Aufhorchen lassen wird die Kreistagsmitglieder: "Für den Landkreis Karlsruhe hätte ein Beitritt der Stadt Herrenalb in jedem Fall finanzielle Auswirkungen. Die Gesamtheit der Finanzkraft der dann 33 Städte und Gemeinden des Landkreises Karlsruhe würde sich verschlechtern. Solche Veränderungen auszugleichen, damit keine nachteiligen Auswirkungen auf die bisherigen 32 Städte und Gemeinden des Landkreises eintreten, wäre Sache des Gesetzgebers." Zusammenfassend bestünden Zweifel, ob aus Landkreissicht unter Berücksichtigung der dargelegten organisatorischen, personellen und finanziellen Folgen für den Landkreis Karlsruhe, seine rund 435.000 Einwohner sowie die kreisangehörigen Städte und Gemeinden Gründe des öffentlichen Wohls angenommen werden könnten.

Zeichen der Verbundenheit

Es war ein Zeichen der Verbundenheit: Am 10. Oktober vorigen Jahres sagte der Calwer Kreistag in Bad Herrenalb einstimmig "Ja" zur von der Verwaltung vorgelegten Erklärung zur Zugehörigkeit von Bad Herrenalb zum Landkreis Calw. "Die Stadt ist und bleibt fester Bestandteil unseres Kreises, und das Landratsamt Calw steht weiter zu 100 Prozent zu Bad Herrenalb", stellte Landrat Helmut Riegger in einer Sitzung nach der Entscheidung des Bürgerentscheids klar. Somit steht fest, wie hier die Stellungnahme aussehen wird.

Nebenbei: Thomas Blenke ist seit 2001 Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Calw, stellvertretender Vorsitzender und innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion. Immer wieder machte er deutlich, dass Regierung und Landtag nicht verpflichtet seien, ein Gesetz zu machen. Die Anliegen der Bürgerinitiative "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" bezögen sich rein auf Bad Herrenalb, man müsse jedoch das Ganze sehen. Ein Landkreiswechsel habe Auswirkungen aufs gesamte Landesgefüge. Im aktuellen Koalitionsvertrag stehe, dass Gebietsänderungen nicht geplant seien. Gleichwohl müssten sich die Verantwortlichen bei einem Antrag mit dem Bad Herrenalber Wunsch auseinandersetzen.

Glosse: Kreis Herrenalb

Von Ralf Klormann

Schlechte Nachrichten für die Befürworter des Landkreiswechsels von Bad Herrenalb: Der Karlsruher Kreistag wird am Donnerstag wohl beschließen, eine Stellungnahme zum Thema abzugeben. Darin äußert die Verwaltung "Zweifel", ob ein Wechsel dem "öffentlichen Wohl" der Kreisbewohner dienen würde. Begeisterung sieht anders aus.

Ob die Befürworter sich dadurch bremsen lassen sollten? Quatsch! Wie jeder Widerspruch muss auch dieser vom Tisch gewischt werden. Beispiele gefällig? Der Landkreis Calw bemühte sich, die Bad Herrenalber auf seine Seite zu ziehen – na und? Thomas Blenke, Vize-Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, hatte erklärt, im Koalitionsvertrag seien keine Gebietsänderungen geplant – wen kümmert’s? Neusatzer und Rotensoler drohten, im Falle eines Wechsels zu Dobel gehören zu wollen – was soll’s?

Kleinigkeiten dürfen große Vorhaben nicht aufhalten. Vielleicht hätte das Ziel sogar ehrgeiziger sein können. Wozu überhaupt dem Kreis Karlsruhe beitreten? Dessen Städte und Gemeinden könnten ja auch wechseln – in den neu zu gründenden Landkreis Bad Herrenalb. Wie bitte? Das geht zu weit? Na gut. Man wird ja noch träumen dürfen...

Info: 2,9 Millionen Euro an Sozialleistungen fließen nach Bad Herrenalb

In der vorbereiteten Stellungnahme ist unter "Auswirkungen auf die Finanzbeziehungen zwischen Städten und Gemeinden" zu lesen:

Der Kreisumlagesatz im Landkreis Karlsruhe habe im Jahr 2016 bei 31 Prozentpunkten gelegen. Damit sei im Haushalt ein Kreisumlageaufkommen von 160 781 791 Euro erzielt worden. Umgerechnet seien dies im Jahr 2016 362,54 Euro pro Einwohner gewesen. "Die Steuerkraftsumme der Stadt Bad Herrenalb lag im Jahr 2016 bei 8,1 Millionen Euro. Bei einem Kreisumlagesatz von 31 Prozentpunkten müsste die Stadt Bad Herrenalb damit 2,6 Millionen Euro an den Landkreis Karlsruhe abführen. Pro Kopf würde dies ein durchschnittliches Aufkommen von 340,27 Euro pro Einwohner bedeuten", heißt es weiter. Damit würde das durchschnittliche Pro-Kopf-Aufkommen an der Kreisumlage deutlich unter dem derzeitigen durchschnittlichen Umlagesatz pro Einwohner im Landkreis liegen.

Bei gleichbleibendem Kreisumlagesatz würde somit bei einem Beitritt das Durchschnittsaufkommen der Kreisumlage pro Einwohner im Landkreis sinken. Zugleich flößen aus der Kreisumlage der derzeitigen 32 Städte und Gemeinden im Landkreis Karlsruhe 259.800 Euro nach Bad Herrenalb ab.

Beim Punkt "Auswirkungen auf die Sozialkosten" ist zu lesen: Bei den Auswirkungen auf die Sozialleistungen sei aus Sicht des Landkreises Karlsruhe nur eine grobe Abschätzung möglich. Eine detailliertere Betrachtung würde eine umfassende Analyse der Sozialstrukturen der Stadt Bad Herrenalb erfordern, die ohne größeren Aufwand nicht zu leisten sei. "Auch sind die Standards in der Sozialhilfe in den beiden Landkreisen Calw und Karlsruhe nicht ohne Weiteres vergleichbar, weil insbesondere Unterschiede bei den Freiwilligkeitsleistungen bestehen." Der Landkreis Karlsruhe zahle derzeit durchschnittlich 397,96 Euro pro Einwohner an Sozialleistungen an die Bürger in den 32 Städten und Gemeinden. Unter Zugrundelegung der gleichen Standards sowie der durchschnittlichen Sozialstruktur des Landkreises Karlsruhe würden damit im Falle eines Beitritts 2,9 Millionen Euro an Sozialleistungen an die Bürger der Stadt Bad Herrenalb fließen. Ausgehend vom derzeitigen Kreisumlagesatz müsste die Stadt Bad Herrenalb aber nur 2,6 Millionen Euro an Kreisumlage an den Landkreis Karlsruhe bezahlen. Dies würde bedeuten, dass selbst bei einer durchschnittlichen Sozialstruktur in Bad Herrenhalb mehr Sozialhilfe an die Bürger in der Siebentälerstadt fließen würde, als Bad Herrenalb Umlage an den Landkreis zahlen müsste.